Natur Natur: Diplodia lässt Kiefern in der Region Wittenberg sterben

Wittenberg/Dessau - Die Kiefern rund um Wittenberg und Dessau-Roßlau sind in Gefahr: Im Bestand hat sich der Pilz Diplodia ausgebreitet, Hunderte Hektar sind betroffen. So stark, dass nun in Dessau erste Bäume gefällt werden müssen. Der Krankheitsverlauf ist ähnlich: Erst verfärben sich die Kronen braun, dann sterben Äste ab und schließlich der gesamte Baum.
Diplodia-Fälle gab es seit 1984 in der Region immer wieder, aber nur an einzelnen Kiefern oder kleinen Beständen. Doch dieses Jahr ist die Lage dramatisch - große Bestände sind gefährdet. Förster fürchten, dass sich in die ohnehin geschwächten Kiefern weitere Schädlinge einnisten und so großflächig Wald sterben könnte.
Fast flächendeckend Probleme
„Das habe ich in meiner Zeit als Förster bisher noch nicht erlebt. Viele Wälder sind betroffen“, sagt der Coswiger Revierförster Axel Wendelberger. Ein paar Kilometer weiter, in Dessau-Roßlau, ist nicht nur der Stadtwald befallen, sondern auch Landes- und Bundeswald sowie Privatwald. Der Pilz hat dort Kiefern auf insgesamt etwa 300 Hektar befallen. Auch in der Oranienbaumer Heide ist die Lage kritisch. Dort werden befallene Kiefern bereits mit einem Harvester abgeholzt.
Der Grund für die rasante Ausbreitung liegt in zu großer Trockenheit in diesem Jahr. „Der Pilz ist latent in den Bäumen vorhanden. Er bricht aber nur aus, wenn sie durch zu heiße Monate geschwächt sind“, sagt Rainer Heide vom Betreuungsforstamt Dessau. Die Kiefern seien bereits in den vergangenen Jahren durch Hitze vorgeschädigt und hätten zu wenig Abwehrkräfte. Kommen dann noch Hagelschäden hinzu, breitet sich der Diplodia-Pilz noch schneller aus. „Der Klimawandel spielt eine Rolle - nicht als einzige Ursache, aber wir bekommen nun immer mehr die Auswirkungen zu spüren.“
Der Pilz selbst kann nicht bekämpft werden. Er schwächt den Baum aber so sehr, dass sich weitere Schädlinge wie der Borkenkäfer oder andere Pilze massenhaft auch in anderen Baumarten verbreiten könnten. Dies könnte Schäden auf noch größerer Fläche zur Folge haben. Während man sich in Dessau dafür entscheidet, Fällungen vorzunehmen, um den restlichen Wald gesund zu halten, waren im Coswiger Revier von Wendelberger solche bisher noch nicht notwendig. Ausschließen will sie der Förster aber nicht. „Es ist momentan schwierig, einzuschätzen, wie sich der Pilzbefall auswirkt, ob noch andere Schädlinge als Folgebefall hinzu kommen.“
Diplodia war ursprünglich nur in südlichen Ländern beheimatet. Mit wärmerem Klima breitete er sich weiter nach Norden und damit auch nach Sachsen-Anhalt aus. Der letzte größere Befall war 2008 bis 2010 im Norden des Bundeslandes in einem großen Waldgebiet der Letzlinger Heide zu verzeichnen. „Das ist aber mit dem Umfang, mit dem wir es jetzt zu tun haben, nicht vergleichbar“, sagt Michael Weninger, Leiter des Betreuungsforstamtes Dessau, zu dem auch die Revierförstereien in Krina, Radis und Bad Schmiedeberg gehören. Einen kleinflächigen Befall habe es vor vier Jahren auch an vier, fünf Beständen in Bad Schmiedeberg gegeben. Generell, so Michael Weninger, ließe sich feststellen, dass vor allem Niederungsbereiche betroffen sind, ganz stark der Landeswald in der Oranienbaumer Heide, keinen Befall gibt es in höheren Lagen wie der Dübener Heide.
Enge Zusammenarbeit
Auch sein Kollege Frank Ackermann, Leiter des Betreuungsforstamtes Annaburg, hatte schon mit Diplodia zu tun. Er erinnert sich gut an einen Befall in Braunsdorf. Dort löste 2011 ein Hagelschlag im Jahr darauf den Pilzbefall bei Kiefern aus. In die geschwächten Bäume zog der Borkenkäfer ein, 55 Hektar Wald waren betroffen und die Fläche musste gerodet werden. Aktuell gibt es in seinem Amt mit den Förstereien Annaburg, Jessen, Zahna, Wittenberg, Cobbelsdorf und Coswig einen Befall nahe Annaburg. „Zum Glück ist es hier nicht so dramatisch wie in der Oranienbaumer Heide“, so Ackermann.
War Diplodia bislang vor allem aufgetreten, wenn es Schäden an Bäumen gab, beispielsweise nach Hagelschlag, so braucht der Pilz inzwischen keine Verletzungen mehr. „Wir denken, das sind die Auswirkungen von Klimaextremen und anderen Schwächungen“, sagt Michael Weninger.
Forstmitarbeiter seien derzeit täglich unterwegs, um den Zustand der Bäume zu prüfen. Doch manchmal können sie gar nicht so schnell gucken, in welchem Tempo sich der Pilz ausbreitet. „Wir entdecken an manchem Tag Bestände mit 40 Prozent Befall, das können am nächsten schon 70 Prozent sein. Und manche Bäume sind gar nicht mehr zu retten.“ Die kritische Grenze liegt bei 50 Prozent: Liegt der Wert darüber, muss gefällt werden. Liegt er darunter muss abgewartet werden.
Um die Lage in den Griff zu bekommen, arbeitet das Betreuungsforstamt auch eng mit der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt in Göttingen zusammen. Mitarbeiter waren bereits in Dessau, haben Proben mitgenommen. Schon in der kommenden Woche rechnet Weninger mit den Ergebnissen. Bis Ende September werden die Forstmitarbeiter eine genaue Übersicht über die Kiefernflächen erstellen, in denen der Pilz ausgebrochen ist. Informiert wurden auf ihrer Regionaltagung vor wenigen Tagen auch die Mitglieder des Waldbesitzerverbandes. (mz)