Mosaiksteinchen zur Lokalgeschichte Mosaiksteinchen zur Lokalgeschichte: Martin Mollers Schulweg von Kropstädt

Wittenberg - Dem Maurer Moller in Kropstädt wurde am 11. November 1547 ein Sohn geboren und auf den Namen „Martin“ getauft, ein Vorname, der sich zu Zeiten des Schmalkaldischen Krieges wie ein Glaubensbekenntnis der Lutheraner verbreitete. Martin Moller hatte schon eine gewisse Bildung erlangt, als der begabte Junge sich seit 1560 auf den langen Fußweg in die Wittenberger Lateinschule machte.
Schüler und Lehrer zugleich
Laut google maps läuft man auf dem Thießener Weg und der heutigen Bundesstraße 2 13,5 Kilometer und benötigt für eine Strecke fast drei Stunden. Lange Fußwege waren zwar durchaus üblich und auch für Zwölfjährige damals kein Problem. Dennoch dürfte eine Unterkunft wichtig gewesen sein. Doch das Geld reichte nicht und er musste sich, zusätzlich zu seinen Schulstunden, bei Magister Petrus Ezelius, dem Diakon der Stadtkirche, als Hauslehrer für dessen neunjährige Zwillinge verdingen.
Die Diakone wohnten in den Diakonenhäusern an der Ostseite des Kirchhofs, also unweit der Wittenberger Schule. Magister Ezelius ließ seine Kinder dennoch privat durch einen Hauslehrer unterrichten.
Martin Moller wurde am 18. Dezember 1564 an der Artistischen Fakultät immatrikuliert. Offenbar wurde Petrus Vincentius sein wichtigster Lehrer. Als der 1565 einen Ruf des Rates der Stadt von Görlitz erhielt und dort ein Gymnasium errichten sollte, ging Moller mit seinem Lehrer nach Görlitz. Schon 1566 wurde dort die Schul- und Studienordnung des Vincentius veröffentlicht, die wiederum den Breslauer Rat veranlasste, den versierten Schulmann in dessen Vaterstadt Breslau zu holen.
Moller hat seinen Lehrer Vincentius bei der Görlitzer Schulgründung unterstützt und dort etwa von 1565/1566 bis 1568 als Lehrer gewirkt. Ihm fehlten einfach die Mittel für ein richtiges Universitätsstudium. Darum wurde er 1568 im polnischen Löwenberg Kantor und Prediger. Er hat offenbar selbst immer weiter studiert.
Am 22. April 1572 war er wieder in Wittenberg. Damals war es durchaus karrierefördernd, sich in Wittenberg in ein Pfarramt ordinieren zu lassen. Darum errichtete man 1569/70 über der Sakristei der Stadtkirche eine Ordinandenstube und baute als Zugang einen repräsentativen Treppenturm.
Suchte eine Pfarrgemeinde einen Pfarrer, wandte sie sich seit der Lutherzeit nach Wittenberg und bat um Empfehlung eines geeigneten Kandidaten, der sich dann der Gemeinde vorstellen musste. Wurden seine Zeugnisse, der Mann und seine Probepredigt für gut befunden, wurde er angenommen, ging nun aber nach Wittenberg, unterzog sich hier einer weiteren Prüfung durch die Theologieprofessoren und wurde dann feierlich in sein Pfarramt ordiniert.
80 Kirchenlieder verfasst
Moller wurde am 22. April 1572 durch Professor Widebram ins Pfarramt in Kesselberg/Schlesien ordiniert, obwohl er kein abgeschlossenes Theologiestudium aufweisen konnte. Das konnte sicher nur in ausgewählten Fällen geschehen. Sein Wirken war dann sehr erfolgreich. Er wurde als Verfasser mystischer Schriften und als Dichter von etwa 80 Kirchenliedern bekannt. Er geriet, wie so viele andere Zeitgenossen auch, unter Verdacht des Philippismus.
Am 11. Mai 1600 berief man den dennoch berühmten Geistlichen als Oberpfarrer von St. Peter und Paul nach Görlitz. In diesem Amte wurde er Lehrer und Seelsorger des Mystikers Jakob Böhme, der, wie Moller, aus armen Verhältnissen stammte und erfolgreich nach Bildung strebte.
Nur ein Jahr nach seiner Berufung erblindete der Görlitzer Oberpfarrer. Augenkrankheiten waren seit dem Mittelalter wegen fehlender Augenärzte und Optiker ein großes Problem. Martin Moller starb am 2. März 1606 in Görlitz. (mz)