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Kreis Wittenberg Kreis Wittenberg: Schulmeister bringt das Strohflechten

Von KARINA BLÜTHGEN 08.11.2011, 17:37

TREBITZ/MZ. - "Wir wollen keine Konkurrenz zu anderen Vereinen sein. Wir decken die Felder ab, die andere nicht besetzen", sagt Werner Medicus. Er ist Vorsitzender des neuen, seit Ende August bestehenden Heimat- und Geschichtsvereins Trebitz, der derzeit zehn Mitglieder zählt. Der Einladung, die Ziele des Vereins und das weite Betätigungsfeld kennen zu lernen, waren am vergangenen Sonntag allerdings rund 70 Interessierte in den Trebitzer Saloon gefolgt. Die Karnevalisten hatten ihn den Geschichtsfreunden, die bislang noch kein eigenes Domizil haben, zur Verfügung gestellt.

Im zweiten Anlauf

Im Jahr 2000 sei schon einmal zur Gründung eines Heimatvereins in Trebitz angesetzt worden, damals scheiterte die Initiative jedoch an Formalitäten, bemerkte Medicus bei dem Treffen im Saloon. Nun sei es endlich geschafft. "Wir wollen Anregungen geben und nicht zuletzt auch junge Leute in unsere Arbeit einbeziehen." Um schon einmal einen Überblick zu geben, hatte Werner Medicus seinen in Torgau wohnenden Bruder Günther gewinnen können, einen Vortrag über "die wechselhafte Geschichte von Trebitz / Elbe im ehemaligen sächsischen Kurkreis" zu halten.

Aus der Ortschronik, aus zahlreichen im Internet zugänglichen Quellen und persönlichen Kontakten hatte er eine Fülle an Material zusammengetragen, die gut für zwei Vorträge gereicht hätte. Seine Familie, berichtete Günther Medicus an dem Nachmittag, war 1943 aus dem zerbombten Dessau nach Trebitz gekommen, er selbst habe bis 1961 in dem Ort gelebt, aber immer Kontakt gehalten.

Rund tausend Jahre umspannte sein geschichtlicher Abriss, von den Elbslawen und Wenden bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und der Bodenreform. Viel allgemeine Geschichte war zum Verständnis eingearbeitet, doch vor allem bei den Episoden speziell aus Trebitz war das Interesse der Zuhörer groß. Etwa, als Medicus sagte, dass das Schloss ab 1419 Witwensitz der Kurfürstin Barbara war, oder als es um die Zahl der Bauerngehöfte ging, die bei Kirchenvisitationen niedergeschrieben wurden. 1637 war das Dorf von den Schweden fast gänzlich verwüstet worden, von ursprünglich 68 Bauernwirtschaften waren nur acht geblieben. Um 1700 brachte ein Schulmeister aus Lockwitz das Handwerk des Strohflechtens in den Ort. Die Qualität der hergestellten Produkte war so groß, dass sie zu begehrten Exportartikeln wurden. Im Jahr 1807, in napoleonischer Zeit, waren drei Einwohner von Soldaten durch Schüsse getötet worden, dies vermerkt das Kirchenbuch. Die Soldaten wurden vom Kriegsgericht zum Tode verurteilt und hingerichtet.

An den Lücken arbeiten

Noch gibt es viele Lücken, aber daran will der Verein arbeiten. Bereits seit April hatte der Trebitzer Heimat- und Geschichtsverein kleinere Beiträge im Amtsblatt der Stadt Bad Schmiedeberg veröffentlicht. Dies solle weiter geschehen, so Werner Medicus. Auch über das Internet und die Tageszeitung werde man künftig über die Arbeit informieren. Einen Raum für die Treffen, die derzeit noch privat stattfinden, gibt es wohl schon. Er muss nur hergerichtet werden.