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Kreis Wittenberg Kreis Wittenberg: «Knöllchen» fürs Schieben

Von KLAUS ADAM 03.12.2010, 19:39

KOLONIE/MZ. - Der in Groß Naundorf / Kolonie Lebende wandte sich an die MZ mit folgender Geschichte, die er am Freitag Morgen erlebte:

Als MZ-Zusteller ist er gewohnt, beizeiten aufzustehen. Und da er wie stets die Lieferung der Zeitungen erwartete, hat er schon in der Nacht vor seinem Haus den Schnee geschoben, so wie er das als guter Bürger tun soll. Nicht nur die Einfahrt, sondern auch den Bürgersteig. Und den vor dem Nachbarhaus zu seiner Rechten gleich mit. Weil dessen Bewohnerin verstorben ist. "Das ist doch ganz normal, dass ich das mit beräume", sagt Gäbeler später.

Nach seiner obligatorischen Zeitungsrunde konnte er sich getrost schlafen legen, er hatte ja seine Bürgerpflicht erfüllt. Auch am frühen Morgen, als die Familie mit den Enkelkindern aufbrach, etwas zu besorgen, war noch alles gut und schön. Als sie dann wenig später zurückkehrten, war die Überraschung groß. Und der Ärger gleich mit. Inzwischen war nämlich der kommunale Schneeschieber durchgeprescht, und hatte den säuberlich gekehrten Gehsteig wieder zugeschoben. Auf dessen ganzer Breite lag nun der Schnee von der Straße.

Das ist aber nur das zweite Drittel der Geschichte. Das dritte begann, als Gäbelers den Briefkasten öffneten und sich darin eine ordnungsamtliche Mahnung befand, sie sollten doch endlich mal ihrer Räumpflicht nachkommen. Da platzte Bernd Gäbeler der Kragen. Es ging übrigens nicht nur ihm so. Auch sein Nachbar zur Linken, Jürgen Roeber, erlebte das gleiche Schicksal. Auf dem Gehsteig vor seinem Haus lag der Schnee der Straße.

Das Telefon auf dem Schreibtisch von Ingrid Leder klingelte in den nächsten Minuten mehrere Male, wie die für das Ordnungswesen in der Annaburger Stadtverwaltung Zuständige später bekennt. "Das ist wirklich Pech", zeigt sie für die Aufregung Verständnis. Angehalten, für die Sicherheit der Bürger auch auf den Gehsteigen zu sorgen, hätten die Mitarbeiter des Ordnungsbereiches jene Mahnzettel ausgeteilt. Ohne um die Vorgeschichte zu wissen. "Dafür habe ich mich entschuldigt", sagt Ingrid Leder. Gäbelers waren eben gerade nicht anwesend, als das Ordnungsamt kontrollierte. Deshalb der Zettel im Briefkasten.

"Meistens ist es ja so", meint die Chefin, "dass die Leute Schnee schieben, wenn der Räumdienst schon durch ist. Aber ich weiß, dass Herr Gäbeler Zeitungen austrägt und deshalb schon immer zeitig zugange ist." Ihr sei auch bewusst, dass es Mitbürger gebe, die früh zur Arbeit müssen und deshalb den Gehweg ebenfalls schon vor dem Räumdienst schieben. Ein bisschen ist sie da ratlos, wie diese Kalamität zu beseitigen wäre. Auf alle Fälle sollte der Räumdienst mit etwas größerer Umsicht vorgehen, damit nicht der gesamte Bürgersteig wieder zugeschoben wird.

"Ich möchte, dass die Stadtverwaltung das hier beseitigt", ist Bernd Gäbeler immer noch erbost. "Wenn frischer Schnee fällt, dann mache ich den wieder weg. Aber das hier muss die Stadt machen." In diesem Punkt machte ihm die Ordnungschefin aber wenig Hoffnung. "Wir haben dazu gar keine Kapazitäten."