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Klinikum Coswig Klinikum Coswig: Modernstes Herzzentrum im Land

Von Ute Otto 06.08.2014, 09:36
Hier wird der Einsatz eines Herzkatheters demonstriert. Herzchirurgie und Kardiologie sind im Herzzentrum Coswig eng verknüpft.
Hier wird der Einsatz eines Herzkatheters demonstriert. Herzchirurgie und Kardiologie sind im Herzzentrum Coswig eng verknüpft. ARCHIV/KUHN Lizenz

Coswig/MZ - Ums Geld geht es bei der gegenwärtigen Diskussion um die Zukunft der beiden Universitätskliniken des Landes Sachsen-Anhalt in Halle und Magdeburg. Beide verfügen über Herzzentren, was Jens Hennicke, Leiter der Landesvertretung Sachsen-Anhalt der Techniker-Krankenkasse, kürzlich in einem MZ-Interview zu der Fragestellung veranlasste: „Warum brauchen wir an jedem Standort ein Herzzentrum und außerdem noch eins in Coswig?“ Zwar stellt Hennicke das Coswiger Herzzentrum nicht ausdrücklich in Frage, aber es ist ein Zungenschlag, der die beiden Chefärzte Harald Hausmann und Tom Gieseler wie auch den Kaufmännischen Direktor des Hauses, Andreas E. Gebhardt, bedenklich stimmt.

Land fördert teuren OP

Allerdings hört man von ihnen übereinstimmend: Das Land würde sich einen Bärendienst erweisen, wenn es einerseits den drei Millionen Euro teuren Hybrid-Operationssaal finanziell fördert und andererseits das „Mediclin Herzzentrum Coswig“ zugunsten der Uni-Kliniken verhungern ließe.

Der Hybrid-Operationssaal wird am 8. September eingeweiht. In dem OP, der gut doppelt so groß ist wie ein normaler und mit modernster bildgebender Technik ausgestattet, können die Teams der Herzchirurgie und der Kardiologie zeitgleich am Patienten arbeiten und besser minimalinvasive Operationen durchführen.

Bis 1998 das Herzzentrum Coswig in Betrieb ging, gab es in Sachsen-Anhalt große Lücken auf dem Gebiet von Herzoperationen, aber auch von Katheteruntersuchungen. Am Klinikum Dessau bestand zu dieser Zeit ein Kathetermessplatz. Ziel war es, mit dem Coswiger Herzkatheterlabor vor allem die Versorgung im Wittenberger Raum abzudecken. „Noch als ich 2005 hier angefangen habe, hätte ich rund um die Uhr arbeiten können“, berichtet Tom Gieseler. Dass in der Folge an weiteren Krankenhäusern in Sachsen-Anhalt derartige Labore eingerichtet wurden, sei jedoch nicht allein dem gestiegenen Bedarf geschuldet: 2003 ist die Krankenhausfinanzierung auf Fallpauschalenregelung umgestellt worden. Das heißt, die Vergütung der Leistungen durch die Kassen erfolgt nach Zahl und Schwere der Fälle. Da rechne sich ein Herzkatheterlabor bald.

Den Standortvorteil des Katheterlabors in Coswig gegenüber denen in Krankenhäusern mit Grundversorgungsfunktion sieht Gieseler darin, „dass es nur zwei Türen weiter zur Herzchirurgie sind“. Mit dem neuen Hybrid-OP werde der Vorteil weiter ausgebaut. Wenn das Herzzentrum Coswig noch stärker frequentiert würde, würde das am Ende auch den Patienten nützen, so der promovierte Kardiologe: „Dann hätten wir mehr Personal und könnten einen weiteren Kathetermessplatz rund um die Uhr vorhalten.“ Das heißt, infarktgefährdeten Patienten würde im Notfall noch schneller geholfen.

Aus der Konkurrenz hervorheben kann sich eine Klinik laut Gieseler über Leistung und Qualität. So gibt es in Coswig ein zertifiziertes „Chest-Pain-Unit“- eine Notfallstation bei akuten Brustschmerzen - häufiges Symptom bei Herzinfarkt - mit vier Betten zur schnellen Diagnostik und Behandlung. Nach internationalen Standards zertifiziert ist auch das 15-köpfige Reanimationsteam.

„Bei der herkömmlichen Methode muss der Patient vom OP der Kardiologie in die Herzchirurgie oder umgekehrt wechseln, da muss auch alles neu desinfiziert werden“, erklärt Harald Hausmann, Direktor und Chefarzt der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie. Die Hybrid-OP sei für den Patienten weniger belastend. Und nicht zuletzt würden so auch Zeit und Kosten gespart. Zudem führe das Coswiger Herzzentrum alles andere als ein Schattendasein: „Wir haben das modernste Herzzentrum in Sachsen-Anhalt - sowohl von der Qualifikation als auch von der technischen Ausstattung“, sagt Hausmann bestimmt.

Viele Patienten von außerhalb, aber wenige mit Direktanbindung über die A 9 - mehr darüber lesen Sie auf Seite 2.

Der promovierte Arzt und Privatdozent ist 2005 vom Deutschen Herzzentrum Berlin nach Coswig gekommen. „Zu dieser Zeit wurden hier um die 500 Herzoperationen jährlich durchgeführt - jetzt sind es mehr als 1 000.“ Diesbezüglich sei Coswig Halle und Magdeburg ebenbürtig. Viele Patienten kommen aus Stendal, Halberstadt, Quedlinburg. „Sie nehmen lange Fahrzeiten über Landstraße auf sich, um zu uns zu kommen, dabei hätten sie es näher nach Magdeburg oder Braunschweig.“

Demgegenüber seien es vergleichsweise wenige Patienten mit Direktanbindung über die A 9, etwa aus Weißenfels, Sangerhausen oder Naumburg. Vieles liege an den zuweisenden Fachärzten, so Hausmann. Und dass jährlich etwa 1 000 Patienten in Herzzentren außerhalb des Landes abwandern, sei nicht nur der geografischen Situation Sachsen-Anhalts als Binnenland geschuldet, „sondern auch mangelndem Bewusstsein der Ärzte, dass wir im Land eine kompetente Herzchirurgie haben“. Mehr Operationen würden mehr Fachkompetenz binden und Arbeitsplätze schaffen. „Wenn Leistungen im Land bleiben, ist das auch Bruttosozialprodukt“, so Hausmann.

Familienfreundlicher Betrieb

270 Mitarbeiter hat das Coswiger Herzzentrum, der Großteil der Ärzte wohne in den Ballungsräumen Halle-Leipzig und Berlin - sie könnten auch dort arbeiten. „Wir sind auch ein attraktiver Arbeitgeber“, sagt der Kaufmännische Direktor. Das Klinikum ist mit dem Siegel „Beruf und Familie“ zertifiziert.

Die Lage des Hauses mit den 131 Betten vor den Toren der Stadt im Grünen habe Charme für Mitarbeiter, Patienten und deren Angehörige sowie den Vorteil, baulich erweitert werden zu können. Sie setze aber auch Grenzen, und die liegen in der fehlenden Anbindung anderer Disziplinen. „Das ist das Plus der Herzzentren in den Uni-Kliniken“, sagt Hausmann. Deshalb seien diese prädestiniert für die Spezialisierung auf Herzersatz von den Vorstufen über das Kunstherz bis zur Transplantation. „Halle könnte die Forschung vorantreiben“, meint Hausmann, der Vorsitzender des Prüfungsausschusses für Herzchirurgie der Ärztekammer Sachsen-Anhalt ist. Er bietet sich der Uni-Klinik mit seinen Berliner Erfahrungen als Spezialist auf diesem Gebiet an. „Ich würde an beiden Kliniken zugleich arbeiten - das schafft auch personelle Synergien. Synergien jeder Art sind gut für Ressourcen und Kassen und vor allem für die Patienten.“