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Kliekener Aue Kliekener Aue: Ein Idyll wird entschlammt

Von ilka hillger 28.08.2013, 07:05
Ortstermin an der Alten Elbe Klieken: Bernd Eichhorn (rechts) erläutert das Vorhaben.
Ortstermin an der Alten Elbe Klieken: Bernd Eichhorn (rechts) erläutert das Vorhaben. Achim Kuhn Lizenz

Klieken/MZ - Noch eine Saison gönnt man der Vogelwelt in der Kliekener Aue eine ruhige Brutzeit und Aufzucht der Jungen. Dann aber – im Herbst 2014 – müssen sich die Tiere ihre Idylle am alten Elbwasser mit einem Saugspülbagger teilen. Binnen weniger Monate - wenn das Wetter mitspielt noch vor dem Winter - soll das Gerät zwei Hektar des Altwassers vom Schlamm befreien.

„Alte Elbe Klieken“ heißt dieses Projekt, vorgestellt wurde es am Dienstag in großer Runde im Biosphärenreservat Mittelelbe. Dorthin waren sowohl Vertreter von Behörden und Verbänden, vom Landkreis und von Naturschutzvereinen gekommen. „Im Prinzip sind alle da, die von dem Projekt in irgendeiner Weise berührt werden“, erklärt Katja Arzt. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Bernd Eichhorn leitet sie das Projekt des Vereins „Europarc Deutschland“ und des Biosphärenreservates.

Coca-Cola gibt 780.000 Euro

Europarc, der Dachverband aller Nationalparks, Biosphärenreservate und Naturparks, begibt sich, so Arzt, damit erstmals selbst in die direkte Trägerschaft eines Vorhabens. Möglich macht dies ein globales Unternehmen, das man so gar nicht mit der Kliekener Elbaue in Verbindung bringt. Mit rund 780.000 US-Dollar unterstützt die Coca-Cola-Stiftung die Entschlammung des Altwassers in kompletter Höhe.

Nach einem bundesweiten Aufruf des Vereins „Europarc Deutschland“ wurden von den nationalen Naturlandschaften drei Wasserprojekte eingereicht. Es bewarben sich auch das Biosphärenreservat Rhön mit einem „Quellschutzprojekt“ und das Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaften mit einer „Schlossteich-Renaturierung“. Im Gutachterverfahren wurde das Projekt „Alte Elbe Klieken“ ausgewählt.

Begleitet wird das Projekt durch einen intensiven Austausch zwischen Europarc und Coca-Cola und von einer breiten Öffentlichkeitsarbeit, um Besuchern die einzigartige Faszination dieses Lebensraumes zu vermitteln.

„Ich finde es gut, wenn ein Unternehmen, das bei der Produktion massiv die Ressource Wasser nutzt, etwas unternimmt, diese auch zu erhalten. Das ist beispielhaft“, lobt Katja Arzt den Getränkehersteller, der sich bis 2020 das ambitionierte Ziel gesetzt hat, jeden Liter Wasser, der für die Produktion benötigt wird, der Natur zurückzugeben. Für die Coca-Cola-Stiftung ist das Projekt „Alte Elbe Klieken“ zudem das erste, das die Firma in Deutschland im Bereich Naturschutz/Wasser realisieren hilft.

Dass die Entschlammung diesmal bis zur letzten Baggerschaufel gelingt, wünschen sich alle Projektteilnehmer. Denn bereits vor mehr als zehn Jahren wurde dieses Vorhaben an der Alten Elbe in Klieken bei einem EU-Life-Projekt in Angriff genommen, jedoch nicht bis zum Ende geführt, weil die Gelder ausgingen. Die Alte Elbe bildet in Klieken mit dem Saarensee und dem Kurzen Wurf einen Biotopkomplex. Durch Abtrennung von Mäanderbögen vom Strom wurden zunächst der Saarensee und später die Alte Elbe vom Fluss getrennt. Bei der ersten Entschlammung von 1998 bis 2002 war der südwestliche Gewässerabschnitt nicht entschlammt worden.

Paradies für 141 Brutvogelarten

„Das holen wir nun nach“, verspricht Europarc-Mitarbeiterin Katja Arzt. Bei der Entschlammung könne man das bereits angelegte Spülfeld erneut nutzen. Dieses Spülfeld, umgeben von einem Deich, hat sich inzwischen zu einer typischen Heidelandschaft entwickelt, auf die nun erneut Schlamm gebracht wird. Dafür wird in dem Altwasser der Elbe der Faulschlamm bis auf die kiesige Gewässersohle entnommen und das Wasser-Schlamm-Gemisch in das vorhandene Spülfeld gepumpt. Die Schlammtiefen liegen zwischen einem halben und drei Meter. Nach der Entschlammung sollen 50 Millionen Liter neues Oberflächenwasser entstehen.

Ein Paradies für 141 Brutvogelarten in der Kliekener Aue wie Kranich, Schilfrohrsänger und Eisvogel, aber auch Amphibien wie Rotbauchunke und Laubfrosch sind auf diesen wertvollen Lebensraum angewiesen. Laut Katja Arzt wäre dieser unwiederbringlich verloren, wenn der Mensch durch seinen Eingriff das wertvolle Ökosystem nicht erhalten würde. Die Altarme und Altwasser der Elbe entstanden durch die natürliche Flussdynamik. Diese natürliche Entwicklung wurde in den vergangenen Jahrhunderten durch Ausbau und Eindeichung erheblich eingeschränkt. Altwasser werden so immer seltener und mit der Verlandung verschwinden ganze Ökosysteme.

Dass deren Erhalt schließlich auch touristisch genutzt werden kann, gab beim gestrigen Projektstart Bernd Eichhorn den Partnern mit auf den Weg. „Wittenberg hat Luther, Dessau hat das Bauhaus und Klieken hat die Elbaue“, schloss er seine Präsentation, der sich für alle Teilnehmer eine Exkursion an den Ort des Geschehens anschloss, wo in gut einem Jahr der Saugspülbagger seine Arbeit verrichten soll.

„Das Engagement ist beispielhaft“, meint Projektleiterin Katja Arzt.
„Das Engagement ist beispielhaft“, meint Projektleiterin Katja Arzt.
Achim Kuhn Lizenz