Karnevals-Umzüge in Gräfenhainichen Trebitz und Pretzsch Karnevals-Umzüge in Gräfenhainichen Trebitz und Pretzsch: Konfetti und Kamelle

Wittenberg - Helau, Alaaf und Ojeh schallt es traditionell am „Rosensonntag“ in den Karnevalshochburgen des Landkreises Wittenberg auf den Straßen. Und kurz vor dem Rosenmontag haben die hiesigen Narren, glaubt man den Wetterprognosen, ein Riesenglück mit ihren Freiluft-Terminen.
Gräfenhainichen
Bunt, laut und lang: Der Rosensonntagszug in Gräfenhainichen macht seinem Namen alle Ehre. Die Karawane der Narren ist auch gestern die größte in der Heide und zieht einmal mehr Hunderte Schaulustige an. Von Rekorden sind die Jecken des Gräfenhainicher Carneval Clubs (GCC) allerdings weit entfernt. „Wir haben diesmal 25 Bilder“, verkündet Zugminister Matthias Pietsch kurz vor dem Startschuss. Die Heide steht auf Glitzer, Glamour und die goldenen Hän(i)chen, die die Narren zum Markenzeichen ihrer Session gemacht haben. An Schaulustigen fehlt es nicht. Die Jecken lassen sich seit Jahren nicht lumpen. Sie fahren die großen Geschütze auf. Kleckern können andere. In Gräfenhainichen wird geklotzt.
Schwein gehabt. Bürgermeister Enrico Schilling (CDU) ist den Schlüssel zum Rathaus noch bis Aschermittwoch los. Der erste Mann der Stadt gab sich gut gelaunt und verteilt Geschenke. Dicht an seiner Seite ein Sparschwein. Rosarot mit Ringelschwanz: Das war keine andere als die städtische Kämmerin, die ebenfalls reichlich Präsente im Korb hatte. Im Karneval ist alles anders.
In der Karawane marschieren neben den Jecken aus Gräfenhainichen auch die aus Möhlau, Oranienbaum, Rehsen, Schlaitz und Söllichau mit. „Hänichen Ojeh.“ Wo bleibt das Prinzenpaar? Matthias V. und Meike I. lassen sich Zeit. Die Majestäten sind lange genug im Hänicher Carneval vorwegmarschiert. Nun rollen sie mitten im Zug. Prinz und Prinzessin sind seit Beginn der Regentschaft im Dauerstress und noch lange nicht am Ende mit dem Feiern. Rosenmontag in der Barockstadt Oranienbaum gehört zum Pflichtprogramm wie das Abflaggen auf dem Gräfenhainichener Wasserturm am Mittwoch. Die Karawane zieht. Fast eine Stunde lang geht nichts mehr in der Heidestadt. Die Jecken toben, die Zuschauer feiern und tanzen. Die Zschornewitzer Tanzgirls und -boys wissen, dass der Augenblick besonders ist. „Wer friert uns diesen Moment ein?“ Die Antwort bleibt aus. Auf der Straße getanzt wird erst im nächsten Jahr wieder.
Trebitz
Mindestens ebenso lang und laut wird in Trebitz der Karnevalsumzug zelebriert. Erst kommt die Fahne, dann reiht sich ein, was im Ort selbst und in der Umgebung Rang und Namen hat. Da haben sie wieder gebaut und geschraubt in den Höfen, um einmal im Rampenlicht zu stehen. Drachen laufen auf, Barbie-Puppen samt Originalverpackung, Zocker mit dem Roulette-Rad und die „Tanzgruppe Rippenblick“. „Ich weiß nicht, wie viele Biologieräume ihr geplündert habt“, scherzt Moderator Jürgen Winterstein, Präsident im Reinsdorfer Carnevals-Club und seit Jahren einer der Kommentatoren entlang der Umzugsstrecke, angesichts der „laufenden Skelette“, die allerdings auf der Rücktour leichte Auflösungserscheinungen zeigen.
Einen neuen Prinzenwagen haben die Trebitzer für ihr Regentenpaar Sheila I. und Tommy I. gebaut. Und da fliegt ordentlich was herunter, vor allem die Kinder entlang der Strecke kommen voll auf ihre Kosten. Das Trebitzer Kinderprinzenpaar Marie I. und Elias I. darf mangels Schnee im (rollenden) Schlitten fahren. Auch die Gäste, im Trebitzer Zug immer zahlreich vertreten, sind gewohnt kreativ. Die Fangruppe aus Nudersdorf, am Sonntag zuvor schon in Kropstädt dabei, packt Alice im Wunderland aus, natürlich mit Grinsekatze und dem Hutmacher. „Esst mehr Schnitzel“ ist die Botschaft vom rollenden Merschwitzer Bauernhof. Von der „MS Beutelspaß“ aus Sackwitz dröhnen die Bässe, wie auch von den Trucks der Karnevalsvereine Elster, Reinsdorf und Kemberg. Letztere verkünden: „Wer ohne Konfetti nach Hause geht, war nicht dabei.“ Und dann fliegt schon mal ein übrig gebliebener Adventskalender hinterdrein.
Wer vom Umzug nicht genug kriegen kann, wartet, bis die Gruppen und Wagen wie jedes Jahr am Ortsausgang kehrt machen und zurück zum Karnevalshof fahren. Dort ist Straßenkarneval mit Bühnenprogramm angesagt, da kommt keiner so schnell wieder weg.
Pretzsch
Zeitlich abgestimmt kann, wer mag, nach Trebitz noch zu den Pretzschern hinüber schauen. Schließlich sind von den Pretzscher Teilnehmern auch einige in Trebitz dabei, etwa das närrische Volk aus Priesitz und Sachau, das dieses Jahr echt gruselig als „Freddy and Friends“ unterwegs ist. Die Jugend aus Pretzsch zeigt sich besonders bissig, sie feiert 25 Jahre Einheit mit einem Ostalgie-Wagen unter dem Motto „Karneval ohne Grenzen“ und zündet vor dem Pretzscher Bürgerhaus ein Feuerwerk. Vor allem legen sie Bürgermeister Dammhayn den Spruch in den Mund: „Niemand hat die Absicht, einen Vollsortimenter zu errichten.“ Karneval darf, ja sollte bissig sein. Und dann sind da die schönen Bilder vom Pretzscher Kostümball, die vor Jahren viel öfter zu sehen waren. Minions, Pretzscher Elbequallen und der Nachfolger des Hits „Der Wald lebt“ sind mit dabei. Die Karnevalsfrauen strahlen als Sonnen, und tatsächlich lugt die Sonne zu ihren „Konkurrentinnen“ herunter. Einer der Hingucker sind die Fans des Steampunk, einer Mischung aus Moderne und viktorianischen Einflüssen. „Das ist alles selbst gemacht und dauert sehr lange“, erzählt Mandy Bergner, eine der neun Teilnehmerinnen, über das Nähen der aufwendigen Kostüme. (mz)


