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Jubiläum in Zahna Jubiläum in Zahna: Hinterm Tresen und am Herd

Von Boris Canje 28.12.2015, 07:29

Zahna - Eisenbahnromantik pur. Das schießt einem durch den Kopf, wenn man zum ersten Mal die Gaststätte „Zum alten Eisenbahner“ in Zahna betritt. Auf der dem Eingang gegenüberliegenden Seite ist ein großes Bild zu sehen. Es zeigt eine Dampflokomotive, die gerade über einen steinernen Viadukt fährt, im Hintergrund hohe Berge. Vor dem Bild steht eine Schaufensterpuppe in der Uniform eines Reichsbahn-Mitarbeiters. Die danebenstehende Vitrine enthält allerhand Gegenstände, die zum großen Teil auch mit der Eisenbahngeschichte zu tun haben.

Mit dem Erreichten ist Uwe Dietrich recht zufrieden. Rückblickend würde er kaum etwas anders machen. Das Außerhausgeschäft, das haben die Jahre gezeigt, ist für ihn sehr wichtig. Nur zusammen mit ihm kann er auch die Gaststätte erfolgreich betreiben. „Reich wird man von beidem nicht“, erklärt der Zahnaer. Zurückblickend, so bekennt Uwe Dietrich, würde er nie wieder weitere Gaststätten übernehmen. So war er auch mal Betreiber des „Ratskellers“ und der Sportlergaststätte. Doch, so sein Resümee, das führe nur dazu, sich zu verzetteln. Und das sei nicht gut. Deshalb hat er beide Lokale wieder abgegeben.

Inhaber der Gaststätte ist Uwe Dietrich und das schon seit 25 Jahren. Eigentlich wollte er das Jubiläum groß feiern. „Es hat zeitlich einfach nicht gepasst“, so seine Entschuldigung. Im März hätte es schon sein müssen, aber „da war es für eine Open-air-Veranstaltung zu kalt.“ Im Sommer waren Ferien und daher viele der potenziellen Gäste nicht in Zahna. Und danach ging der Stress durch die Einschulungen wieder los.

Dabei ist Uwe Dietrich von Berufs wegen diplomierter Musiklehrer. Aber er hatte so seine Probleme mit der Disziplinlosigkeit älterer Schüler und wollte sich diesem Stress nicht länger aussetzen.

Also schmiss er nach zehn Jahren alles hin und begann noch einmal von vorn. Er lernte den Beruf eines Restaurantfachmannes, der damals noch Kellner hieß. Zu seinen Ausbildungsbetrieben gehörten der „Wittenberger Hof“, das „Haus des Handwerks“ (beides in der Lutherstadt) sowie das „Wilhelm-Pieck-Haus“ in der Piesteritzer Werkssiedlung.

Die Bahnhofsgaststätte in Zahna gehörte damals zur Handelsorganisation (HO). Als die sich im Zuge der Wende auflöste, übernahm Uwe Dietrich am 1. März 1990 das Lokal. Schon bald wurde ihm klar, von der Gaststätte allein kann er nicht leben. Also musste ein zweites Standbein her und das schuf er sich mit dem Catering. Heute versorgt er zwei Kindertagesstätten in Wittenberg sowie je eine in Kropstädt und Dietrichsdorf und „Unter dem Regenbogen“ in Zahna mit Mittagessen. Dazu kommen 60 ältere Bürger, die sich täglich, auch am Wochenende, ein warmes Mittagessen liefern lassen. Knapp 300 Portionen kommen da zusammen. Und dann sind noch Büfetts für Feierlichkeiten, die Uwe Dietrich zu den Bestellern bringt und dort aufbaut.

Er steht in der Gaststätte nicht nur hinter dem Tresen, sondern auch am Herd. Gelernt hat er das nicht, sondern sich nach und nach angenommen. Immerhin gehörte auch das zu seiner Ausbildung: „Warme Getränke und einfache Eierspeisen.“

Das alles wäre aber für ihn kaum allein machbar. Hilfe und Unterstützung kommt aus der Familie und von zwei geringfügig Beschäftigten, die stundenweise aushelfen. Gegenwärtig ist er dabei, seinen Schwiegersohn einzuarbeiten, damit er auch einmal Urlaub machen kann. Ruhe hat er ansonsten nur Sonntag- und Montagnachmittag, wenn der „Alte Eisenbahner“ geschlossen ist. „Es ist ein auf zwei Tage aufgeteilter Ruhetag“, sagt er dazu.

Uwe Dietrich, der eigentlich aus Halle stammt und über Wittenberg vor 35 Jahren nach Zahna kam und sich hier ein Haus baute, ist aber nicht nur als Gastwirt bekannt. Er ist ebenso im Stadtrat (CDU-Fraktion und im Ordnungs- und im Sozialausschuss) sowie im Ortschaftsrat tätig. „Ich versuche dort etwas für Zahna zu bewegen“, erklärt der Gastwirt.

In den 25 Jahren, seit er die Bahnhofsgaststätte betreibt, hatte er bereits mehrere Verpächter. Die Bahn verkaufte es an einen Luxemburger. Dieser ließ es vor einiger Zeit versteigern und jetzt ist ein Unternehmer aus Regensburg der Besitzer.

Während des MZ-Gespräches donnert ein ICE vorbei. Uwe Dietrich zuckt keineswegs zusammen. Er hat sich in all den Jahren an die vorbei rauschenden Züge gewöhnt. (mz)