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Hoffnung für das alte Gymnasium

Von Irina Steinmann 09.01.2007, 16:16

Wittenberg/MZ. - MZ-Informationen zufolge möchte die "Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK)" das Gebäude erwerben. Unbestätigten Angaben zufolge platzte ein Notartermin indes, weil, nach langen Jahren allgemeinen Desinteresses, nun überraschend ein zweiter Interessent aufgetreten ist.

Bei der SELK-Kirchenleitung in Hannover wurde auf MZ-Anfrage am Montag lediglich bestätigt, dass man "Interesse" am Erwerb des Hauses habe. "Es ist aber noch nichts in trockenen Tüchern", sagte ein Sprecher. Zur angestrebten Nutzung mochte sich der für das Wittenberg-Vorhaben zuständige Kirchenrat der SELK in Dresden, Ulrich Schroeder, zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht äußern.

Das "Gymnasium" schräg gegenüber der Stadtkirche und vis-à-vis des bald komplett sanierten Bugenhagenhauses ist seit Jahren ungenutzt. In den 90er Jahren war es an einen inzwischen verstorbenen Privatmann verkauft worden und soll sich heute in Bankbesitz befinden. 1564 erbaut und 1671 erneuert, wie Superintendent a. D. Albrecht Steinwachs vor einigen Jahren in einem heimatgeschichtlichen Beitrag für die MZ schrieb, beherbergte das Haus zu DDR-Zeiten ein Bekleidungswerk, die "Kindermoden". Später wurde es, einen kurzen Sommer lang, auch mal ins Theaterspiel einbezogen. Ansonsten rührte sich, entgegen vereinzelter Ankündigungen, nichts in dem Haus, in dem in seinen guten Tagen als "Lateinschule" spätere Bekanntheiten wie etwa Ännchen-Dichter Simon Dach (1605-1659) oder Neptun-Entdecker Johann Gottfried Galle die Schulbank gedrückt hatten.

Nun also kommt - vielleicht, wahrscheinlich - eine lutherische Freikirche. Auf der Skala der evangelischen Glaubensgemeinschaften wird die SELK im eher konservativen, traditionalistischen Bereich angesiedelt. Ihre "Schwester" in den USA, die so genannte Missouri-Synode, ist nach der ELCA die zweitgrößte lutherische Kirche dort. Die Missouri-Synode ist ihrerseits in Wittenberg alles andere als eine Unbekannte: Seit mehr als zehn Jahren organisiert sie die englischsprachigen Gottesdienste in der Kapelle neben der Stadtkirche. Und das Jugendreisewerk der SELK lädt im Sommer zu einem dreiwöchigen "Luthercamp" an der Elbe.

Die Nachbarn zeigen sich offen für den Zuzügler in spe. "Wir lassen uns gerne auf eine Zusammenarbeit ein", erklärte der Sprecher der Stadtkirchengemeinde, Pfarrer Andreas Volkmann. "Wir finden das gut", sagte Oberbürgermeister Eckhard Naumann (SPD), "weil wir Pluralität von Kirche nicht ablehnen." Es gebe "da keine Distanz". Im Übrigen wäre es ein "Gewinn für die Stadt, wenn das Haus saniert und genutzt wird".

Die Freikirche im Netz: www.selk.de