Eine Kaktus namens "Wittenberg" Eine Kaktus namens "Wittenberg": Stachlige Schönheit

Wittenberg - Manche heißen „Corinna“, „Daisy“ oder „Pucki“, Mario Grieser hat seinem besonderen Kaktus einen anderen Namen gegeben: „Lutherstadt Wittenberg“. Das hat damit zu tun, dass er stolz ist auf seine Heimatstadt. Ein bisschen motiviert hat den Piesteritzer womöglich auch, dass ein Kollege aus Dessau seiner Hybride just den Namen „Dessau“ gegeben hat.
Schnell verblüht
Wittenberg kann jetzt also nicht nur auf einen ICE namens „Lutherstadt Wittenberg“ verweisen, ein Flieger, ein Lufthansa-Airbus vom Typ 319-100 wurde in den 1990er Jahren ebenfalls nach der Stadt benannt, sondern nun auch auf einen Kaktus. Es ist ein schönes Exemplar, besonders natürlich, wenn er blüht. Was nicht allzu häufig vorkommt.
Manchmal, berichtet der Hobby-Züchter Mario Grieser, geht die Blüte am Morgen auf, abends ist sie bereits verwelkt. Besonders bei hohen Temperaturen. Der Kakteen-Freund muss gut aufpassen, um die farbenfrohe Pracht nicht zu verpassen. Geduldig sein muss er ebenfalls.
Große Geheimnisse bei der Pflege von Kakteen gibt es nach den Worten von Mario Grieser nicht. Er nutzt spezielle Erde, wichtig sei, dass sich keine Staunässe bilde. Düngen empfiehlt der Hobby-Züchter ebenfalls, er selber macht das aller zwei bis drei Wochen. Umtopfen sollte man, wenn Wurzeln unten durchkommen, und gießen je nach Temperatur, etwa zwei Mal die Woche.
Speziell im Fall der Pflanze „Lutherstadt Wittenberg“ hat Grieser mehrere Jahre warten müssen: „Ich habe sie geschenkt bekommen und groß gezogen. Es hat fünf bis sechs Jahre gedauert, bis sie zum ersten Male blühte.“ Um der Züchtung einen Namen geben zu dürfen, muss der Kaktus zwei Mal geblüht haben. Das Regelwerk sagt zudem: Die Blüte sollte außergewöhnlich sein. Was, wie Mario Grieser einräumt, natürlich im Auge des Betrachters liegt. Er jedenfalls findet „Lutherstadt Wittenberg“ außergewöhnlich.
Bei dem Kaktus handelt es sich um eine Hybride, eine Art „Querfeldeinkreuzung“, wie Mario Grieser es beschreibt: „Ich spiele Biene, mit einem Pinsel in der Hand.“ Im konkreten Fall war freilich jemand anders die Biene, nämlich ein Züchter aus Hannover, er hat Pflanzen gekreuzt mit diesem speziellen Ergebnis. Der Wittenberger ist der Aufzüchter. Beide dürfen den Namen aussuchen, der Hannoveraner habe sich einverstanden erklärt mit Lutherstadt Wittenberg.
Aber auch Grieser züchtet. Er beschäftigt sich insbesondere mit Echinopsis- und Trichocereus-Hybriden. Der Wittenberger gehört der Echinopsis Hybriden AG an, einer Arbeitsgruppe der Deutschen Kakteen-Gesellschaft. Die regelt letztlich die Namensgebung. Wenn der Kakteen-Freund die stachligen Pflanzen kreuzt, hantiert er wie erwähnt mit einem Pinsel: „Ein ganz feiner. Ich nehme die Pollen von den Blüten und platziere sie in den Blütenstempel einer anderen Pflanze.“
Es sei ein Glücksspiel, ein Experiment und ja, auch ein Eingriff in die Natur, räumt der Piesteritzer ein. Höchst spannend sei, was aus der Kreuzung erwächst. „Wir wissen vorher natürlich nie, wie genau die Blüte einmal aussehen wird.“ Handschuhe nutzt Mario Grieser übrigens ebenfalls, wenn er mit seinen Pflanzen beschäftigt ist, und zwar gleich zwei Paar, Finger- und Arbeitshandschuhe. Die Stacheln können lästig und bisweilen schmerzhaft sein, wie er mehrfach erfahren hat.
Zeitsparendes Hobby
Der gebürtige Wittenberger, ein gelernter Zerspanungs-Facharbeiter, der bei dem Verpackungsmittelhersteller SIG Combibloc arbeitet, ist seit langem den Kakteen verfallen. Schon seit den 1980er Jahren befasst er sich mit den stachligen Schönheiten. „Durch einen Schulfreund bin ich auf Kakteen aufmerksam geworden.“ Es sind, sagt er, faszinierende Pflanzen, besonders die verschiedenfarbigen Blüten. Und das Beste: „Sie brauchen nicht sonderlich viel Pflege, die Pflanzen sind genügsam. Es ist ein Hobby, das nicht viel Zeit frisst.“ (mz)
