Einbruchsserie Gräfenhainichen Einbruchsserie Gräfenhainichen: Wie eine Faschings-Medaille ein Gaunuerduo überführte

Gräfenhainichen/Berlin - Ein Gaunerduo wurde dingfest gemacht. Auf das Konto der beiden mutmaßlichen Serientäter sollen auch mehrere Wohnungseinbrüche am helllichten Tag in Gräfenhainichen gehen - davon geht zumindest die Berliner Polizei aus. Eine Karnevals-Medaille verriet die beiden - nun wird gegen sie ermittelt.
Die Wege der Polizeiarbeit sind manchmal schier unergründlich - und Kommissar Zufall muss auch mal Überstunden machen. So geschehen in der vergangenen Woche zwischen Gräfenhainichen und Berlin.
Spur führt in die Heide
In der Hauptstadt wurden von den Ordnungshütern zwei Männer von der Polizei ins Visier genommen. Die beiden trugen Goldschmuck bei sich. Nicht nur, um sich selbst damit zu schmücken, sondern offenkundig in der Absicht, Gold zu Geld zu machen. Der Verdacht, der bei den Ordnungshütern aufkeimt: Es könnte sich um Diebesgut handeln.
Für das Wittenberger Polizeirevier gehören Einbrüche zur Tagesordnung. Blieb das Osterwochenende vergleichsweise ruhig mit „nur“ zwei Gartenlaubeneinbrüchen in Pratau und Wittenberg, so meldete der Diensthabende am Karfreitag insgesamt sechs unliebsame Besuche in Lauben an der Wittenberger Ladestraße. Am 23. März sollen Unbekannte tagsüber in der Wittenberger Lutherstraße versucht haben, in eine Wohnung eines Mehrfamilienhauses einzudringen - das gelang ihnen nicht. In Griesen war man erfolgreicher: Zwischen 13.30 und 13.45 Uhr verschafften sich Kriminelle am 24. März Zugang zu einem Wohnhaus. Dort stahlen sie Schmuck - und nicht zu knapp. Der Schaden liegt im unteren vierstelligen Bereich. Im Jahr 2015 war mehr als jede vierte Straftat ein besonders schwerer Diebstahl - darunter fallen auch Einbruchsdiebstähle. (mz/ba)
Unter den verdächtigen Stücken ist auch eine Medaille wie sie im Karneval den Jecken um den Hals gelegt wird. Nur ist diese hier besonders. Eine Namensgravur verrät, wem sie gehört: „Prinz Jens I. und Prinzessin Doreen I.“ ist darauf zu lesen. Die Berliner Kripo wittert eine Spur. Tatverdächtige hat sie zwar in Gewahrsam - jetzt brauchen die Beamten aber noch eine Tat, damit das auch so bleibt.
Eine kurze Suche im Netz nach Jens, Doreen und dem Gräfenhainichener Carneval Club GCC führt die Beamten auf eine Webseite mit den Hochzeitsfotos von Familie Kraczkowski. Am 11. November 2011 haben sich die überzeugten Karnevalisten als Prinzenpaar auch im richtigen Leben das Ja-Wort in der Heidestadt gegeben. Das Medienecho war groß, das Fernsehen berichtete von dem ungewöhnlichen Standesamtstermin mit anschließender Verlängerung der Feier auf dem Gräfenhainichener Marktplatz. Ein Anruf beim Fotografen, von dort geht es weiter zum Karnevalsprinzen und Bräutigam. „Ich war sehr überrascht, als mich die Berliner Polizei anrief und Fragen stellte. Erst hatte ich Sorge, dass vielleicht ein Kollege in einen Unfall verwickelt sei - das war ja dann zum Glück nicht der Fall“, erklärt Jens Kraczkowski.
Seltsam an dem Fall bleibt nämlich: Bei Prinz Jens und Prinzessin Doreen ist gar kein Ganove eingestiegen. „Ich habe aber mitbekommen, dass hier bei jemandem aus dem Club eingebrochen wurde. Die Medaille haben wir damals allen Clubmitgliedern geschenkt - es ist also nicht unsere, die da gefunden wurde“, erklärt der Ex-Prinz. Ironie des Schicksals: Der Diebeszug mit einer Beute, deren Wert von der Polizei nicht näher beziffert wird, könnte wegen einer 3,50 Euro teuren Medaille in die Hose gegangen sein.
Am Abend des 18. März haben sich - so erfährt man von der Dessauer Polizei - Unbekannte Zutritt zu einem Einfamilienhaus am Gräfenhainichener Galgenberg verschafft. „Kurz nach Mitternacht wurde uns per Notruf ein Einbruchsdiebstahl angezeigt, der zwischen 17.30 Uhr und dem Anruf passiert sein muss“, erklärt Pressesprecher Sebastian Opitz gegenüber der MZ. Das Haus wurde von den Tätern durchsucht, Wertgegenstände und Dokumente entwendet, darunter mehrere Schmuckstücke - und offensichtlich auch die Karnevals-Medaille. „Der angerichtete Schaden soll in diesem Fall im unteren vierstelligen Bereich liegen“, erklärt Opitz auf Nachfrage. Die Festnahme in Berlin erfolgte drei Tage später.
„Die beiden sind Profis und haben deshalb auch sehr wenig Spuren hinterlassen. Die Kripo muss jetzt arbeiten, um die Taten zuzuordnen“, erfährt man aus Berliner Ermittlerkreisen. Bis jetzt kann man nur den Versuch der Hehlerei nachweisen. Ob ein Zusammenhang zu anderen Einbrüchen in der Heidestadt besteht, wird ebenfalls geprüft.
Rückübertragung mit Tücken
Allein seit Jahresbeginn gab es in Gräfenhainichen sieben Einbrüche in Wohnungen und Einfamilienhäuser. Einmal blieb es bei dem Versuch - die Täter kamen schlicht nicht herein. Bei einem anderen Fall waren sie zwar drin, entwendeten aber nichts. Ist das geschnappte Ganovenduo in Berlin auch für diese anderen Einbrüche verantwortlich? Zu dieser Frage schweigt die Polizei.
Auch die Rückübertragung der Beute an die rechtmäßigen Besitzer gestaltet sich im schlimmsten Fall mühsam. „Erstens muss der Bestohlene zweifelsfrei sein Eigentum an der Beute nachweisen. Zweitens kann es sein, dass ein Richter die Beute noch für die Verhandlung braucht. Da können ja auch Spurenträger dabei sein“, erklärt eine Berliner Polizeisprecherin auf Nachfrage der Mitteldeutschen Zeitung. Wurde der rechtmäßige Besitzer bereits von einer Versicherung für den Verlust seiner Sachen entschädigt, gehen diese in den Besitz des Versicherers über.
„Wir stehen mit einem der Einbruchsopfer in Kontakt. Der Schock war groß, als der Diebstahl festgestellt wurde - umso größer ist jetzt die Erleichterung, dass man wahrscheinlich die Täter dingfest machen konnte“, erklärt Ex-Karnevalsprinz Jens Kraczkowski gegenüber der Mitteldeutschen Zeitung. (mz)
