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Ein Eldorado für Naturverbundene

Von Ute Otto 19.04.2007, 16:45

Möhlau/MZ. - "Fast 50 Jahre nun schon", erzählt Gerhard Regler. Da sind die Kinder mit groß geworden und die Enkeltochter und nun gibt es schon ein Urenkelchen.

Weil sie seinerzeit zu den ersten Campingfreunden dort gehörten, haben Reglers noch eine Parzelle in Ufernähe bekommen. Das habe Vor- und Nachteile, wie Gerhard Regler meint: Einerseits sei es ein windgeschützter sonniger Platz mit wunderschöner Aussicht über den See, andererseits aber treffe sich in der Hochsaison alles an der Badestelle, fast bei Reglers vor der Tür. Und dennoch, so Renate Regler: "Ich habe Angst vor dem Tag, an dem es nicht mehr geht. Wir fühlen uns hier wunderbar wohl."

150 Stellplätze hat der Campingplatz in Möhlau und das Areal ist weitläufig. Abseits von großen Fernstraßen gelegen, lebt er hauptsächlich von Stammkunden, mehr als zwei Drittel sind Dauercamper. Kurzurlauber erfahren hauptsächlich über Mundpropaganda von dem idyllischen Fleckchen Erde, weiß Marie-Luise Schlawig, die Frau des Betreibers Uwe Schlawig.

"Unsere Gäste sind Menschen, die Ruhe suchen", sagt sie. Aber längst nicht mehr nur Leute, die dem engen Plattenbau entfliehen wollen, sondern auch gut Betuchte, die frei nach dem Motto "zurück zur Natur" bewusst eine Zeit lang auf großen Komfort verzichten möchten. Gleichwohl sind Ausstattung und Service des Möhlauer Campingplatzes solide. Dass alles reibungslos läuft, immer ein Ansprechpartner für die Camper da ist und morgens frische Brötchen, dafür sorgt das Team um Schlawig. Und da der gleichzeitig das Dessauer Strandbad Adria betreibt, sind die acht festen Mitarbeiter und Saisonkräfte flexibel einsetzbar.

Petra Zachrau, die mit die Rezeption in Möhlau besetzt, macht es jedenfalls Spaß, dort zu arbeiten, wo andere Urlaub machen. "Weil der Kontakt zu den Leuten auch prima ist", sagt sie. Gern empfiehlt sie den Gästen die Ausflugsziele der Region, besonders interessiere da Ferropolis. Es werde aber auch gezielt nach Veranstaltungen gefragt, "da ist es immer gut, wenn wir den Leuten was in die Hand geben können", möchte Frau Zachrau die Veranstalter ermutigen, Programme nach Möhlau zu schicken.

Es gibt aber auch Camper, die machen sich ihr Programm selbst. Die wohnen im Ortsteil Bürgel. Als solcher wurde der Block D des Campingplatzes vor Jahren schon gekürt, weil sich dort zahlreiche Thüringer aus der Keramik-Gemeinde angesiedelt haben. Zum Teil sogar schon in der zweiten Generation, erzählt Erhard Heilemann. Er und seine Frau Eveline sind allerdings aus Wolfen. Bis 1990 haben sie bei Potsdam gecampt, der Platz wurde dann aber geschlossen.

"Und da haben wir uns in der Umgebung umgesehen und sind auf Möhlau gestoßen", erzählt der 68-Jährige. Der ehemalige Umweltschutzbeauftragte im Wolfener Rohrwerk genießt die Natur in vollen Zügen. Er und seine Frau eröffnen in jedem Jahr die Badesaison, sobald die Sonne etwas Wärme spendet. "Das Wasser ist einwandfrei. 13 Grad hat es jetzt", schwören Heilemanns auf das Abhärten. "Das passt einfach alles zusammen", loben sie den Campingplatz.

Der Ortsteil Bürgel hat sogar einen Bürgermeister, Thomas "Locke" Rolle, und eine Bushaltestelle. Die wurde im vergangenen Jahr eingeweiht, als der gesamte Block D - etwa 13 Familien - eine Busfahrt ins Blaue organisiert hatte. Die führte an die Goitzsche und ins Haus am See nach Schlaitz.

Horst und Renate Fröhlich aus Teuchern bei Weißenfels jedenfalls schwärmen von dem Ausflug wie von der tollen Gemeinschaft in Bürgel überhaupt, die auch für die Kinder viel organisiere. "Ich könnte ihnen ja die Videos zeigen", sagt Renate Fröhlich. Aber dafür ist keine Zeit, zumal sie gerade dabei sind, nach der Winterpause in ihrem Wohnwagen klar Schiff zu machen. Wie viele seiner Generation ist das ein umgebauter Bauwagen. "Als die Holländer nach der Wende hierher kamen, haben die sich ganz schön amüsiert", so Heilemann.

Einen Thüringer trifft man über die Woche kaum in Bürgel. "Die sind doch alle arbeiten", sagt Karl Strehlitz. "Da müssen sie schon am Wochenende kommen. Oder wenn Ferien sind." Mit seinen 84 Jahren ist er der älteste vom Block D. Seine Frau ist schwer krank und kann nicht mehr mit nach Möhlau kommen. Aber der Altjeßnitzer will nicht vom Camperleben lassen. "Die Enkel kommen ja auch noch her", sagt er.