Chinesisches Kleinod soll durch EU-Mittel aufblühen
ORANIENBAUM/MZ. - Wer es aus der Nähe betrachten will, muss zunächst eine zerbrechlich anmutende Holzbrücke überqueren.
Finanziell gesehen liegt das Haus seit gestern jedoch auf der Sonnenseite. Der Staatssekretär im Kultusministerium von Sachsen-Anhalt, Valentin Gramlich, übergab der Kulturstiftung DessauWörlitz den lang ersehnten Förderbescheid. Mit einer Summe von 577 500 Euro wird die Restaurierung des Objektes unterstützt. Insgesamt werden die Kosten des Vorhabens vom Direktor der Kulturstiftung, Thomas Weiss, mit rund 1 030 000 Euro beziffert.
Mit den EU-Mitteln aus dem Kulturinvestitionsprogramm sollen bis Ende 2010 sowohl die Fassade als auch das Innenleben des Kleinods saniert werden. "Was hier fehlt, ist die Wetterfahne mit Drachen und einem Fisch", sagt Hinrich Rademacher, der Steuerer des Projektes, mit Blick auf das Haus. Sie sei marode geworden und habe entfernt werden müssen. Graffiti-Sprayer haben an den Außenwänden ihre Spuren hinterlassen.
Der schmiedeeiserne Umgang hängt wie ein Balkon ohne Boden rund um das Haus. Hier könnten nach der Sanierung wieder Touristen wandeln. Rademacher: "Dann schwebt man über dem Wasser." Der Architekt beschreibt das Chinesische Haus, das von den Einheimischen oft als Teehaus bezeichnet wird, als "Herzstück des Geländes". Seit den 30er Jahren war es nicht mehr zugänglich, eine Premiere war die Öffnung des Gebäudes zum Denkmaltag 2007.
Das Innere des Häuschens ist einem Handelshaus in Kanton nachempfunden. Es besteht aus einem Mittelraum und zwei kleinen Seitenräumen. Steht man im Zentrum, wird man von nahezu allen Seiten vom Sonnenlicht angestrahlt. Vorausgesetzt, es ist nicht so neblig wie bei der gestrigen Übergabe und die Fenster auf allen vier Seiten des Gebäudes sind vom Staub vieler Jahre befreit.
Die Wände sind teils mit Holz getäfelt, teils mit handbemalter Tapete verziert, an der der Zahn der Zeit jedoch schon ausgiebig genagt hat. Darüber, an den Stirnseiten der Sichtachsen, sind farbenfrohe Bilder auf Stein gemalt. "Das ist der Blick in den chinesischen Himmel", erklärt Rademacher. Er hat akribisch geforscht, um das Objekt wieder in einen Zustand versetzen zu können, der dem Original möglichst nahe kommt. Alles sei mit den Fördermitteln jedoch nicht zu stemmen, sagt er.
An die lebensgroßen Statuetten zum Beispiel, die in allen vier Ecken des Mittelgebäudes gestanden und den Besucher mit einem Nicken begrüßt haben sollen, werden zunächst nur verwaiste Nischen erinnern. Auch die handbemalte Tapete wird vorerst nicht vollständig die Wände zieren.
Über die Nutzung in der Vergangenheit ist wenig bekannt. "Dazu fehlen uns die Archivalien", so Hinrich Rademacher. Lediglich Aufzeichnungen über einen Einbruch im Jahr 1849 weisen darauf hin, dass Teeutensilien im Chinesischen Haus untergebracht waren. Rademacher ist weiterhin auf der Suche nach alten Fotos und verschollenen Originalen, um mehr über das Inventar zu erfahren.
Auch der zukünftige Zweck des Gebäudes ist laut Erdmute Alex von der Kulturstiftung noch unklar. Die Oranienbaumer hätten vorgeschlagen, tatsächlich ein Teehaus daraus zu machen. "Wir finden die Idee auch prima, allerdings gibt es weder Abwasserleitungen noch eine Toilette dort", so Alex.