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Besuch in Seegrehna Besuch in Seegrehna: Siegfried Simon ist auf der Jagd nach Regen

Von Julius Jasper Topp 10.03.2019, 07:10
Siegfried Simon in seinem Wohnzimmer in Seegrehna
Siegfried Simon in seinem Wohnzimmer in Seegrehna Topp

Seegrehna - Der Tag beginnt nicht immer mit Sonnenschein, aber stets früh. Siegfried Simon steht auf, wenn die meisten Berufstätigen noch in den Kissen liegen. Einige Stunden später geht er in den Garten, gießt den Inhalt eines Edelstahlbehälters in einen Messbecher und notiert die Daten.

Milliliter stehen aufgelistet unter Millilitern. Tage, Wochen, Monate und Jahre. Seit 20 Jahren macht er das. Am Monatsende schickt er seine Liste an Achim Kuhn. Der Wetterforscher fasst die Daten von Simon und 21 anderen Wettermessstationen im Landkreis zusammen und erstellt daraus eine Statistik, die am Ende des Jahres ausgewertet wird und zeigt, wie viel es in den einzelnen Regionen im Wittenberger Landkreis geregnet hat.

Für Siegfried Simon ist das eine Ehrensache. Und eine Beschäftigung, die er in seinem Alltag nicht missen möchte. „Schon von Berufs wegen“, sagt der 83-Jährige. „Ich habe Landwirtschaft studiert. Da gehört das Wetter mit zum Handwerk.“ Und: „Das Messen ist wie eine Marotte.“ Besonders spannend seien für ihn die regionalen Unterschiede. Schon im wenige Kilometer entfernten Eutzsch gebe es teils völlig andere Ergebnisse, „je nachdem, wo die Luftströmung gerade lang geht“, sagt Siegfried Simon in seinem Wohnzimmer in Seegrehna.

Obwohl er bereits seit Jahrzehnten misst, ist er erst vor einigen Jahren in das Wettermess-Netzwerk von Kuhn gekommen. „Vor unserer Haustür war ein Unfall. Achim Kuhn arbeitete zu dieser Zeit noch als Fotograf für die Zeitung und machte Bilder. Als er meine Messstation im Garten sah, bot er mir an, meine Daten mit in seine Statistik einfließen zu lassen“, sagt Simon.

Der Hobby-Meteorologe Kuhn verschaffte ihm später eine modernere Messstation, die entsprechend der Vorgaben aufgebaut wurde.

Verändert hat sich an der Messtechnik in den vergangenen Jahrzehnten wenig. An den Daten, die Siegfried Simon erfasst schon. In den 20 Jahren sei der Niederschlag immer geringer geworden. Heute lägen fast alle Tage nur noch auf etwa 50 Prozent der Norm des Jahresdurchschnitts. „Schon jetzt hat es in den ersten Monaten zu wenig geregnet - und im Herbst war es auch schon sehr trocken. Dabei hat ja nun eigentlich die Wachstumszeit begonnen“, sagt Siegfried Simon, der seit vielen Jahren Vorsitzender des örtlichen Kaninchenzüchtervereins ist.

„Und ich glaube, das interessiert die Leute. Das Wetter ist immer wichtig - wir hängen schließlich davon ab. Und wir wollen ja wenigstens wissen, was wir anziehen sollen“, lacht er. Ihm sind auch die jährlichen Treffen des Wittenberger Wetter-Netzwerkes wichtig. „Da wird sich ausgetauscht und gefachsimpelt.“ Aber: Nachwuchs könnten die Hobby-Meteorologen gebrauchen - viele seien im fortgeschrittenen Alter.

Da wisse man nie, wie lange man die Messstationen in den Gärten noch aufrechterhalten könne. Erst einmal freue sich Simon nun auf den nächsten Mondwechsel - „das ändert auch immer das Wetter“, sagt er. (mz)

So wird der Niederschlag gemessen.
So wird der Niederschlag gemessen.
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