Alte Pyramide trug einst wohl 24 Kerzen
Wittenberg/MZ. - Das dürfte nach Schätzung von Andreas Wurda, Leiter der Städtischen Sammlungen, erstmals wohl in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gewesen sein. "Pyramiden waren um 1800 etwas Übliches, es gab sie in verschiedenen Variationen", erläutert Wurda die Vorgeschichte. Bekannt sind drehbare Pyramiden, die im Erzgebirge entwickelt wurden, und nicht drehbare, die die Form von Tannenbäumen hatten. Bekannt sei, dass der sächsische König im Dezember 1813 eine Anordnung erließ, dass keine Weihnachtsbäume geschlagen werden durften. "Es war die Zeit der Not nach den Befreiungskriegen. Die jungen Bäume sollten stehen bleiben und nicht als Feuerholz enden", so Wurda.
In jener Zeit wich man auf Pyramiden aus, so wie die Wittenberger eine ist. Dass diese in Benutzung war, ist noch am Untergestell zu erkennen. Figuren wie Schneemänner und Nussknacker sind wohl Ergänzungen jüngeren Datums, und auch Reparaturstellen sind erkennbar. Das Flügelrad obenauf ist ebenfalls nachträglich montiert, das Holz ist nicht lackiert. Zwölf Kerzenhalter sind noch vorhanden, Andreas Wurda vermutet, dass es einmal 24 waren. "Es war damals Sitte, so dass jeden Tag eine Kerze mehr angezündet werden konnte."
Dieser Umstand und die ganze Ausführung lassen vermuten, dass die Pyramide einst in einem begüterten Haushalt stand. "Wir wissen nicht, wann und wie sie überhaupt in städtischen Besitz gelangt ist", erklärt Wurda. Vielleicht ist sie der Stadt einmal geschenkt worden, vielleicht drehte sie sich einst sogar im Wittenberger Rathaus. Der Katalog, den damals der bekannte Heimatforscher Heinrich Kühne noch mit angelegt habe, gebe nichts her, bedauert Wurda. "Und wenn er was gewusst hätte, dann hätte er es auch dazu geschrieben." In der Adventszeit hat die Pyramide, die lange nicht öffentlich zu sehen war, einen Platz im Eingangsbereich des Museums für Stadtgeschichte, Natur- und Völkerkunde gefunden. Dort bildet sie zurzeit, neben Innungsfahne, "Freßkahles Magen" und anderem, einen Teil der Schau "Blicke ins Magazin".
Das Museum für Stadtgeschichte, Natur- und Völkerkunde im Wittenberger Schloss ist geöffnet dienstags bis sonntags 9 bis 17 Uhr.