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Weißenfels Weißenfels: Manege frei im Todesrad

Von andrea Hamann 10.02.2012, 20:03

weissenfels/MZ. - Die frischen Schweißnähte sind abgeschliffen, glänzen metallisch. Sie sind zwischen Streben gezogen, die ein besonderes Turngerät zusammenhalten: Das Todesrad. In ihm laufen Artisten, sie schlagen Saltos in einem Käfig oder auf dessen Außenfläche, wenn er sich um sich selbst dreht. Das sieht nicht nur gefährlich aus. Es ist es auch. Denn der Künstler kann sich nicht absichern. So ein Rad steht im Weißenfelser Unternehmen Guhratec. Es ist ein Unikat und bald "Spielzeug" von John Leyseck.

John Leyseck, der Artist, und Karsten Guhra, der Konstrukteur, schauen hinauf. Die Männer sind erstaunt, was für ein Monstrum vor ihnen steht. Dabei haben sie es in den vergangenen Monaten selbst entwickelt und gebaut - jede freie Minute in dieses Projekt gesteckt, schlaflose Nächte in Kauf genommen und Nerven geopfert. "Nicht nur wir", wehrt Karsten Guhra ab und zeigt auf seine Mitarbeiter. Jeder aus dem Team habe Erfahrungen eingebracht und angepackt. Eines hat sie alle miteinander verbunden: Sie wollten helfen, dass sich der 19-jährige John Leyseck einen Traum erfüllen kann. Er will mit seinen Kunststücken im Todesrad Menschen den Atem rauben.

"John, komm da runter. Es ist noch nicht gesichert", ruft einer der Mitarbeiter. Gewandt steigt Leyseck aus einem der Hamsterkäfige herab. In der Halle ist in den vergangenen Monaten nicht nur Stahl zusammengeschweißt worden, sondern ein Team.

Rückblick: Guhras und Leysecks Familien sind befreundet. John Leyseck weiß von Guhras Erfahrung in Technik und Fahrzeugbau. Der junge Mann fragt, ob es möglich sei, in der Halle von Guhratec ein solches Rad zu bauen. Der 49-jährige Unternehmer überlegt - und willigt ein. Als Fahrplan haben sie ein Modell Maßstab 1 zu 20 und Aufzeichnungen in einem Mathematikblock. Los geht es. Stahlstangen werden bestellt, aus stabilen Gittermatten ein großer und ein kleinerer "Käfig" gebogen. Während das Mathematikheft immer abgegriffener wird, wandelt sich das Bild in der Werkstatt langsam. Knifflig wird es zum Schluss. Das Rad, das sich selbst aufstellt, will nicht stehen. Karsten Guhra bleibt ruhig. "Da schlafen wir eine Nacht drüber. Dann fällt uns etwas ein", sagt er. John Leyseck rauft sich die Haare, scheint die Geduld zu verlieren. Guhras Ehefrau Cornelia übernimmt den mütterlichen Part und spricht dem jungen Mann Mut zu. John Leyseck befürchtet, die Verzögerung könnte Auswirkungen auf die Zirkussaison seiner Familie haben. Aber alles geht gut.

Nun ist es geschafft: Das Rad steht. Es wiegt etwas mehr als eine halbe Tonne, kann fünf, sieben oder neun Meter groß aufgebaut werden und es steht in einer festen Konstruktion auf dem Boden. Andere Modelle hängen an einer Achse in der Luft. "Aber nur so bin ich damit mobil", sagt Leyseck. Und genau das ist das Einzigartige.

Es ist Zeit zum Abschied nehmen. Bevor Leyseck hinter das Lenkrad des Lkw steigt, mit dem er das Todesrad mit nach Hause nimmt, schaut der Artist zurück. "Das war unglaublich", sagt er. Leyseck meint die Hilfsbereitschaft von Mitarbeitern und anderen Betrieben, die zupackten, wo sie konnten. "Ich bin dankbar", sagt er.

Läuft alles nach Plan, ist Leyseck während der ersten Vorstellung seines Zirkus "Rolandos" im heimischen Herzberg am 9. März in der Manege zu sehen. Einer seiner Zuschauer wird Karsten Guhra sein. Er will es sich nicht nehmen lassen, die Premiere des jungen Artisten mit zu erleben. Schließlich würde es sie ohne seine Hilfe vermutlich nicht gegeben.