1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Weißenfels
  6. >
  7. Weißenfels: Weißenfels: Faust rockt die Bühne

Weißenfels Weißenfels: Faust rockt die Bühne

Von bärbel schmuck 20.11.2012, 17:41

weissenfels/MZ. - Nichts geht mehr. Das Parkett und alle beiden Ränge im großen Saal des Weißenfelser Kulturhauses sind rappelvoll - wie selten und das auch noch an einem Montagabend. Denn in der Stadt ist immer noch Theater - sind Theatertage, die vierten. Das Licht geht aus, kraftvolle Musical-Stimmen, metallene Gitarrenriffs, dröhnende Bässe und schrille Kostüme der Sänger, Musiker und Tänzerinnen erinnern an ein furioses Spektakel mit Hits von Kultbands wie Queen, Kiss, The Who oder Steppenwolf, die in den 60er, 70er und 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts unvergessliche Rockgeschichte geschrieben haben.

Es ist Showtime für den Moderator Geheimrat und Dichterfürsten Johann Wolfgang von Goethe (Ronny Fröde), für Doktor Heinrich Faust und Mephisto, für Hexen, Geister und Teufel und - Gretchen. Ein Publikum aller Generationen vom Schüler bis zur Rentnerin schaut wie gebannt zur Bühne und lässt sich fesseln von Magie, Liebe, Tod und Schuld - vereint in der Rockoper "Faust I", inszeniert von Rudolf Volz, mit der ein professionelles Ensemble seit mehr als zehn Jahren schon Erfolge in ganz Deutschland feiert.

Das kleine Weißenfels bildet da zwischen Metropolen wie Berlin, München und Erfurt eine der wenigen Ausnahmen, bestätigt Michael Manthey von der gleichnamigen Event GmbH als Verantwortlicher für die Produktion und Leitung der Aufführung. In der Pause stellt Manthey auf MZ-Nachfrage das Ensemble vor. Christian Venzke gibt den Faust, Falko Illing ist Mephisto und Juliane Maria Wolff singt die Grete mit einem glasklaren, unter die Haut gehenden Sopran. Camilla Kallfass zeigt sich besonders vielseitig - reitet mal als wilde und langmähnige Hexe mit spitzem Hut im sexy-Leder-Look auf dem Besenstiel über die Bühne und danach wie besessen durch den Saal. Dann wieder mimt die gertenschlanke Sängerin und Tänzerin die trauernde Witwe Frau Marthe und spielt abwechselnd Erdgeist, Domina und Bauernlümmel in dem Stück, das stellenweise an Volkstheater zum rustikalen Oktoberfest erinnert - zum Glück aber nur kurz.

Wirkungsvoll werden die Solisten unterstützt von einer jungen Band mit herausragenden Leistungen an den Gitarren (Thomas Hübl und Hagen Gebauer), am Bass (Alexander Fuchs), Keyboard (Markus Zimmermann) und Schlagzeug (Michael Wünsch). Warum knabenhaft wirkende Rocker allerdings gegen Ende des furiosen Musiktheaters mit freiem Oberkörper in die Saiten greifen mussten, bleibt wohl für Zuschauer älteren Semesters "unbegreiflich", während Schülerinnen aus Weißenfels, Hohenmölsen, Naumburg und Merseburg das "cool" finden. Es passt zur Walpurgisnacht auf dem Brocken, die die Gitarrengötter, Solisten und Tänzerinnen in knappen Outfits vom sagenumwobenen Harzer Berg nach Weißenfels zaubern.

Am Ende will der Beifall nicht enden für eine beeindruckende Inszenierung, die Goethes Original-Texte zeitgemäß und außergewöhnlich interpretiert. "Es war das Beste, was ich bisher an Faust-Inszenierungen in verschiedenen Städten gesehen habe - von Weimar über Leipzig bis Dessau und Naumburg", sagt Reinhard Milowsky. Der über 70-jährige Weißenfelser outet sich als "Faust-Fan, schon von seiner Jugend an". Er schwärmt von der großartigen Musik und der gesamten Ausstattung, während Anita Schmidt (46) "mehr erwartet hat". "Die Stimmen der Männer sind alle gleich, da fehlt mir die Spannung, das ist mir zu oberflächlich und zu platt gemacht", meint sie enttäuscht.

Marina und Hans Weinert (beide sind Mitte 30) "hätten noch stundenlang zuhören können." So etwas bekäme man für moderate Eintrittspreise selten geboten, ist das Paar aus Hohenmölsen des Lobes voll an die Organisatoren der Stadt Weißenfels. "Wir freuen uns schon auf Uwe Steimle am Sonnabend", sagt Hans Weinert. Stadtkulturmanager Robert Brückner erklärt: Für das Steimle-Gastspiel seien mehr als 400 Karten verkauft worden.