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Ständchen für Frohnaturen

Von Bärbel Schmuck 20.10.2005, 17:32

Weißenfels/MZ. - "Ich wusste gar nicht, dass Du auch hier wohnst und dass Du fast genau so alt bist wie ich - aber eben nur fast", fügt Frau Faust schalkhaft im Weißenfelser Seniorenpark "Am Töpferdamm" hinzu. Eine Frau, die gern lacht und am Freitag auf 102 Lebensjahre zurückblicken kann. "Da mussten wir so alt werden, dass wir uns erst jetzt kennen lernen", entgegnet Anna Rachner vergnügt, die am liebsten Malzbier trinkt und sich besonders über Blumen und das musikalische Ständchen des Chores im Seniorenpark freut.

Als sich die beiden alten Damen laut scherzend umarmen, wird schnell klar, dass sie Frohnaturen sind. Wie man es schafft, so alt zu werden, beantwortet die temperamentvolle Hilma Faust außerdem so: "Ich habe mich in meinem ganzen Leben immer sehr viel bewegt, habe gerne im Garten gearbeitet, aber auch viel geschlafen." Jubilarin Anna Rachner nickt, als würde ihr das alles ziemlich bekannt vorkommen. "Unsere Tante Anni war Meisterin in der Schuhindustrie, in jungen Jahren Leistungssportlerin und stets sehr energisch." So erzählt ihr einziger Neffe Knut Bachmann stolz, der zusammen mit seiner Ehefrau Leni aus dem 500 Kilometer entfernten Essen im Ruhrgebiet zum Ehrentag angereist ist.

Vor allem im Weitsprung sei die kinderlos gebliebene und nach den Worten ihrer Verwandten stets als selbstbewusst und sehr eigen geltende Tante aus Weißenfels einst olympiaverdächtig gewesen. Bis vor wenigen Jahren habe sie noch ihren Haushalt selbst versorgt, bevor sie auf eigenen Wunsch in die Anlage an den Töpferdamm zog.

Während Anna Rachner ihren Hundertsten am Donnerstag im kleinen Familienkreis feierte, ist die heutige Geburtstagsrunde für Hilma Faust groß, zumal nicht nur der einzige Sohn Rudi Faust, sondern auch Enkel und Urenkel aus ganz Deutschland dazugehören. "Noch vor zwei Jahren - zu ihrem 100. Geburtstag - hat unsere Mutter alle Strophen des Reeperbahnliedes von Hans Albers auswendig beherrscht", blickt der Sohn zurück. Das weiß auch die Geschäftsführerin des Seniorenwohnparks, Carmen Springsguth, die mit ihrem Team ebenso wie der Weißenfelser Landrat und der Oberbürgermeister zu den Gratulanten gehört. "Wir sind froh, dass sich unsere beiden ältesten von insgesamt 71 Bewohnern noch guter Gesundheit erfreuen", versichert Frau Springsguth. Dabei verrät sie, dass sie sich gern mit "Meine Kleine" von den beiden hochbetagten Damen statt "Chefin" anreden lässt. Dies sei ein Zeichen für Vertrauen und stehe dafür, dass sich Anna Rachner und Hilma Faust hier wohlfühlen würden.