1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Weißenfels
  6. >
  7. Mit Trost aus der Flasche ist Schluss

Mit Trost aus der Flasche ist Schluss

Von BÄRBEL SCHMUCK 11.05.2009, 18:57

WEISSENFELS/MZ. - Alle 14 Tage bietet die Leiterin zusätzlich Sprechstunden in der Sucht- und Drogenberatungsstelle des Weißenfelser Kreisverbandes des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) an. "Nur nach Voranmeldung", sagt sie mit Blick auf den 23. Mai.

Zusammen mit Isabell Müller betreut sie im Altkreis Weißenfels 450 bis 500 Klienten mit rund 3 800 Beratungen im Jahr. Darüber zog Siegrid Schröter Bilanz während einer Sitzung des Sozialausschusses des Stadtrates. Seit Ende November 1993 habe sich die Zahl der Klienten ständig nach oben entwickelt, informiert sie weiter. Neben dem starken Zentrum im illegalen Drogenbereich ist nach ihren Schilderungen der Alkoholmissbrauch Schwerpunkt. "Wir könnten vier Mitarbeiter beschäftigen, da würde keiner von ihnen nebenbei einen Pullover stricken", schätzt die Beraterin die Situation ein. Zur Finanzierung der sogenannten Fachleistungsstunden standen im Vorjahr statt der bisherigen 16 000 Euro nur noch 11 000 Euro vom Landkreis zur Verfügung. Das hänge mit der Kreisgebietsreform zusammen, weil der Burgenlandkreis nun mit Weißenfels, Zeitz und Naumburg drei Sucht- und Drogenberatungsstellen in Trägerschaften des DRK und der Diakonie fördert. Für deren Arbeit stellte der Kreis in diesem Jahr insgesamt 30 000 Euro bereit. Die Weißenfelser erhielten 12 000 Euro und beantragten Fördermittel im Sozialausschuss. 3 000 Euro wurden bewilligt.

Dreimal in der Woche werden abends zusätzlich Kontaktzeiten angeboten. Inzwischen gibt es fünf Selbsthilfegruppen, die offen für sogenannte trockene Alkoholiker sind, vier Gruppen in Weißenfels, eine in Hohenmölsen. 60 bis 70 Frauen und Männer bieten hier Hilfe zur Selbsthilfe an. "Das ist für die Region ein ordentliches Ergebnis", meint Siegrid Schröter.

Monika (48) und der sechs Jahre jüngere Frank (Namen hat die Redaktion geändert) bestätigen das. Beide waren viele Jahre abhängig vom Alkohol. Mit dem Trost aus der Flasche ist schon seit Jahren Schluss, betonen beide. Zu viele Rückfälle hätten sie erlebt, zuviel von Entgiftung bis zur Therapie durchgemacht, Ehescheidung und Arbeitslosigkeit durchlitten. "Heute bin ich jeden Tag stolz auf mich", versichert Monika. Sie trinkt keinen Tropfen Alkohol mehr.

"Bei Familienfeiern stoße ich mit Kindersekt an, das ist Fruchtsaft mit Sprudel", erläutert sie. Die Frau führt wieder ein normales Leben mit ihrer Familie und geht arbeiten. "Ohne die Sucht- und Drogenberatungsstelle, ohne meinen Mann und ohne die Selbsthilfegruppe hätte ich das nie geschafft", hebt die Weißenfelserin hervor.

Frank stimmt ihr zu und würdigt zudem die Hilfe seiner Eltern. "Sie haben immer zu mir gestanden", sagt er. Seine Ehe sei allerdings gescheitert. Monika engagiert sich inzwischen ehrenamtlich als Helferin für Suchtkranke. 140 Stunden hat sie auf der Schulbank gesessen, um ein Zertifikat für ihr Ehrenamt zu erwerben. "Darauf bin ich ganz stolz", bekräftigt sie.

Dass in Weißenfels erstmalig ein Erfahrungsaustausch mit anderen Selbsthilfegruppen stattfinden soll, dafür haben sich die Frauen von der Beratungsstelle und ihre Ex-Klienten eingesetzt. Sie bereiten dieses Treffen mit vor.