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Karneval Karneval: Vom Hütchenverkäufer zum Büttenredner

Von andreas richter 27.01.2014, 22:49
Sind eng mit dem Langendorfer Karneval verbunden: Karl-Heinz Harnisch, Michael Seitz sowie Christa und Frank Seitz (von links).
Sind eng mit dem Langendorfer Karneval verbunden: Karl-Heinz Harnisch, Michael Seitz sowie Christa und Frank Seitz (von links). Peter Lisker Lizenz

langendorf/MZ - Bei der Premiere hat sie die Kussfreiheit eröffnet. An jene erste Karnevalssession vor einem halben Jahrhundert in Langendorf kann sich Christa Seitz noch gut erinnern. 17 Jahre jung war sie damals und hatte über ihren 19-jährigen Freund Frank zum närrischen Treiben gefunden.

Dabei waren die Karnevalisten der ersten Stunde nicht viel mehr als eine Handvoll Leute, Eigeninitiative und Idealismus waren da gefragt. „Wir wollten auch so lustig sein wie die am Rhein“, erinnert sich Frank Seitz an die Anfänge im damaligen Kulturhaus in Untergreißlau. Elferrat, Prinzenpaar, Saalpolizei - nach und nach spielten die Langendorfer mit auf der närrischen Klaviatur, die sie bis dahin so richtig nur aus dem Westfernsehen kannten.

Ein Urgestein des 1. Langendorfer Carnevalsclubs (LCC) ist Karl-Heinz Harnisch, seit 49 Jahren Mitglied im Verein. Und dabei hat er eine steile Karriere hingelegt. „Ich hab’ als Hütchenverkäufer angefangen“, erzählt der heute 64-Jährige. In den ersten Jahren, so erklärt er, sei die ganze Veranstaltung nämlich eher ein „Stehkragen-Karneval“ gewesen. Soll heißen: Die meisten Gäste erschienen steif mit Schlips und Kragen zum kollektiven Frohsinn. Mit den Hütchen, die Harnisch anfangs verkaufte, sollte es ein bisschen lockerer werden. Und es sollte helfen. Nach und nach kamen die Langendorfer viel legerer zum Karneval - von Anfang an mit dem Schlachtruf „Kaki-Helau“ auf den Lippen.

Für Harnisch aber ging es auf der karnevalistischen Karriereleiter schnell nach oben: Saalpolizei, Elferrat, ab 1970 schließlich führte der Langendorfer als Zeremonienmeister durchs Programm, hielt die erste Büttenrede überhaupt. 35 Jahre lang sollte Harnisch durch die Abende der Langendorfer Karnevalisten führen, die später im Forsthaus Muttlau und dann im Gasthaus Lorbeer stattfanden. Erst vor fünf Jahren rückte Harnisch in die zweite Reihe.

Das Werden des Langendorfer Karnevals haben auch Christa und Frank Seitz all die Jahre verfolgt, wenngleich sie nur zur Premiere aktiv mitgewirkt haben. „Wir haben unsere Gene weitergegeben“, sagt die frühere Lehrerin an der Langendorfer Schule und zeigt ein Foto, auf dem der dreijährige Sohn Michael, als Indianer verkleidet, seinen Spaß hat. Dass der Junge später zu den Langendorfer Karnevalisten gefunden hat, überrascht da nicht wirklich. Heute gehört der 43-jährige Elektromonteur neben Jan Harnisch und Ralph Melle zu jenem Trio, das zur Jubiläumssitzung am kommenden Sonnabend im Weißenfelser Kulturhaus durchs Programm führen wird (siehe Beitrag „Angebote.?.?.“).

Dort wollen sie auch zeigen, dass der Langendorfer Karneval 50 Jahre nach den bescheidenen Anfängen mehr denn je lebt. Früher war der Karneval der ultimative Höhepunkt des Jahres im Ort gewesen, an zwei Wochenenden ging es in zwei Sälen hoch her, weiß Karl-Heinz Harnisch. Mittlerweile ist das ein bisschen anders. Die Leute sind viel mobiler, das Internet - das Veranstaltungsangebot in der Region ist groß. Und doch ist Michael Seitz nicht wirklich bange um den Frohsinn im Ort.

„Der Karneval muss nicht künstlich beatmet werden“, schätzt er ein. Um den Nachwuchs sei es gar nicht so schlecht bestellt beim Verein um den Vorsitzenden Klaus Meier. Immerhin seien etwa ein Drittel der 75 Mitglieder Kinder und Jugendliche. Und Hütchen muss heute keiner mehr verkaufen, damit die Stimmung kocht im Saal.