Goethegymnasium Weißenfels Goethegymnasium Weißenfels: Warum das Jobcenter Geld für den Abiball einzog

Weißenfels - Ob das Weißenfelser Goethegymnasium auch von ihrer Gymnasiastin Selina Simon Geld für die Abiballkasse bekommt, ist derzeit fraglich. Aus jetziger Sicht kann die 18-Jährige nämlich nichts beisteuern, obwohl sie hart dafür gearbeitet hat. In zwölf Einsätzen hatte die Schülerin für ein Ingenieurbüro an der Autobahn Fahrzeuge gezählt. Die dafür gezahlten 400 Euro seien vom Arbeitgeber direkt auf das Konto der Schule zur Finanzierung des Abiballs eingezahlt worden.
Warum die junge Frau nun dennoch mit leeren Händen vor ihrer Klasse steht, ist schnell erklärt: Ihre Mutter bezieht soziale Leistungen. Das Jobcenter Burgenlandkreis rechnet die 400 Euro der Tochter als Familienverdienst an, was zu einer Senkung der Sozialleistung führen könnte. Die Mutter ist Verkäuferin, verdient aber so wenig, dass sie auf soziale Bezüge vom Jobcenter angewiesen ist. Frau Simon zählt zu den sogenannten Aufstockern, wovon es im Burgenlandkreis rund 5.000 gibt.
Bedarfsgemeinschaft
Zur Bedarfsgemeinschaft zählt bei der alleinerziehenden Mutter auch Selina. Die hat nun dazuverdient, was der Mutter auf die Füße fällt. Das Jobcenter bekam nach den laufenden quartalsmäßigen Überprüfungen Wind von der zusätzlichen Einnahme und forderte von Frau Simon Rechenschaft, auch wenn das Geld längst bei der Schule war und nicht zur Finanzierung des Lebensunterhaltes diente.
Im Ethikunterricht wurde offen über den Sachverhalt gesprochen. „Das war mir erst einmal peinlich, dass so offen über meine sozialen Verhältnisse geredet wurde“, meinte Selina auf MZ-Nachfrage. „Selina Simon erlebt allerdings die Solidarität aller Abiturienten“, ist vom Schulleiter des Weißenfelser Gymnasiums, Jürgen Mannke, zu hören, der ebenfalls voll hinter der Schülerin steht.
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Das sagen Schule und Jobcenter
Seit Jahren sei es an der Bildungseinrichtung Usus, dass die Zwölftklässler über Arbeit, aber auch durch eigene Shows und die Mitwirkung in sozialen Projekten sich den Abschlussball bezahlbar machen. „So ein Ball ist echt teuer“, erklärt der Schulleiter. Schnell seien da 15.000 Euro zusammen, was den Preis pro Abiballkarte extrem in die Höhe schnellen lasse. „Gut also, dass die Schüler sich da so uneigennützig einbringen und selbst zur Finanzierung der Veranstaltung etwas einbringen“, lobt Mannke.
Für das Jobcenter zeigt der Pädagoge im Fall Simon kein Verständnis. „So viel Bürokratisierung macht mich krank“, zeigt er sich gegenüber der Verfahrensweise des Jobcenters vom Burgenlandkreis empört. Fingerspitzengefühl sei hier nicht zu spüren gewesen.
Datenabgleiche notwendig
Der dortige Chef Herwig Fischer ist von dieser Kritik wenig beeindruckt. Die Datenabgleiche seien nun einmal notwendig. Mitunter würden Überzahlungen aus reiner Vergesslichkeit nicht angezeigt. In nicht wenigen Fällen würde aber auch ein Mehrverdienst bewusst nicht gemeldet. „Wir haben Frau Simon zu uns eingeladen. Nach dieser Anhörung wurde sie aufgefordert, einige Dokumente einzubringen“, so Fischer. Tochter Selina weiß nur, dass ihre Mutter nach dem Gespräch sehr durcheinander war. Von weiteren Papieren sei familiär keine Rede gewesen. „Natürlich werden wir bei der Klärung mitarbeiten“, ist sie sich auch für ihre Mutter sicher.
Jobcenter-Chef Fischer indes will erst alle Papiere sehen und dann entscheiden. Für ihn ist der Fall zwar Chefsache, aber noch nicht vom Tisch. Ob das gesamte Geld in die Abikasse fließt oder nur ein Teil - dahinter steht noch ein Fragezeichen. „Ich denke aber, wir werden der Abiturientin helfen können.“ Selina baut darauf und hofft auf einen rauschenden Abschlussball. (mz)