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Gefässchirurgie Gefässchirurgie: Hausarzt oder Facharzt?

Von bärbel Schmuck und Klaus-dieter kunick 22.05.2012, 18:21

Weissenfels/Zeitz/MZ. - "Einen Gefäßchirurgen im Burgenlandkreis aufzusuchen, ist gar nicht leicht. Meine Frau hat da ihre Erfahrung gemacht", sagt ein ehemaliger Apotheker aus Zeitz. Denn seit dem 1. Juli 2011 geht das laut Kassenärztlicher Vereinigung (KV) Sachsen-Anhalt nur mit Überweisung von einem Internisten, Chirurgen oder einem niedergelassenen Hautarzt.

Seniorenbeirat ist sauer

Chefarzt Bernd Lobenstein in der Klinik für Gefäßchirurgie in Naumburg kennt das Problem. Der promovierte Mediziner weist in einem Schreiben an die Patienten darauf hin, dass "der einfache und bisher übliche direkte und unkomplizierte Weg über den Hausarzt definitiv nicht mehr möglich ist". 17 Jahre habe sich die einfache Verfahrensweise bewährt und sei Garant gewesen für kontinuierliche ambulante Betreuung chronisch kranker Gefäßpatienten.

Lobenstein: "Ich erkläre aber ausdrücklich, die Entscheidung wurde gegen meinen Willen gefällt." Er habe Widerspruch eingelegt, aber nicht erreicht, dass er wie bislang Patienten auf Überweisung das Hausarztes behandeln dürfe. Leidtragende seien die Patienten. Weiter heißt es in seinem Schreiben, dass eine Behandlung ohne gültige Überweisung rechtswidrig sei und mit hohen Geldstrafen oder sogar mit Freiheitsentzug geahndet werden könne.

Das Vorgehen der KV erregt zugleich den Unmut des Seniorenbeirates Burgenlandkreis. Dessen Vorsitzende Ria Theil kann das nicht nachvollziehen. Sie schlug den Mitgliedern des Gremiums zunächst vor, den Sozialausausschuss des Kreistages einzuschalten. Doch der fühlte sich nicht zuständig, weil"das Thema nichts mit Kreispolitik" zu tun habe, so die Auskunft aus dem Kreistagsbüro. "Wenn sich der Sozialausschuss nicht für die Belange der Menschen einsetzt, ja, wer denn dann?" fragt Ria Theil. Nach dieser Absage schrieb sie an die KV in Magdeburg, mit der Bitte, die Überweisungspolitik mit der Gefäßchirurgie noch einmal zu überdenken.

Denn die KV verlange besonders von Älteren einen erheblichen zeitlichen und personellen Aufwand, um sich von einem Gefäßchirurgen behandeln zu lassen. Gerade mit dem Bus in die Stadt zu kommen, sei mitunter mit einer Tagesreise verbunden. Von einigen Dörfern komme man mit dem Bus überhaupt nicht mehr in die Stadt, deshalb ließen sich etliche mit dem Auto von Freunden oder Bekannten fahren. Es dürfe nicht sein, dass besonders ältere Menschen mit diesem gesundheitlichen Problem allein gelassen werden. Da sich der Sozialausschuss damit nicht befassen darf, hat sie zumindest alle Fraktionen im Kreistag angeschrieben, damit sie sich mit der Thematik auseinandersetzen.

Mathias Tronnier, geschäftsführender Vorstand der KV, kann die Aufregung nicht verstehen. Er argumentiert, dass ein Patient, der Herzschmerzen habe, ja auch nicht sofort nach Leipzig in eine Herzklinik fährt. Es müssten ganz einfach die organisatorischen Wege beim Arztaufsuchen eingehalten werden. Bernd Lobenstein erklärt dazu, dass er zwar nachvollziehen könne, dass die KV die Überweisungen kanalisieren wolle, aber nach einem Jahr zeige sich, dass dieser Effekt nicht eingetreten sei. Im Gegenteil: Bei etlichen Patienten sei die neue "Verordnung" so angekommen, als ob viele Ärzte daran "verdienen" wollen. Das sei aber nicht der Fall.

Für den ehemalige Apotheker aus Zeitz ist die Anordnung der KV "Bürokratie in Hochform". Es gebe für alles im Leben eine Begründung. Er sehe aber die 78-jährige Frau, die mit Schmerzen mit dem öffentlichen Nahverkehr vom Land in die Stadt zu einem der drei Spezialisten fahren müsse. Das könne doch nicht angehen. Er bleibe dabei, die Vorgehensweise der KV sei nicht zu rechtfertigen.

Eine MZ-Nachfrage beim Chefarzt für Gefäß- und Thoraxchirurgie in der Weißenfelser Asklepios-Klinik, Jürgen Müller, ergibt ein anderes Bild. Zu dem promovierten Spezialisten kommen Patienten aus dem gesamten Burgenlandkreis mit einer Überweisung vom Hausarzt in die Sprechstunden. Dies sei donnerstags und freitags der Fall. Hat der Weißenfelser Facharzt eine andere Ermächtigung als sein Kollege in Naumburg, obwohl es sich um zwei Krankenhäuser in einem Kreis handelt? "Das ist so", bestätigt Müller.

Weißenfels hat Zulassung

Uwe Bauer, Geschäftsführer der Asklepios-Klinik, sagt: "Bei den Zulassungen der Kassenärztlichen Vereinigung gibt es durchaus Unterschiede, wie wir ja in Weißenfels und Naumburg sehen." In der Regel gelte eine Überweisung vom Facharzt und nicht vom Hausarzt, so Bauer. Für Weißenfels habe man die momentan bis zum Jahresende geltende Ermächtigung beantragt und die Zulassung erhalten. Diese müsse alle zwei Jahre neu verhandelt werden.