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Endlich Deutscher Endlich Deutscher: Wie Anis Guigas Integration dank Sport geklappt hat

Von Jan Iven 23.06.2016, 09:24
Bei seiner feierlichen Erklärung mit Landrat Götz Ulrich (l.) bekennt sich Anis Guiga zu Deutschland und seinen Gesetzen.
Bei seiner feierlichen Erklärung mit Landrat Götz Ulrich (l.) bekennt sich Anis Guiga zu Deutschland und seinen Gesetzen. Peter Lisker

Weißenfels/Naumburg - Anis Guiga hat es geschafft. „Die deutsche Staatsbürgerschaft ist für mich auch ein bisschen das Ende eines langen Weges“, sagt der 37-jährige Tunesier, der seit vergangenem Montag auch Deutscher ist. Ein Weg, der den jungen Mann von Tunesien über die Niederlande und Frankreich bis nach Weißenfels geführt hat. Bei einer kleinen Zeremonie im Naumburger Landratsamt verlieh ihm Landrat Götz Ulrich (CDU) persönlich die deutsche Staatsbürgerschaft, ebenso wie vier weiteren Migranten aus Syrien, Afghanistan und der Ukraine.

„Integration ist vor allem eine Frage des Wollens“, findet der Tunesier, der nach vier Jahren in Weißenfels und einigen Sprachkursen gut Deutsch spricht. „Wer wirklich möchte, kann sich integrieren.“ Dabei hatte er reichlich Hilfe von seiner deutschen Frau, deren Familie und nicht zuletzt von den Sportfreunden vom Weißenfelser Fußball Verein (WFV) Schwarz-Gelb.

Liebesgeschichte ebnete Weg nach Weißenfels

Es war eine lange Liebesgeschichte, die Guiga nach Weißenfels geführt hat. Vor 18 Jahren lernte er seine heutige deutsche Frau Jessika in Tunesien kennen. Beide Familien verbrachten den Urlaub im selben Hotel. Er war gerade 19, sie 16 Jahre alt. Er zog zum Studium der Lebensmitteltechnik in die Niederlande, sie machte in Weißenfels eine Ausbildung als Krankenschwester „Ein Fernbeziehung war aber auf Dauer zu anstrengend“, erzählt seine Frau. So wurde die Beziehung erst einmal beendet.

Doch ein paar Jahre später besuchte die Weißenfelserin den Tunesier im französischen Marseille, wo er eine Arbeit hatte. Und zog wenig später für drei Jahre zu ihm. „Ich musste auch erst die Sprache lernen, bevor ich in Frankreich als Krankenschwester arbeiten konnte“, sagt sie. Denn ohne Sprachkenntnisse ging es auch für die Deutsche im Ausland nicht. 2010 wurde in Weißenfels geheiratet. Doch wegen eines Krankheitsfalles in der Familie zog das Paar 2012 zurück nach Deutschland.

Weißenfelser Gastfreundlichkeit

Nun musste Guiga Deutsch lernen, denn bisher hatte sich das Paar in einer Mischung aus Englisch und Französisch unterhalten. „Wir hatten da unsere eigene Geheimsprache“, sagt seine Frau Jessica und lacht. „Doch in Weißenfels haben wir ihn am zweiten Tag auf die Sprachschule geschickt.“ Und so beherrschte Guiga neben Arabisch, Französisch, Englisch und Niederländisch auch bald Deutsch.

In seiner neuen Heimat gefällt ihm vor allem die Ordnung und die Sauberkeit in den Straßen. Und gerade die Weißenfelser seien sehr gastfreundlich, Probleme habe er nie gehabt. Und noch etwas mag er: „Die Rinderrouladen von meiner Schwiegermutter sind echt lecker“, sagt Anis Guiga. Allerdings vermisst der Hobbykoch einige Zutaten für die Tunesische Küche. Und auch die Winter sind ihm zu kalt.

Teamleiter bei Zorbauer Großhändler

Einen Job fand er beim Großhändler Chefs Culinar in Zorbau. „Ich hatte mich als Lkw-Fahrer beworben, aber als die meinen Lebenslauf gesehen haben, wurde ich im Qualitätsmanagement eingestellt“, so der Lebensmitteltechniker. Seine Familie besitzt in Tunesien Plantagen, so dass er sich beim Thema Obst und Gemüse auskennt. Nun ist er Teamleiter und hat neun Mitarbeiter unter sich.

Auch im Freizeitbereich klappte es mit der Integration, seit Guiga beim WFV Schwarz-Gelb Fußball spielt. „Ich habe in Tunesien aktiv in der Jugendliga gespielt und wollte Fußballprofi werden.“ Auch die Aufnahmeprüfung für eine Sportschule hatte er schon bestanden. „Aber mein Vater hat es verboten, weil ich etwas Richtiges lernen sollte“, sagt Anis Guiga und lacht.

Dolmetscher beim Fußballtraining

Mit seinen Sprachkenntnissen unterstützte er bald den Verein. Denn als Flüchtlinge bei Schwarz-Gelb anfingen, konnte er beim Training dolmetschen. Zurzeit verfolgt er mit Begeisterung die Europameisterschaft im Fernsehen, auch wenn zwei Herzen in seiner Brust schlagen. „Ich bin gleichzeitig für Deutschland und für Frankreich“, sagt er. Und falls die Mannschaften gegeneinander spielen, will er zu Hause beide Fahnen aufhängen.

Nach seiner Einbürgerung im Landratsamt wurde aber zunächst die Deutsche Nationalhymne gesungen. Den Text kann Guiga mittlerweile auswendig. Wobei Integrationsleiter Thomas Rode den Satz prägte: „Ich habe noch nie jemanden gesehen, der bei der Hymne so verliebt geguckt hat“, womit er Ehefrau Jessica meinte. Denn sie war auch ein bisschen stolz, dass ihr Mann nun Deutscher ist. (mz)