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Des Meisters Liebling Des Meisters Liebling: Warum die Sanierung der Ladegastorgel so aufwendig ist

Von Andrea Hamann-Richter 14.05.2020, 05:00
Kai Schmidt (l.) und Thomas Piontek vor dem leeren Orgelgehäuse in der Weißenfelser Marienkirche
Kai Schmidt (l.) und Thomas Piontek vor dem leeren Orgelgehäuse in der Weißenfelser Marienkirche Andrea Hamann-Richter

Weissenfels - Es braucht derzeit noch viel Fantasie, um sich die Ladegastorgel in der St.-Marienkirche in Weißenfels als eines der bedeutendsten Musikinstrumente der Romantik vorzustellen. Von ihr steht derzeit nämlich nur noch das Prospekt, das ist ihre Hülle, auf der Empore. Dort, wo früher die Pfeifen installiert waren, gähnen nur noch leere Öffnungen.

Gerade das aber macht Kantor Thomas Piontek und den Gemeindekirchenratsvorsitzenden Kai Schmidt glücklich. Bedeutet es doch, dass es vorangeht mit der Sanierung dieses Lieblingsstücks ihres Erbauers Friedrich Ladegast. Denn die Orgel hatte schon lange nicht mehr so geklungen, wie Ladegast sie einst ursprünglich konzipiert hatte. Es erinnerte nicht mehr viel an ihre Klangfarbe, die sie noch hatte, als sie im Jahr 1864 eingeweiht worden war.

Die Orgel war das Prestigeobjekt von Friedrich Ladegast

Thomas Piontek und Kai Schmidt erzählen, warum das so ist. Ein Teil der Pfeifen waren nicht mehr die ursprünglichen, weil die Originale im Krieg für Munitionsmaterial eingeschmolzen worden waren und sie später nur provisorisch wieder ersetzt wurden. Ein weiterer Grund war, dass Kantoren, die die Orgel in den verschiedenen Jahrzehnten bespielten, sie jeweils ihrem eigenen Klanggeschmack der Zeiten, in denen sie wirkten, anpassten - sie sozusagen immer wieder modernisierten

Im vorigen Jahrhundert habe es schätzungsweise insgesamt vier bis fünf Umbauten gegeben. Dabei seien auch die 41 Register auf ihren drei Manualen verändert worden, sagt Thomas Piontek. Es war aber der ursprüngliche Klang, den Ladegast so liebte und dieser soll nun auch wieder hergestellt werden. „Die Orgel war das Prestigeobjekt von Friedrich Ladegast. Sein Herz hing besonders an ihr, weil sie in Weißenfels steht und weil er Weißenfelser war“, erklärt Thomas Piontek.

Sanierung der Ladegastorgel St.-Marienkirche in Weißenfels ist ein Mammutprojekt

„Hier schaut die ganze Welt drauf“, fügt er mit Blick auf die Orgel an. Menschen aus allen Teilen der Erde hätten das Musikinstrument schon besucht, er nennt mit Gruppen aus Frankreich und Kanada nur zwei Beispiele. Die Sanierung ist ein Mammutprojekt, welches vor einem Jahr startete. Die 5.000 Orgelpfeifen und 41 Register wurden ausgebaut, insgesamt wurden etwa 10.000 Teile demontiert.

Sie befinden sich derzeit zum größten Teil und sorgfältig dokumentiert bei der Spezialfirma Eule in Bautzen, wo sie restauriert oder rekonstruiert werden sollen. Die Fachleute seien daher derzeit intensiv auf der Suche nach originalen Pfeifen, die später wieder in das Register eingesetzt werden - oder sie bauen diese für die Ladegastorgel nach, sagt Kai Schmidt.

Originalfarbe dunkel: Weißen Anstrich zu entfernen, ist jedoch zu aufwendig

Es werden aber nicht nur Pfeifen und Register saniert und ersetzt. Fachleute entfernten an einigen Stellen am Gehäuse den weißen Anstrich. Sie entdeckten, dass es ursprünglich aus dunklem Holz besteht und deshalb soll die Hülle auch wieder so aussehen. Die übrige Farbe zu entfernen, ist jedoch zu aufwendig, aber es wurde schon eine gute Lösung gefunden:

Die Oberfläche wird mit einer sogenannte Bierlasur versehen. Diese ähnelt täuschend der ursprünglichen Farbe und Maserung. Dafür benötigen die Initiatoren noch Spenden, denn die Bearbeitung des Gehäuses kostet ungefähr 50.000 Euro. Den Hauptanteil übernimmt die Evangelische Kirche. 10.000 bis 15.000 Euro fehlen aber noch, so Kai Schmidt.

Weitreichende Unterstützung für Sanierung

Der andere Teil der Sanierung der Orgel ist mit 510.000 Euro veranschlagt. Die Hälfte davon kommt vom Bund. Die andere Hälfte steuern die Kirchengemeinde, die Landeskirche, der Förderverein der Ladegastorgel und viele kleine Geldgeber bei. Vor einigen Tagen gab es beispielsweise die Zusage von der Stiftung „Orgelklang“, dass sie die Sanierung mit 9.000 Euro unterstützen möchte.

„Wir freuen uns über jeden Cent“, sagt Kai Schmidt. Alle, die an dem Projekt beteiligt sind, eint der Wunsch, dass die imposante Orgel wieder ihre Stimmkraft entfaltet, wie vor 156 Jahren, als sie zum ersten Mal in der Weißenfelser Kirche erklang.

In Köthen befindet sich ebenfalls eine Ladegastorgel

Wenn die Register, Pfeifen und die anderen Teile wieder ihren Platz in dem Prospekt gefunden haben, beginnt die Intonierung. Das heißt, die Pfeifen und Register werden genau aufeinander abgestimmt, bis sie endgültig miteinander harmonieren.

Dazu wird Kantor Piontek auch nach Köthen fahren und sein geschultes Ohr einsetzen. Dort befindet sich nämlich ebenfalls eine Ladegastorgel, die der Weißenfelser vom ursprünglichen Ton sehr nahe ist. Läuft dann alles nach Plan, kann Ostern 2021 die Wieder-Einweihung gefeiert werden. (mz)