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Branchenbuch ist Zeugnis stürmischer Anfangsjahre

Von HEIKE RIEDEL 29.03.2010, 18:24

WEISSENFELS/MZ. - Seit 20 Jahren ist die Industrie- und Handelskammer (IHK) Halle - Dessau in Weißenfels vor Ort. Dafür erhielt Geschäftsstellenleiter Hans-Jürgen Stößer jetzt vom IHK-Hauptgeschäftsführer Peter Heimann eine Urkunde für "20 Jahre pflichttreu geleistete Arbeit".

Stößer war es, der mit seiner kleinen Mannschaft die IHK im Süden des Landes zu einem starken Partner von Unternehmen und ganz besonders von Existenzgründern gemacht hat. Im Januar 1990 wurde er 39-jährig an die Spitze der in Weißenfels neu entstehenden Interessenvertretung von damals 350 noch in der Handels- und Gewerbekammer organisierten Unternehmen gewählt. Am 1. März nahm dann die IHK-Geschäftsstelle in der Naumburger Straße mit vier Mitarbeitern ihre Arbeit auf. Zum Jahresende hatte sie 2000 Betriebe hinter sich, 1994 fast 13 000.

Lachend weist der Roßbacher heute ein gelb eingebundenes Branchenbuch vor. "Ein Exemplar habe ich als Chronist nicht vernichtet", gesteht Stößer ein. Er hatte sich in den stürmischen Jahren des Wandels zu weit nach vorn gewagt, als er 1990 dieses Verzeichnis von Firmen der Kreise Naumburg, Nebra, Zeitz, Hohenmölsen und Weißenfels zusammenstellte, mit dem er den gelben Seiten der Telekom zuvorkam. "Es gründeten sich so viele neue Unternehmen und so viele erhielten Telefonanschluss. Aber es dauerte einfach zu lange, bis sie ins Telefonbuch kamen", schaut Stößer zurück. Einige tausend

Exemplare des Branchenbuchs gingen damals raus, doch der Rest musste nach dem Einspruch der Telekom vernichtet werden.

"Wir wurden gebraucht. Obwohl wir auch selbst noch Lernende waren, haben wir Beratungen zu allen Fragen von Unternehmen durchgeführt, vor allem aber zu Existenzgründungen", sagt Matthias Walther, der 1991 hinzukam, als das Team auf sechs Mitarbeiter erweitert wurde. Die Statistik 1990 bis 1994 spricht von der bewegten Zeit: 4 643 Existenzgründungsberatungen und 756 Betriebsberatungen wurden durchgeführt, 2 836 fachliche Stellungnahmen erarbeitet, 14 730 Gewerbeanmeldungen, 8 114 -abmeldungen und 3 629 Gewerbeummeldungen bearbeitet.

Durch Kontaktmessen wurden Unternehmen aus Ost und West zusammengebracht und auf Wirtschaftstagen Erfahrungen ausgetauscht. Ein Konsultationsstützpunkt Wirtschaftsförderung nahm die Arbeit auf und der Weißenfelser Wirtschaftsstammtisch geboren. Die internationalen Kontakte nach Most in Tschechien haben 1991 ihren Anfang genommen. Unternehmerreisen ins Ausland, nach Polen und Litauen, wurden organisiert, zur Förderung des Absatzes einheimischer Produkte Messen und Ausstellungen genutzt. Vielfältig waren die Bildungs- und Weiterbildungsangebote.

20 Jahre wurde dieser Weg konsequent weiter gegangen. Die Probleme haben sich mittlerweile verändert. So ist die IHK heute zu vielen Betriebsjubiläen eingeladen und da kommt immer öfter die Unternehmernachfolge ins Gespräch. Nicht überall ist sie geklärt.

Der zwischen Merseburg und Zeitz wirkende Geschäftsstellenbereich ist der größte im IHK-Bezirk Halle-Dessau. Er betreut 14 000 der 52 479 Unternehmen im IHK-Bezirk Halle-Dessau. "Binnen ein, zwei Tagen bekommen Existenzgründer bei uns einen Termin und nach der Beratung - soweit ihre Unterlagen vollständig sind - auch sofort unsere Stellungnahme", spricht Stößer stolz für sein heute wieder vierköpfiges Team. Im vergangenen Jahr hat es 670 Einzelberatungen durchgeführt, davon 364 für Existenzgründungen.

"Ich ziehe vor jedem den Hut, der sich selbstständig macht", sagt Stößer. 80 Prozent der Existenzgründer kämen aus der Arbeitslosigkeit, berichtet er. Auch wenn sie in der Selbstständigkeit oftmals nicht mehr Geld erhielten, als ihnen zuvor zur Verfügung gestanden habe, dass sie aktiv würden und ihr Schicksal in die Hand nähmen, das anerkenne er hoch.