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626 Euro Rente ist noch zu viel Aufstocker im Burgenlandkreis: Weißenfelser bekommt trotz knapper Rente nichts vom Sozialamt

Von Klaus-Dieter Kunick 07.02.2017, 12:02
Rainer Wanzke vor seinem Zuhause in Weißenfels. In den Händen hält er seinen Rentenbescheid.
Rainer Wanzke vor seinem Zuhause in Weißenfels. In den Händen hält er seinen Rentenbescheid. Michael Thomé

Weißenfels - Rainer Wanzke erhält eine karge Rente - 626 Euro überweist ihm die Rentenversicherung monatlich. Davon sind unter anderem noch Wasser- und Stromkosten zu zahlen, der Schornsteinfeger, Abwasser und, und, und. Ein warmes Mittagessen? Hat er oftmals nicht.

Was also liegt näher, als um Unterstützung zu bitten. Das kommt nicht nur für Rainer Wanzke in Betracht, er ist nicht der einzige Senior, der im Sozialamt der Kreisverwaltung in Naumburg vorspricht. Das tun monatlich in etwa 100 vorwiegend Ältere, die annehmen, möglicherweise von dort unterstützt zu werden.

Mehr Menschen im Burgenlandkreis auf Geld vom Sozialamt angewiesen

Wie vielen tatsächlich geholfen wird, kann Sachgebietsleiterin Jana Trillhose nicht sagen, da es darüber keine Statistik gebe. Fakt ist, dass viele Menschen im Burgenlandkreis auf Hilfe angewiesen sind: Waren es 2010 beispielsweise noch 1.080 Personen, stieg diese Zahl 2015 bereits auf 1.319 Menschen. Die Kosten beliefen sich 2013 auf 5,2 Millionen Euro, 2015 waren es dann schon 6,4 Millionen Euro.

Dass die Kosten in diesem Jahr weiter ansteigen werden, davon geht die Kreisverwaltung in Naumburg fest aus. Steigende Kosten hat allerdings auch Rainer Wanzke, denn nichts bleibt wie es ist - auch die Gebühren werden nicht geringer.

Rainer Wanzke bekommt trotz karger Rente keine Hilfe vom Sozialamt

Er überreicht im Sozialamt Sachbearbeiterin Stefanie Kühnert und Jana Trillhose alle notwendigen Unterlagen wie den Rentenbescheid, Gebühren für Müll und Abwasser oder auch den letzten Bescheid vom Jobcenter.

Er blickt hoffnungsvoll zu Stefanie Kühnert, die sich sofort an den PC setzt und alle Kosten prüft. „Haben Sie noch einen Kredit laufen?“, will sie wissen. Der Weißenfelser verneint. Ein klares Nein kommt nach kurzer Zeit allerdings auch von ihr: Die Rente von Rainer Wanzke ist, salopp gesagt, immer noch zu hoch.

Hätte er höhere Ausgaben von 200 Euro für sein Wohnhaus, könnte er mit 70 Euro Mehreinnahmen von der Behörde rechnen. „Ein klein bisschen enttäuscht bin ich“, erklärt er. Insgeheim hatte der Weißenfelser damit gerechnet, ein paar Euro vom Sozialamt zu erhalten. Leider nein.

Heizung kaputt: Rainer Wanzke heizt nur einen Raum in seinem Haus

Aber Rainer Wanzke plagen noch weitere Sorgen: Seine Heizung ist defekt. Damit er nicht den winterlichen Temperaturen ausgesetzt ist, heizt der 63-Jährige lediglich einen Raum mittels eines kleinen Heizstrahlers. „Aber so wenig wie möglich, damit die Stromkosten im Rahmen bleiben.“

Laut der in Gütersloh ansässigen Bertelsmann-Stiftung stieg der Anteil der armutsgefährdeten Menschen in Deutschland bei den über 65-jährigen Frauen und Männern von 10,4 Prozent 2006 auf 14,3 Prozent im Jahr 2013.

Viele Menschen müssen komplett von Hartz-IV-Leistungen leben oder der eigene Verdienst reicht nicht aus, andere haben eine magere Rente, arbeiten daher weiter. In einer Artikelfolge geht die MZ der Frage nach: Wie kommen sie zurecht? Die Beiträge widmen sich aber auch dem, was die Politik tut.

Wollen Sie über ihre Erfahrungen berichten, dann schreiben Sie uns: MZ-Lokalredaktion Weißenfels, Markt 7, 06667 Weißenfels oder per E-Mail an: [email protected].

Frage: Wie kommt der Weißenfelser hier aus der Klemme? Eine Heizungsfirma würde sich den Schaden anschauen und einen Kostenvoranschlag erstellen. Das Sozialamt würde dann ein Darlehen reichen - verbunden mit der Konsequenz, dass Rainer Wanzke das zurückzahlen muss. Kann er das nicht, muss er sein Haus verkaufen.

Der Weißenfelser müsste sein Mehrfamilienhaus vermieten - hat aber Angst vor hohen Sanierungskosten.

Doch es gilt, eine weitere Hürde zu überspringen: Da in seinem Mehrfamilienhaus weitere drei Familien wohnen könnten, aber das aufgrund des hohen Sanierungsbedarfs nicht möglich ist, würde das Sozialamt ihm die Frage stellen, ob der Wohnraum für ihn persönlich angemessen ist. Ist er nicht, das weiß auch Rainer Wanzke.

In dem Fall würde ihm der Gesetzgeber sagen, dass er das Haus „verwerten“ müsse. Zu gut Deutsch verkaufen oder Mieter aufnehmen. Doch all das will der 63-Jährige nicht.

Verkauf seines Elternhauses kommt für Rainer Wanzke nicht in Frage

Würde er zum Beispiel Mieter aufnehmen, wäre ein hoher Kredit die Folge. Denn der Sanierungsbedarf sei hoch, das Gebäude sei auf dem Stand der 1950er Jahre. „Das Haus verkaufen, geht auch nicht, denn im Juli dieses Jahres wohne ich dort 50 Jahre. Es ist mein Elternhaus, mit dem ich viele Erinnerungen verbinde“, erzählt Rainer Wanzke.

Jana Trillhose erteilt den Rat, in der Wohngeldstelle der Stadtverwaltung Weißenfels vorzusprechen, um dort prüfen zu lassen, ob eventuell ein Lastenzuschuss für die Unterhaltung des Hauses möglich ist.

In der Wohngeldstelle in Weißenfels vollzieht sich im Wesentlichen das gleiche Prozedere: Prüfen ist angesagt. Prüfen auf Vollständigkeit und Richtigkeit der eingereichten Unterlagen.

Elf Euro Wohngeld von der Stadt

Doch dann das Ergebnis: Elf Euro Wohngeldzulage stehen Wanzke für seine 37 Quadratmeter große Wohnung zu. „Es ist doch besser als gar nichts“, sagt er. Mitarbeiter Ronny Tangel von der Wohngeldstelle stellte alle Ein- und Ausgaben gegenüber. Er bot dem 63-Jährigen sogar an, ihm am nächsten Tag beim Ausfüllen des Antrages zu helfen. Wanzke nahm das Angebot dankend an. (mz)