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129 Millionen Euro Gewerbesteuer-Nachzahlung in Lützen 129 Millionen Euro Gewerbesteuer-Nachzahlung in Lützen: Wie ein Lottogewinn große Schwierigkeiten machen kann

Von Hendrik Kranert-Rydzy 02.02.2016, 18:28
Rathaus in Lützen (Burgenlandkreis)
Rathaus in Lützen (Burgenlandkreis) Peter Lisker Lizenz

Halle (Saale)/Lützen - Eine in Lützen (Burgenlandkreis) ansässige Tochter der Deutschen Bank soll nach Informationen der Mitteldeutschen Zeitung rund 129 Millionen Euro Gewerbesteuer aus den Jahren 2011 bis 2013 an die Kommune nachzahlen. Eine Summe, die nicht nur Lützen sondern auch den Burgenlandkreis mit einem Schlag entschulden würde. Was wie ein Lottogewinn klingt, stellt jedoch die Gemeinde selber, den Landkreis sowie Innen- und Finanzministerium vor erhebliche Schwierigkeiten.

Die Bank verwaltet bei der Tochter in Lützen einen Teil der Altersvorsorgeverpflichtungen gegenüber ihren Mitarbeitern. Nun will die Bank die Steuerbescheide des Finanzamtes Naumburg offenbar anfechten. Doch bis die Verfahren abgeschlossen sind, dürften Jahre ins Land gehen. In dieser Zeit aber muss Lützen nach bisheriger Rechtslage mit dem Geld im wahrsten Sinne des Wortes rechnen. Und das könnte so teuer werden, dass die Kommune am Ende zahlungsunfähig ist. So muss Lützen für den Fall einer Rückzahlung die Summe mit sechs Prozent verzinsen. Macht mehr als sieben Millionen Euro pro Jahr. Lützen hatte nach Angaben der Verwaltung im vergangenen Jahr bereits ein Haushaltsdefizit von fünf Millionen Euro zu schultern.

Finanziell noch gravierender dürften für Lützen aber die Verwerfungen sein, die aus dem komplizierten System des Finanzausgleichs zwischen Land, Landkreis und Gemeinden resultieren. Denn Lützen hat nicht allein Anspruch auf das Geld - schätzungsweise die Hälfte stehen dem Burgenlandkreis als Kreisumlage zu; ein weiterer Teil muss gegen Zuweisungen des Landes verrechnet werden. Die Berechnungen dafür erfolgen rückwirkend - wenn das Geld in diesem Jahr fließt, wird erst 2018 die Kreisumlage für die Gemeinde angehoben. Lützen müsste also für eine Summe, bei der nicht klar ist, ob sie die Gemeinde am Ende behalten darf, Rückstellungen in Millionenhöhe bilden, erklärte ein mit der Materie vertrauter Mitarbeiter der Kreisverwaltung.

Warum Bürgermeister Dirk Könnecke bereits im Sommer 2015 vor fehlenden Reserven warnte, lesen Sie auf der nächsten Seite.

Die Frage ist jedoch, woher Lützen das Geld nehmen soll. Bereits im Sommer 2015 warnte Bürgermeister Dirk Könnecke (parteilos) in einem Schreiben an das Finanzministerium, dass „nicht ausreichend Finanzmittel zur Bildung der erforderlichen Liquiditätsreserve zur Verfügung stehen, schon gar nicht die anfallenden Zinslasten, die die Stadt Lützen bei einem defizitären Haushalt nicht zusätzlich noch erwirtschaften kann“. Damals ging es aber lediglich um die Steuernachzahlung von zehn Millionen Euro aus dem Jahr 2010 - und nicht um die jetzt in Rede stehende zehnfache Summe. Wie die zusammen kommt, ist unklar. Könnecke wollte sich mit dem Verweis auf das Steuergeheimnis gestern nicht äußern.

Die Deutsche Bank bestätigte auf MZ-Nachfrage, mehrere Bescheide über Gewerbesteuernachzahlungen erhalten zu haben, wollte jedoch keine Zahlen nennen. „Die Höhe des Gewerbesteuerbescheides ist strittig und befindet sich in der rechtlichen Klärung“, so ein Sprecher. Man sei jedoch zur Zahlung des strittigen Betrages bereit. Sobald allerdings die rechtliche Position der Bank bestätigt werde, habe man Anspruch auf Rückerstattung. „Allerdings wäre eine solche Zahlung möglicherweise nicht im Sinne der Gemeinde Lützen“, so der Sprecher. Die Bank sei in Gesprächen mit den Beteiligten auf kommunaler und auf Landesebene, um gemeinsam „eine alle Interessen wahrende Lösung zu finden“.

Finanzstaatssekretär Jörg Felgner sagte: „Wir werden die Kommune bei der Suche nach einer Lösung unterstützen.“ (mz)