Vor 400 Jahren Vor 400 Jahren: Caspar Tryller legt den Grundstein für das Neue Schloss

Sangerhausen - Wenn Margot Runge am Neuen Schloss vorbeigeht, fällt ihr eine lateinische Inschrift auf. Sie lautet sinngemäß übersetzt: „Es haben andere für uns gebaut, wir bauen für die nach uns Kommenden. So geben wir, was wir von früher her bekommen haben, pflichtbewusst zurück.“ Darunter stehen die Initialen „C T S“ und die Jahreszahl 1586.
400. Jahrestag vom Baubeginn des Neuen Schlosses in Sangerhausen
Diese Inschrift wird dem Kursächsischen Rentmeister Caspar Tryller (1542-1625) zugeschrieben. Im Rahmen eines szenischen Gottesdienstes stellte Pfarrerin Margot Runge kürzlich Lebensabschnitte der Familie Tryller in Sangerhausen vor. Anlass dafür war der 400. Jahrestag vom Baubeginn des Neuen Schlosses im Jahre 1616.
Das Neue Schloss gehört zu den schönsten Renaissancebauten in der Stadt Sangerhausen. Schmuckstück ist der reich verzierte zweietagige Erker. Er wurde 2005 erneuert. Von 1711 bis 1736 residierte in dem Gebäude der Prinz und spätere Herzog Christian von Sachsen-Weißenfels. Von 1746 bis 1751 wohnte hier die verwitwete Herzogin Sophie Charlotte von Sachsen-Eisenach. Das Gebäude wurde überwiegend für Verwaltungszwecke genutzt. 1835 richtete man das Königliche Land- und Stadtgericht ein. Heute ist es Sitz des Amtsgerichtes Sangerhausen. (hno)
Geplant war dieser Bau bereits für das Jahr 1602. Der kursächsische Hof in Dresden hatte sich vorgenommen, in Sangerhausen eine kurfürstliche Witwenresidenz zu errichten. Man könnte fast meinen, die Idee dazu stammte von Caspar Tryller, dem früheren kurfürstlichen Rentmeister und späteren Vermögensverwalter der verwitweten sächsischen Kurfürstin Sophie von Brandenburg.
„Caspar Tryller hatte bis zu diesem Zeitpunkt bereits fünf nebeneinanderliegende Grundstücke gegenüber dem Rathaus bis zur Schlossgasse erworben“, erzählt Margot Runge. „Das Eckhaus gehörte Peter Cramer, dem zweiten Mann der Superintendentenwitwe Catharina Mosbach.“ Tryller selbst wohnte mit seiner Familie in Emseloh auf einem großen Gut. „Sein gesamter Besitz war steuerfrei“, so Runge. „Ein Privileg, welches ihm Kurfürst Christian I. im Jahre 1588 einräumte.“
Der Baubeginn des Neuen Schlosses verzögerte sich noch bis zum Jahre 1616. Caspar Tryller war zu diesem Zeitpunkt bereits 74 Jahre alt. Trotzdem nahm er dieses große Projekt in Angriff. Auftraggeber, Bauherr und Geldgeber für den Bau der Residenz war Kurfürst Johann Georg I. (1585-1656). An ihn erinnert die große kursächsische Wappentafel mit den Engelsfiguren über dem Hauptportal.
Zur Baugeschichte berichtet Friedrich Schmidt (1865-1933) in seiner Chronik der Stadt Sangerhausen, dass die Architekten der Amtsbaumeister Andreas Schwarz und der Werkmeister Adam Wetzel waren. Die Untertanen der Amtsdörfer mussten für den Bau Frondienste leisten. Das Baumaterial stammte zum Teil von den abgebrochenen Grundstücken und wurde in den Topfsteinbrüchen an der Mittelmühle bei Blankenheim gebrochen.
Kellergewölbe stürzt nach Starregen ein
Das Bauholz kam aus dem Amt Colditz bei Leipzig, die Dachschiefer wurden aus Lößnitz im Erzgebirge geholt. Im Juli 1617 stürzten nach einem Starkregen die Kellergewölbe ein und mussten erneuert werden. Im September fand das Richtfest statt. Eine Tafel in der Torfahrt mit der Jahreszahl 1617 und der Inschrift Caspar Tryller erinnert daran.
Antje Scheeren, Leiterin des Stadtarchivs Sangerhausen, und Mitarbeiterin Carmen Hilbrecht hüten im Archiv einen besonderen Schatz: Dokumente über die Sangerhäuser Familie Tryller von Caspar Tryller. „Das Originaltestament ist laut Chronik bereits 1632 im Dreißigjährigen Krieg verbrannt“, erklärt Scheeren. „Es gibt aber eine jüngere Abschrift davon.“
Ursula Nette aus Leipzig hatte im Oktober 2006 dem Stadtarchiv zwei wertvolle Abschriften überreicht. Caspar Tryller hatte sie im Jahre 1617 der Stadt Saalfeld überlassen. Es handelt sich dabei um die Originalzeichnung eines Stammbaumes der Familie Tryller, der „Fundatio Trilleriana“ (Testament) und einer Familienchronik, der „Genealogia Trilleriana“. Dazu trennte sich Nette noch von einer Druckschrift aus dem Jahre 1889 über die Familie Tryller. Der Verfasser war Ernst Koch.
Es gibt aber noch weitere Dokumente im Stadtarchiv. Darunter ist eine Beschreibung des Schlossbaues aus dem Jahre 1841 und eine von Clemens Menzel angelegte Materialsammlung über die Familie Tryller. Dazu ist noch die Abschrift einer Kurzfassung seines Testamentes erhalten. Von seiner 1613 verstorbenen Frau Catharina, geborene Schillingste(ä)dt, ist eine gedruckte Leichenpredigt überliefert. Ob es von Caspar Tryller und seinen Söhnen Caspar und Heinrich ebenfalls eine gibt, ist nicht bekannt. Die Eintragungen im Sterberegister von Sankt Jacobi sind sehr kurz gefasst. (mz)
1622 wurde der Bau fertiggestellt und Tryller nutzte ihn als Wohnung, wenn er in Sangerhausen weilte. In seinem Testament vermerkte er, dass er die Residenz zusammen mit seinem Gut für 40.000 Gulden an Kurfürst Johann Georg I. von Sachsen verkauft hat.
Viel Lob für den durchaus prächtigen Bau gab es hinterher nicht für Tryller. Der Superintendent und Chronist Samuel Müller (1592-1662) kam im Jahre 1625 nach Sangerhausen. Er fällte in seiner Chronik ein wenig schmeichelhaftes Urteil über das Neue Schloss: „Ein Haus, für einen Bürger zu stattlich, für einen Fürsten zu schlecht und eng. Er hätte besser ein Hospital, als den großen Herren ein Haus gebaut, die haben genug Häuser.“ (mz)
