1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Sangerhausen
  6. >
  7. Lesung: Lesung: Sangerhäuser Comedian stellt neues Buch vor

Lesung Lesung: Sangerhäuser Comedian stellt neues Buch vor

Von Cornelia Fuhrmann 03.04.2013, 16:18
„Mein Lieblingswort aus der Heimat ist ’Meiner’“, erklärt Comedian Nils Heinrich.
„Mein Lieblingswort aus der Heimat ist ’Meiner’“, erklärt Comedian Nils Heinrich. Privat Lizenz

Sangerhausen/MZ - Ja, es ist zugespitzt, aber durchaus eine treffende Aussage: „Wir hatten nix, außer Umlaute“ heißt das neueste Buch von Nils Heinrich. Am 4. April wird der Kabarettist daraus im gerade erst kürzlich wiedereröffneten Kino am Kornmarkt lesen. Und damit in seiner Heimatstadt. Daher darf er seinem Buch auch einen solchen Titel geben, schließlich hat er seine Kindheit und „Kreisstadtjugend“ bis zum 18. Lebensjahr in einem Land verbracht, das es nicht mehr gibt: in der DDR - und tatsächlich auch bis nach der Wende in Sangerhausen. Eine Autobiografie der etwas anderen Art sozusagen.

In der hiesigen Region gibt es ja bekanntermaßen besonders ausgeprägte Umlaute. „Mein Lieblingswort aus der Heimat ist ’Meiner’“, sagt Nils Heinrich, und jeder wird nun vermutlich auch die Aussprache und Tonlage im Ohr haben. Bei den Umlauten will er sich hingegen nicht festlegen, die mag er alle drei. Den Dialekt des Mansfeldisch-Sangerhäuserischen erkenne man sofort, wenn man ihn höre, und sei er zu Besuch, müsse er aufpassen, nicht sofort wieder in ihn zu verfallen, so Heinrich. Es strahle auch so eine Grundgemütlichkeit aus, findet er. Unwissenden empfehle er als Einführung in die Sprache Elsterglanz. Natürlich nicht das Putzmittel, sondern das Mundart-Duo, das mittlerweile jeder kennen dürfte.

Lesung mit Nils Heinrich am 4. April, 19 Uhr, im Kino Movie Star Central, Kornmarkt, Sangerhausen. Kartenbestellung über „Das gute Buch“, Telefon 03464/57 29 02

Doch Heinrich schreibt nicht nur Bücher, sondern erobert auch als Kabarettist das Fernsehen und die Bühnen des Landes, und zwar in Ost und West. „Das DDR-Thema geht schon sehr gut, weil man auch in westdeutschen Städten immer Leute aus dem Osten im Publikum sitzen hat“, berichtet er über seine Erfahrungen.

Dass er mal auf den Bühnen der Republik landen würde, war nach einer Lehre als Konditor - noch zu DDR-Zeiten bei der Handelsorganisation (HO) begonnen und in den Wendewirren gerade noch so beendet - nicht unbedingt absehbar. Obwohl der Sangerhäuser, der nach Stationen in Augsburg, Hannover, Stuttgart oder München, nun in Berlin lebt, schon immer zum Radio wollte, wie er sagt. „Ich wollte nie Bergarbeiter oder Schlosser werden“, sagt er in Anspielung auf die damals für die Region sehr typischen und fast schon vorbestimmten Berufe.

Sein neues Buch habe er auf Anfrage des Rowohlt-Verlages geschrieben. Es basiert auf seinem Hörbuch „Als ich ein FDJler war“, ist aber überarbeitet und mit neuen Geschichten ausgestattet. „Es geht um ganz alltägliche Sachen“, sagt er. Die sind in einzelne chronologische Kapitel verpackt und handeln beispielsweise von Aufenthalten in Ferienlagern, Erlebnissen in der Backstube (nichts für schwache Nerven und erst recht sollten Liebhaber der damaligen Eierschecke aus jener Bäckerei lieber weiterblättern ...) oder auch seiner Arbeitslosigkeit und der Jobsuche nach der Wende.

Nun ist er - dank der geschichtlichen Entwicklung vor 23 Jahren, muss man ja sagen - Kabarettist, verheiratet, seit kurzem Vater und seine konditorischen Tätigkeiten beschränken sich auf Rührkuchen. „Und was ich richtig gut kann, sind Pfannkuchen“, sagt er lachend. Aufgeschrieben ist alles ein wenig überspitzt mit einer Prise Humor, ohne zu verklären oder zu kritisch zu werden. „Es ist eine Art Kultur gewesen, man ist damit geimpft worden und das kann man nicht abschütteln“, sagt er. Schlechte Erinnerungen habe er an die Zeit nicht.

Und auch Nachhilfe gibt es im Buch, oder wer kann sich heute noch an den vollständigen Text der „Pioniergebote“ oder an das FDJ-Gelöbnis erinnern? Eine kleine Kritik muss jedoch auch erlaubt sein, denn „die Umlaute“ in ihrer puren Form kommen im Buch relativ kurz. Aber die Umlaute sind ja gesprochen oder vorgelesen eh viel schöner, als geschrieben.

Nils Heinrich: Wir hatten ja nix, nur Umlaute. Meine Kreisstadtjugend mit Systemwechsel, 8,99 Euro.