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Kinder-Jugendheim "Kupferhütte" Kinder-Jugendheim "Kupferhütte": Familienpaten gesucht

Von Helga Koch 17.05.2016, 12:22
Vor anderthalb Jahren haben sich Julia und Gerhold Lilleike aus Allstedt kennengelernt. Die Elfjährige geht gern mit in den Garten.
Vor anderthalb Jahren haben sich Julia und Gerhold Lilleike aus Allstedt kennengelernt. Die Elfjährige geht gern mit in den Garten. Maik Schumann

Allstedt - Julia hat den Tisch gedeckt. Gerhold Lilleike verteilt Eis in Schälchen, gießt Kakao oder Kaffee ein und erzählt, wie sie sich vor anderthalb Jahren kennengelernt haben. Genauso erinnert sich die Elfjährige daran: „Als ich aus der Schule kam, war er da.“ Der 62-jährige Allstedter hat eine Patenschaft für sie übernommen, denn das Mädchen war von kleinauf die meiste Zeit im Heim. „Wir beide kämpfen uns schon durch“, sagt er und lächelt ihr aufmunternd zu.

Soziale Betätigung

Als der gelernte Kranführer vor zwei Jahren in Altersteilzeit ging, sei es eine Umstellung gewesen, sagt er. Die vielen sozialen Kontakte, die er während der Arbeit hatte, vermisste er und überlegte, sich sozial zu betätigen. „Ich hatte eine gute Kindheit, in der es mir an nichts gefehlt hat.“ Ehefrau Gudrun brachte ein Faltblatt vom Verein TILL mit nach Hause. Der Dittichenröder Verein Tiergestütztes Leben und Lernen (TILL) engagiert sich im sozialen Bereich.

Beim Vereinsfest auf dem Reiterhof in Sittendorf erfuhr Gerhold Lilleike mehr über den Verein und die Möglichkeit, Familien- oder Sozialpate zu werden. „Ich wollte reinriechen, vielleicht Familien helfen, die Probleme mit der Post oder Behörden haben.“ Doch schon ein paar Tage später kam der Anruf, es würden dringend Familienpaten gesucht. Gerhold Lilleike absolvierte die Lehrgänge, legte das erweiterte Führungszeugnis vor. Es folgten Absprachen mit dem Jugendamt und dem Kinder- und Jugendheim „Kupferhütte“. Julias Mutter, die aus gesundheitlichen Gründen ihre Tochter nicht betreuen kann und selbst Hilfe braucht, stimmte zu. Andere Verwandte hat das Kind nicht. Im Heim traf der Allstedter Julia zum ersten Mal.

Spaß und Pflichten

Schon am nächsten Sonntag holte das Ehepaar das Mädchen aus dem Heim ab. Sie fuhren zusammen nach Sittendorf zu den Pferden und beobachteten die Kraniche am Stausee. Es war der erste gemeinsame Ausflug, weitere folgten. „Es ist am schönsten, wenn wir was unternehmen“, sagt das Mädchen. Und die Ausflüge zum Reiten mag die Elfjährige ganz besonders.

An den Wochenenden ist Julia seitdem oft in Allstedt, genau wie in den Ferien. Sie hat ein eigenes Zimmer, das muss sie in Ordnung halten. Die Erwachsenen spricht sie mit den Vornamen an, und sie hat nun sogar eine Oma. „Oma Gilli“, Gerhold Lilleikes Mutter, wohnt mit im Haus. Sonntags frühstücken sie immer alle zusammen. Genau wie im Heim hat Julia auch bei ihrer Allstedter Familie einige Pflichten. Sie deckt den Tisch und räumt ab, hilft im Garten beim Gießen, pflanzt mit Gerhold Lilleike Salat oder Kohlrabi. Sie spielen zusammen Mau-Mau oder Uno. Sie schauen mal eine DVD, etwa „Nachts im Museum“, wie Julia verrät. Gerhold Lilleike geht mit ihr zum Frisör und hat sie begleitet, als ihre Weisheitszähne gezogen werden mussten. Über Pfingsten ist sie mit zu Lilleikes erwachsenem Sohn nach Heidelberg gefahren.

Selber wieder jung werden

Die Woche über lebt Julia im Heim, sie geht in Sangerhausen zur Pestalozzischule. Sie teilt sich mit der 13-jährigen Lisa ein Zimmer, beide mögen die Twilight-Bücher und Harry Potter, hören gern Radio.

Familienpaten sind ehrenamtliche Helfer, die vorrangig Familien betreuen, bei denen es durch bestimmte Faktoren zu möglichen Überlastungen gekommen ist.

Die Paten können für ein besseres Miteinander hilfreich zur Seite stehen. Eltern wird bei Behördengängen geholfen und sie werden über Beratungsmöglichkeiten informiert.

Die Freiwilligen spielen mit den Kindern, lesen vor, unterstützen bei den Hausaufgaben oder gestalten die Freizeit mit.

Ansprechpartner für den Sozialraum Sangerhausen ist der Verein

TILL, Telefon 0177/9248076, und für Eisleben/Hettstedt der Kinderschutzbund Mansfeld-Südharz, Telefon 03475/604103.

„Ich habe in den Sommerferien Geburtstag“, sagt Julia. Bald wird sie zwölf und würde gern eine Party feiern, sagt sie schüchtern. Ihre Erzieher aus dem Heim, die frühere Sophie, die früher dort ihr Freiwilliges Soziales Jahr gemacht hat, und den Freund ihrer Mutter würde sie gern einladen. Der Allstedter zwinkert ihr zu und nickt: „Da bist du auf jeden Fall bei uns.“ Julias Familienpate zu sein, habe ihm sehr viel gegeben und neue soziale Kontakte ermöglicht. „Man wird auch wieder ein bisschen jung, bei Denkweisen, Kleidung und Musik.“ (mz)