1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Sangerhausen
  6. >
  7. Goethegymnasium Kelbra: Goethegymnasium Kelbra: Als Soldat in Afghanistan

Goethegymnasium Kelbra Goethegymnasium Kelbra: Als Soldat in Afghanistan

04.02.2004, 21:21

Kelbra/MZ/sro. - Das Desktop-Bild zeigt vor der rot untergehenden Sonne die Silhouetten von Männern und eine aufgebautes Maschinengewehr. Das Bild hat sich Rößler aus dem Internet heruntergeladen. Es erinnert ihn an seinen Einsatz in Afghanistan.

Rößler will den Mädchen und Jungen der 10a des Goethegymnasiums davon berichten, "um das Erfahrene selbst verarbeiten zu können". Mit Krieg und seinen Folgen hatten die Gymnasiasten bisher nicht direkt zutun. "Im Westen nichts Neues" haben sie im Deutschunterricht behandelt, aus den Medien kennen sie die Krisenherde der Welt. Ob es ihnen nahe geht?

Dieser 21-Jährige, den sie selbst noch als Mitschüler kennen, war 183 Tage in solch einem Krisengebiet im Einsatz. "Ich wollte die Erfahrung machen, meine persönlichen Grenzen austesten", beschreibt er seine Gründe, freiwillig nach Afghanistan zu gehen.

Anhand von Bildern schildert Michael Rößler Details: "Dienst rund um die Uhr . . . Tropische Temperaturen ohne Klimaanlage im Zelt . . . Die Menschen sind arm, aber gastfreundlich . . . Sie leben wie im 18. / 19. Jahrhundert . . ." Er gehörte zu einem Bataillon, das Telefonnetze aufbaut. Dadurch lernt er Soldaten verschiedener Nationen kennen, die im Auftrag ihrer Regierungen Aufbauhilfen leisten.

Die Schüler hören auch, mehr indirekt, von seiner ständigen Angst. Besonders die Tage um den 11. September mit ihren Anschlägen in Kabul haben sich ihm ins Gedächtnis eingegraben. Ihm selbst ist nichts passiert und er sagt offen: "Zum Glück kam ich nicht in die Situation, wo ich hätte schießen müssen." Niemand fragt ihn, ob er es "gekonnt" hätte.

Martin Vorberg will wissen, ob er "sich wieder freiwillig melden" würde. Michael Rößler sagt: "Ja". Allerdings diesmal in Übereinstimmung mit seiner Freundin. Immerhin sei er von sieben Kumpels seiner Truppe der Einzige, der seine Freundin jetzt noch hat. Von allen anderen haben sich die Freundinnen "verabschiedet".

Der Einsatz in Afghanistan hat den jungen Mann über das Leben nachdenken lassen. Die ersten Nächte zu Hause konnte er nicht schlafen, weil "der Fluglärm fehlte". Mittags wurden immer die Minen gesprengt, "das hat unsere Mittagszeit eingeläutet". Er weiß nun Entbehrungen und vor allem Trennung von Freunden und Familie einzuschätzen.

Ab Oktober will er Bioingenieurwesen studieren. "Wenn ich mich anstrenge, bin ich mit 26 fertig", erklärt er sein künftiges Ziel.