Albert-Schweitzer-Familienwerk e. V Albert-Schweitzer-Familienwerk e. V: Oase für zwölf junge Leute
Sangerhausen/MZ. - Und für die zwölf Kinder und Jugendlichen, die von den Pädagogen Thomas Müller, Konstanze Böhme, Astrid Holz und der Hausmutter Elisabeth Appel betreut werden, ist es so, als sei es ihr eigener Geburtstag. Alle zusammen begrüßten deshalb die Gäste mit einem selbst gestalteten Programm. Dabei konnte jeder zeigen, was er besonders gut kann. Dafür gab es viel Applaus. Auch von Kathrin Hartinger, die das Kinder- und Jugendhaus "Kupferhütte" Sangerhausen, zu dem die Tagesgruppe gehört, leitet. "Der Auftritt verlangt ihnen Höchstleistungen ab", weiß sie: "Aus sich herauszugehen, sich vor anderen zu präsentieren, fällt ihnen vor allem anfangs sehr schwer."
Die Kinder und Jugendlichen im Alter von sechs bis 14 Jahren, die in den meisten Fällen um die zwei Jahre herum in der Tagesgruppe betreut werden, als "schwierig" einzustufen, würde ihnen Unrecht tun. Aber sie haben eins gemeinsam: Probleme. Diese können ganz unterschiedlich sein und reichen von belastenden Lebenserfahrungen, über Störungen des Sozialverhaltens bis zu einer problematischen sozialen Entwicklung, erklärt Tagesgruppenleiter Thomas Müller. Erste Anzeichen dafür seien Verhaltensauffälligkeiten oder der Abfall in den schulischen Leistungen, ergänzt ihn Helga Bätge von der sozialpädagogischen Familienhilfe des ASF. So manches Mal kam schon auf ihren Rat hin ein neuer Schützling in die Gruppe.
Unterschiedlich ist auch der Weg, der die jungen Menschen in die Tagesgruppe führt. Es kann eine Anregung vom Jugendamt sein oder ein Hilferuf der Eltern beim Jugendamt. Aber: Tagesgruppe heißt in erster Linie Freiwilligkeit. "Es ist eine Entscheidung der Eltern, sie müssen es wollen, denn wir sind auf ihre Mitarbeit angewiesen", so Müller weiter. Der Vorteil dieser Betreuungsform für die Kinder, die Hilfe brauchen, liegt vor allem darin, dass sie in der Familie und ihrem sozialen Umfeld bleiben und weiter ihre Schule besuchen.
Die Kinder selbst kommen sehr gern, fühlen sich schnell in der Gruppe, die wie eine Großfamilie ist, mit ihren vielen Angeboten wohl. Bei der Wochenplanung können sie mit entscheiden, wann sie was tun wollen. Aber alles eingebettet in feste Strukturen, die ihnen Halt geben. Müller: "Das beginnt mit dem gemeinsamen Mittagessen und ungezwungenem Plaudern, wie es ihnen geht, was sie erlebt haben." Danach werden Hausaufgaben gemacht. Jeder der drei Pädagogen betreut "seine" vier Kinder. Anschließend geht es in die "gelenkte" Freizeitgestaltung: Vorgaben der Pädagogen werden mit Vorschlägen der Kinder ergänzt und abgestimmt. Die Betreuer haben dabei immer die Entwicklung ihrer Kinder im Blick. Förderlich dafür sind klare persönliche Zielstellungen für die Schule und für Zuhause sowie eine eben so klare Abrechnung oder Einschätzung. "Das Schöne ist, die Kinder lassen sich motivieren", sagt Müller: "Es schreit zwar keiner Hurra, wenn Gruppentherapie auf dem Plan steht, aber sie gehört dazu, wenn die Kinder später den Alltag allein bewältigen sollen, wenn wir ihr Selbstwertgefühl stärken wollen."
Die alte Stadtvilla bietet die besten Bedingungen für die Tagesgruppe: Sie hat viel Platz und trotzdem ist sie gemütlich wie ein Zuhause. Sie liegt zentral, so dass die Kinder den Schulweg allein bewältigen können, ist aber auch für Lehrer und Eltern besser zu erreichen. Auch Kino und Freizeitzentrum sind nah. Im September 1999 ist die Tagesgruppe von der "Kupferhütte" dorthin gezogen. Im Oktober 2001 gab es den Trägerwechsel von der Waisenhausstiftung zum ASF.
Das zehnjährige Bestehen nutzte der Gruppenleiter auch, um all denen zu danken, die die Einrichtung seit Jahren unterstützen: den Mitarbeitern des Jugendamtes, den Lehrern, Direktoren und pädagogischen Mitarbeitern der Schulen, seinen Mitstreitern vom Familienwerk und den Familien der Kinder.
Auch für sie hatte die Tagesgruppe das Programm gestaltet. Es machte Spaß und hilft "ganz nebenbei" den Kindern und Jugendlichen, sich selbst anzunehmen, zu begreifen, ich bin wer, ich kann etwas Besonderes. Wer etwas genauer hingesehen hat, hat noch etwas bemerkt: Hier ein aufmunterndes Kopfnicken, dort die Hand auf der Schulter, da eine leise geflüsterte Starthilfe beim Gedichtaufsagen - Vertrauen, das man sehen kann. Und besondere Kinder auf ihrem zeitweise betreuten Weg ins Leben.