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24-Stunden-Kita geplant? 24-Stunden-Kita geplant?: Betreuungsangebot weckt in Sangerhausen Interesse

Von Karl-Heinz Klarner und Anke Losack 24.10.2016, 10:50
Nachts im Kindergarten? Für Alleinerziehende oder Eltern im Schichtdienst eine Alternative zur fehlenden Oma.
Nachts im Kindergarten? Für Alleinerziehende oder Eltern im Schichtdienst eine Alternative zur fehlenden Oma. Maik Schumann

Sangerhausen - Die breit diskutierte 24-Stunden-Kita in Hettstedt wird offenbar vorerst ein Einzelfall im Landkreis Mansfeld-Südharz bleiben. „Aktuell liegen uns keine weiteren Anträge vor“, sagt Landkreissprecher Uwe Gajowski mit dem Hinweis, dass die Einrichtung in der Kupferstadt gegenwärtig der einzige Anbieter mit einer Rundumbetreuung in der Region ist.

24-Stunden-Betreuungsangebot weckt in Sangerhausen großes Interesse

In Sangerhausen hat das Angebot bereits das Interesse des Stadtelternrates geweckt. „Wir werden auf jeden Fall mit der Einrichtung Kontakt aufnehmen“, sagt die Vorsitzende Anja Reckling. Demnach sei in der Vorstandssitzung angeregt worden, das Konzept detailliert zu beleuchten. Denn in fast jeder der 16 Kindertagesstätten der Kreisstadt gebe es Interessenten für ein Betreuungsangebot des Nachwuchses für 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche, berichtet Reckling. Insbesondere Alleinerziehende und Schichtarbeiter könnten von flexiblen Regelungen profitieren. „Mitunter nehmen Arbeitssuchende Jobangebote gar nicht erst an, wenn aufgrund der Arbeitszeiten die Betreuung der Kinder nicht gesichert ist“, sagt Reckling.

Als in den MZ-Lokalausgaben Hettstedt und Eisleben erstmals über das 24-Stunden-Betreuungsangebot zu lesen war, entfachte sich vor allem bei Facebook eine ganz große Debatte. Die Chefin der Hettstedter Einrichtung war unterm Strich ganz froh darüber, dass sie selbst nicht bei Facebook ist und demzufolge davon nicht so viel mitbekommen hat.

Der erste Artikel wurde auf der Facebook-Seite der MZ mehr als 500 Mal kommentiert. Dabei gehen die Meinungen deutlich auseinander: Sie reichen von fast euphorischer Zustimmung bis zu klarer Ablehnung.

So schreibt die 26-jährige Hettstedterin Anna Eggert, selbst Mutter einer acht Jahre alten Tochter: „Für mich persönlich kommt dieses Angebot zwar zu spät. Aber ich freue mich für alle, die darauf angewiesen sind. Viele sehen das ganz ähnlich. So zum Beispiel Jana Krauße. Sie findet: „Für Schichtarbeiter und Alleinerziehende im Schichtdienst ist das eine super Sache.“ Und ein anderer Nutzer schreibt: „Endlich. Eine richtige Hilfe für berufstätige Eltern und alleinerziehende Mütter. Längst überfällig. Danke. Danke.“

Doch nicht alle sind derart angetan von der Idee. So kommentiert Mareike Hoffmann, selbst berufstätig und Mutter von drei Kindern: „An sich finde ich es gut, andererseits auch traurig.“ Ein richtiges Familienleben gebe es nicht mehr. Andere Facebook-Nutzer gehen in ihrer Kritik noch deutlich weiter. So heißt es in einem Kommentar: „Mir fällt dazu nichts mehr ein. Denken viele mal daran, wie die Kinder sich fühlen, wenn sie um späte Uhrzeiten abgegeben werden? Arme Kinder!“. (mz)

Doch genau darauf zielt die Hettstedter Einrichtung ab. „Natürlich können auch Eltern aus Sangerhausen ihr Kind bei uns betreuen lassen“, erklärt Mandy Hensel von der Kindertagesstätte „Zwergenstübchen“ in Hettstedt. Das Kinderförderungsgesetz Sachsen-Anhalt lasse die freie Wahl des Betreuungsplatzes zu. Dafür muss jedoch beim Landkreis ein Antrag gestellt werden. „Das macht sicher nur Sinn, wenn eine Mutti aus Sangerhausen im Raum Hettstedt arbeitet“, glaubt Hensel. Denn: Eine kurzzeitige Betreuung für ein paar Tage lasse das Konzept der Einrichtung nicht zu.

Dabei ist die Idee gar nicht so neu. Bereits vor drei Jahren gab es die Idee, im Sangerhäuser Ortsteil Oberröblingen eine 24-Stunden-Kita zu eröffnen. Dafür sollte das Bahnhofsgebäude umgebaut werden. Doch das Vorhaben kam über die Planungsphase nicht hinaus. Dafür hat man in Hettstedt jetzt Nägel mit Köpfen gemacht. Denn: „Die Nachfrage war öfter da“, begründet Mandy Hensel den Schritt.

Zwölf Nacht- und Wochenendplätze in Hettstedt vorhanden

In der Kindertagesstätte „Zwergenstübchen“ stehen insgesamt zwölf Plätze für Nacht- und Wochenendbetreuung zur Verfügung. Für die ersten zweieinhalb Jahre bekommt der Trägerverein der Einrichtung finanzielle Unterstützung von insgesamt 440.000 Euro. Die Mittel stammen aus dem Bundesprogramm „KitaPlus - Weil gute Betreuung keine Frage der Uhrzeit ist“, für das sich die Einrichtung beworben hatte und den Zuschlag bekommen hat. Zielgruppen für erweiterte Öffnungszeiten von Kitas sind laut dem Bundesministerium unter anderem Alleinerziehende und Schichtarbeiter. In der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sollen sie durch gute Betreuung für ihre Kinder unterstützt werden.

Mandy Hensel, die gelernte Erzieherin ist, hatte 2006 zusammen mit Familienmitgliedern und Freunden einen Trägerverein gegründet und die Hettstedter Einrichtung „Zwergenstübchen“ im Jahr darauf eröffnet. Das Gebäude hatte sie von der Stadt gemietet, mittlerweile gekauft.

Bedarf an Kita-Plätzen im Landkreis vorhanden

Vier Jahre später eröffnete der Verein, der mehr als 40 Mitglieder hat, noch eine Kita unter gleichem Namen in Eisleben. Dort werden rund 60 Kinder betreut, in Hettstedt sind es 90.

Vor drei Jahren hatte das Jugendamt des Landkreises noch darauf verwiesen, dass bis zum Jahr 2025 kein weiterer Bedarf an Kita-Plätzen bestehen würde. Als Begründung führte das Amt den demografischen Wandel an. Nach aktuellen Zahlen aus der Pressestelle werden gegenwärtig 3.799 Kindern in einem Alter von drei bis sechs Jahren in den Kindertageseinrichtungen betreut. Offiziell verfügt der Landkreis jedoch nur über 3.671 Plätze. Deutlich besser sieht es bei den Plätzen in der Kinderkrippe (bis drei Jahre) aus. Bei einer Kapazität von knapp 8.900 Plätzen sind rund 1.000 Plätze nicht belegt. (mz)