Wieder auf den Baustoff Gips besonnen
Ermsleben/MZ. - Der Baustoff Hochbrandgips ist in den vergangenen 150 Jahren immer mehr in Vergessenheit geraten. Aber findet jetzt immer mehr Anwendung im denkmalpflegerischen Bereich, berichtet Architekt Gerd Srocke, der gerade in der Glockenstube der St.-Sixtus-Kirche zu Ermsleben (Stadt Falkenstein / Harz) einige Probeflächen hat anlegen lassen. Hier seien verschiedene Körnungen ausprobiert worden, soll doch auch die Außenfassade einer Kirche in Wernigerode mit dem Hochbrandgips verputzt werden.
Im Harz gebe es seit über 1 000 Jahren große Gipsvorkommen. Drei oder vier Steinbrüche soll es im Nordharz gegeben haben, so unter anderem auch in Darlingerode, weiß Srocke. Und in der Ziegelei in Westeregeln wurde Gips bis in die 50er Jahre gebrannt. Der Grund, warum man sich jetzt wieder auf diesen traditionellen Baustoff besinnt, ist der, dass die Denkmalpfleger immer öfter mit dem Baustoff konfrontiert werden, der früher im Mauerwerk verarbeitet worden ist. Deshalb ist es nach Meinung von Gerd Srocke wichtig, vor einer Sanierung historischer Bauten zu untersuchen, welcher der Baustoffe Gips enthalten könnte. Eine WTA Arbeitsgruppe, die sich nur mit diesem Thema beschäftigt, hat sich bundesweit gegründet und untersucht den Baustoff auf seine Eigenschaften, um Handwerkern und Planern eine Anleitung für den Umgang und den Einsatz von Gips in die Hand zu geben.
Unter anderem wurde auch die Fassade der St.-Johannis-Kirche in Wernigerode mit Gips saniert, der aus der Ziegelei Hundisburg kam. Hier werde Gips noch traditionell gebrannt, berichtet Srocke. Gebrannter Gips ist neben Kalk und Lehm eines der ältesten nachweisbaren Bindemittel. In Gegenden mit Gipsvorkommen wurde seit der Antike Gipsgestein abgebaut, gebrannt, zerkleinert, zu Mörtel gemischt und erfolgreich im Innen- und Außenbereich, aber auch für Kunstgegenstände verwendet. Von der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts an wurde Gips dann durch Zement im Außenbereich zurückgedrängt.
Historischer Hochbrandgips wurde vor allem wegen seiner hohen Härte und Verwitterungsbeständigkeit im Außen- und Innenbereich geschätzt und unterschied sich in seinen Materialeigenschaften wesentlich vom heutigen, im Baustoffhandel erhältlichen niedrig gebrannten Gips. Die Verarbeitung von Hochbrandgips erfolgt ausschließlich in handwerklicher Technik.