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Vom Chefsessel in das Gewächshaus

Von Detlef Horenburg 24.03.2006, 16:15

Quedlinburg/MZ. - "Es fehlen mir nur eineinhalb Monate, dann hätte ich die vier Jahrzehnte Arbeit in Quedlinburg vollenden können", sagt Klaus-Peter Eigenbrod. Dennoch ist er nicht traurig, wenn er am Freitag das letzte Mal seine Arbeitsstätte aufsucht. Immerhin kann der Geschäftsführer des kommunalen Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserentsorgung Ostharz Quedlinburg (ZVO) auf ein bewegtes Berufsleben zurückblicken, das nicht vielen in dieser Zeit vergönnt ist.

Für viele Bürger ist der Begriff Zweckverband Ostharz mit dem Namen "Herr Eigenbrod" tief verwurzelt. Sein größter Verdienst ist wohl der: Er hinterlässt einen intakten Zweckverband, der im Land Sachsen-Anhalt einen guten Ruf in Sachen Fachkompetenz besitzt und fast die Spitzenposition bei den geringsten Gebühren und Beiträgen einnimmt.

Dies kommt für den jünger wirkenden 65-Jährigen aber nicht von ungefähr. Dahinter, so bekennt er, steckt eine Mannschaft von 136 Mitarbeitern - vom Installateur bis zum Ingenieur - auf die er sich stets verlassen konnte. Er meinte damit speziell die Motivation und fachliche Qualifikation seines Teams. "Ein Chef ist immer nur so gut wie seine Mannschaft", bringt er es schließlich auf den Punkt.

Klaus-Peter Eigenbrod wurde 1940 im mecklenburgischen Parchim geboren. Nach seiner Lehre zum Landmaschinenschlosser arbeitete er als Installateur beim Kreisbaubetrieb in Parchim. Dort entwickelte er auch seinen Hang zur Wasserwirtschaft. Deshalb studierte er von 1963 bis 1966 dieses Fach an der Ingenieurschule in Magdeburg - dort, wo heute der Landtag seine Sitzungen abhält.

Sein Einsatz in der Bestandsdokumentation im volkseigenen Wasser- und Abwasserbetrieb (WAB) Schwerin, Betriebsbereich Parchim, füllte den damals 26-Jährigen aber nicht aus. Als er erfuhr, dass im Quedlinburger Betriebsbereich des WAB Halle eine Stelle als Ingenieur für Rohrnetze zu besetzen ist, ergriff er die Chance und zog im Mai 1967 mit Frau und Tochter in die Harzstadt. "Es sollte nur ein Zwischenspiel werden", schmunzelt der Grauschopf.

Doch daraus wurde nichts. Zwei Jahre später wurde er Technischer Leiter beim WAB und ab 1986 Betriebsleiter im Quedlinburger Betriebsteil.

Dann kam die Wende - und damit die wohl spannendste Zeit für Klaus-Peter Eigenbrod. Aus dem VEB WAB wurde die Midewa GmbH. Die Kommunen bekamen plötzlich die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung als Pflichtaufgabe zugeordnet. Es stand die wegweisende Entscheidung: kommunaler Eigenbetrieb, Midewa oder Zweckverband. Die Bürgermeister aus dem Landkreis entschlossen sich 1991, einen Zweckverband zu gründen. "Es war damals eine richtige Entscheidung, die auch handfeste wirtschaftliche Vorteile brachte", blickt der Geschäftsführer zufrieden zurück. Doch bis der Zweckverband Ostharz selbständig durchstarten konnte, weil das Herauslösen des Anlagenvermögens aus der Midewa so lange dauerte, vergingen weitere zwei Jahre.

Investitionsstau

Für Klaus-Peter Eigenbrod waren dies dennoch keine vergeudeten Jahre. Die neuen Regularien der Marktwirtschaft mussten schnell erlernt werden. "Wir gingen noch 1991 an die Lösung der dringendsten Probleme." Und die stanken damals wirklich zum Himmel: Die wenigen zentralen Fäkaliendeponien im Kreis, wie am Lehturm in Gernrode, waren völlig überlastet und drohten das Grundwasser zu verseuchen. Die Kläranlagen in Thale und Quedlinburg funktionierten kaum noch. Es herrschte immenser Investitionsstau. Seit der Wende konnte nun das Trink- und Abwassernetz im Landkreis schrittweise modernisiert und ausgebaut werden. Die stolze Summe von fast 140 000 Millionen Euro wurde dafür aufgewendet. So entstanden unter Eigenbrods Federführung moderne Kläranlagen, die wirtschaftlich arbeiten, nicht überdimensioniert sind und den Forderungen der gesetzlichen Vorgaben entsprechen.

Natürlich, so erinnert sich der Geschäftsführer, hatte er in den Jahren nicht nur Freunde. Es gab auch Kritiker, wenn es um die Kostenbeteiligung der Bürger, wie kostendeckende Gebühren und Ausbaubeiträge, ging. Dann sei oft unsachlich diskutiert worden. Beispielsweise, als der noch vor der Wende geplante Produktions- und Verwaltungsneubau in der Lindenstraße gebaut wurde. Doch dieser Bau war notwendig, weil die Wasserwirtschaft für 120 Mitarbeiter beengt in der Rathenaustraße bei der Energiewirtschaft als Mieter untergebracht war. Die Pläne für den Neubau gab es schon Mitte der 80er Jahre - es wurden zu DDR-Zeiten lediglich nur am Standort Lindenstraße die Hallen für die Technik gebaut. Die Baukapazität fehlte. Erst nach der Wende konnte auch das notwendige Verwaltungsgebäude entstehen.

Ungerechtfertigte Kritik

Was ihn besonders geärgert hatte? "Das war die ungerechtfertigte Kritik von Bürgern aus einigen Orten des Unterharzes in den beiden vergangenen Jahren am ZVO", gesteht der Geschäftsführer. Eigentlich hätte dort schon längst die Aufsichtsbehörde reagieren müssen, um die gesetzlich geforderte Abwasserentsorgung zu organisieren. Doch man habe lieber dem ZVO den schwarzen Peter zugeschoben.

Es gab auch amüsante Dinge in den vier Jahrzehnten im Harz. Amüsiert hat sich Klaus-Peter Eigenbrod so über eine Begebenheit vor vier Jahrzehnten. In Bad Suderode fiel im Sommer die Trinkwasserversorgung aus. In einem Böse-Jungen-Streich wurde mit Tannenzweigen der damals notwendige Trinkwasserzulieferer-Bach für den Ort im Kalten Tal umgelenkt. "Solche Art der Trinkwasserversorgung aus dem Wald hatte ich bis dahin nicht gekannt", strahlt Eigenbrod.

Ob er mit Wehmut Abschied nimmt? Klaus-Peter Eigenbrod antwortet spontan mit Nein. Die Weichen für die Zukunft seien gestellt. Wenn die bisherige Philosophie beigehalten werde, durch gezielten Einsatz von Investitionsfördermitteln die Gebühren, Beiträge und Entgelte "für die Bürger so gering wie möglich" zu halten, dann könne er sich mit Ruhe aufs Altenteil zurückziehen. Und darauf freut er sich schon: "Ich habe mir im Herbst erst ein Gewächshaus im Hausgarten gebaut." Da will sich Klaus-Peter Eigenbrod als Gärtner ausprobieren. Doch auch Wandern und Reisen sind verstärkt angesagt.