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Schwester Rosi schließt zu

Von Kerstin Beier 20.12.2007, 17:51

Badeborn/MZ. - Am Freitag kommt sie zum letzten Mal als Patientin hierher, "und wir nehmen schweren Herzens Abschied von ihr", sagt sie.

Solche Worte sind der fast 66-jährigen Rosi Witzel eher peinlich, sie winkt ab, denkt aber trotzdem mit Freude an die dankbaren Briefe, die sie in den letzten Tagen und Wochen bekam. Die machen auch ihr den Abschied schwer, doch: "Es hilft nicht, die Sache von Jahr zu Jahr wieder aufzuschieben".

Schwester Rosi, in dem kleinen Ort aufgewachsen, ist in Badeborn so etwas wie die gute Seele des Dorfes: Jeder kennt sie und auch sie weiß um die Sorgen und Nöte der Leute - sie weiß, wer sich schnell hängen lässt und wer sich durchbeißt. Wem es wirklich schlecht geht und wer einfach ein paar aufmunternde Worte braucht. Viele ihrer Patienten kannte sie schon, als diese noch als kleine Kinder durchs Dorf rannten. Denn nach ihrer Ausbildung zur Krankenschwester in Quedlinburg, nachdem sie geheiratet und zwei Kinder bekommen hatte, fing sie in Badeborn in der Krippe an.

1979 war es, als Dr. Max Winter die tüchtige junge Frau einfach dort weg lockte und sie Gemeindeschwester wurde. Auch als solche hatte sie wieder mit Kindern zu tun, denn die Mütterberatung gehörte zu DDR-Zeiten ebenso zu ihren Aufgaben wie das Assistieren bei Impfaktionen.

Feste Arbeitszeiten? Ein Fremdwort für Rosi Witzel. Sie hatte bis zum letzten Arbeitstag ihre Sprechstunden, in denen die Leute ihre Medikamente abholten, um Überweisungen baten, sich Blut abnehmen und Blutdruck messen ließen oder einfach sagten: "Guck du mal drauf. Muss ich damit zum Arzt?" Aber auch außerhalb dieser Zeiten war Schwester Rosi immer ansprechbar - Sonn- und Feiertage inklusive. "Manchmal reicht ein Wort, wenn die Leute am Fenster gucken". In den letzten Jahren sei es aufgrund der Arbeit der Sozialstationen insgesamt zwar ruhiger geworden, blickt Schwester Rosi zurück, aber auch die seelische Belastung sei nicht zu unterschätzen: Wenn Leuten nicht zu helfen ist, die nie krank gewesen sind, wenn junge Menschen unheilbar erkranken oder wenn sie Menschen, die sie lange Zeit gut kannte, auf ihrem letzten Weg begleitete.

Die frei werdende Zeit wird die freundliche, aber resolute Frau für ihren Garten nutzen, gemeinsam mit ihrem Mann möchte sie "ein wenig mehr als bisher den Harz erkunden und Pilze sammeln". Als Ausgleich geht sie weiterhin zum Seniorensport und macht immer donnerstags in einer kleinen Frauenrunde Handarbeiten. Ihr Fahrrad, mit dem sie jahrzehntelang bei Wind und Wetter unterwegs war, wird auch künftig nicht verrosten.