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Schokoladenfabrik in Wernigerode Schokoladenfabrik in Wernigerode: Osterproduktion bei Wergona läuft auf Hochtouren

Von Susanne Thon 02.02.2015, 13:12
Ostern steht vor der Tür. Hildrun Völkering schiebt dieser Tage mehr als 40 000 Häschen pro Schicht in die Einwickelmaschine.
Ostern steht vor der Tür. Hildrun Völkering schiebt dieser Tage mehr als 40 000 Häschen pro Schicht in die Einwickelmaschine. Chris Wohlfeld Lizenz

Wernigerode - Kaum sind die letzten Weihnachtsmänner verputzt, da halten die Hasen Einzug in den Supermärkten. Im Wernigeröder Gewerbegebiet Nord-West stehen die Zeichen schon seit November auf Ostern. Bei Wergona, eigenen Angaben nach eine der weltweit größten Schokoladenfabriken, ist die Osterproduktion nunmehr fast abgeschlossen. Im März, spätestens April, wenn ein jeder aus dem Osternest nascht, wird hier umgerüstet auf Weihnachten. „Die Osterproduktion ist immer ein bisschen schwieriger, weil so wenig Zeit ist. Ab Januar sollen die Sachen ja schon in den Handel“, sagt Ralf Grumbach. Er ist Mitarbeiter in der Produktionsleitung und seit der Gründung der Wergona Schokoladen GmbH vor fast 13 Jahren im Unternehmen.

Die Wurzeln von Wergona Schokoladen reichen weit in die Vergangenheit zurück. Schon vor fast 100 Jahren wurde in der Stadt ein Schokoladenwerk errichtet, die später verkauft und unter dem Namen Argenta bekannt wurde. Die jetzige Fabrik ist 2004 nach nur achtmonatiger Bauzeit entstanden.

In der Luft liegt der süße Duft von Schokolade. Mit voller Kraft voraus laufen die Anlagen in den heiligen Produktionshallen, die nur unter strengsten Hygienevorschriften betreten werden dürfen. Schmuck ist verboten, Schutzkleidung Pflicht, Händedesinfizieren angesagt. Über dicke weiße Rohrleitungen, die unter der Decke entlang führen, wird die Schokolade geradewegs aus der Tankanlage in die Gießtrichter befördert. Von dort aus fließt sie in die Formen. Häschen, Kugeln, Eier... Je nachdem was ansteht. „Wann was produziert wird, hängt mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum zusammen“, erklärt Grumbach und hebt die Stimme. Anders wären seine Worte nicht zu verstehen. Die Maschinen rauschen, rattern, klacken. Die Formen - jede ist ausgelegt für 110 Eier - sind unterwegs in die Kühlanlage. Dort werden sie gedreht - „durch die Rotation wird die Schokolade nach außen geschleudert“ - und fahren dann noch so lange hin und her, bis die Schokolade fest ist. Rund 50 Millionen Eier werden hier vom Band gelaufen sein, wenn die Fabrik mit der Osterproduktion durch ist. Das macht 280 pro Minute.

80 Tonnen Schokoladenrohmasse

Spricht Grumbach über Zahlen, dann sind das in der Regel ziemlich große, deren Ausmaß man sich nur schwerlich vorstellen kann: 80 Tonnen Schokoladenrohmasse stellt Wergona her. Pro Tag. „Und die brauchen wir auch.“ Nur so können jährlich 13 000 Tonnen von Schokoladenprodukten verschiedener Formen und Geschmacksrichtungen die 42 000 Quadratmeter große Fabrik verlassen. Bis zu 50 Lkw kommen täglich, um die süße Ware zu den Händlern und Wiederverkäufern im In- und Ausland zu bringen. Auf ihre Abholung wartet sie in einem riesigen Palettenlager, das mit 48 000 Stellplätzen länger als zwei Fußballfelder ist.

Jetzt kommt die Milchcreme. Über Rohre und Schläuche bahnt sie sich den Weg ins Ei. „Wir haben vorhin erst umgebaut“. Die Eier mit Likörfüllung sind fertig; längst verpackt - einige wie Bonbons, im Fachjargon: Doppeldreh. Und Flupp! Da kommen die Greifer, saugen die Milchcreme-Eier von eben aus den Aussparungen, ordnen sie in einer Reihe an. Glatt werden aber sie eingeschlagen - in der weiß-blauen und auf großen Rollen aufgewickelten Alufolie, die vor dem Einwickeln automatisch geschnitten wird. Eine knappe Stunde dauert so ein Rundlauf. Drei Mal schneller geht es nebenan. Im sogenannten One-Shot-Verfahren „werden Hülle und Füllung in einem Zug gegossen“ und das 27 Millionen Mal, sagt Grumbach. So viele Mini-Osterhäschen sollen’s werden. Wie aus einer unversiegbaren Quelle sprudelt die dickflüssige Schokolade aus dem Gießtrichter. Das Temperieren ist eine Kunst für sich. „Da geht es um Kommastellen.“ Die Schokolade darf nicht zu kalt, aber auch nicht zu heiß sein. Fließfähig eben. „Je wärmer die Schokolade ist, desto länger braucht sie zum Kühlen und umso schlechter ist die Laufleistung der Anlagen“, weiß der Fachmann. Und die laufen rund um die Uhr. Nur einmal im Jahr, wenn sie unter unter Hochdruck und mit Trockeneis gereinigt werden, stehen sie still. Gearbeitet wird im Vier-Schicht-System. Seit der Unternehmensgründung hat sich die Zahl der Mitarbeiter mehr als verzehnfacht. Heute sind hier 280 feste und bis zu 350 Leiharbeiter beschäftigt.

Gießen. Kühlen. Verpacken. Erledigt

Für die Häschen wird es jetzt holprig. Auf der Rüttelstrecke werden sie heftig durchgeschüttelt, „damit die Luft rausgeht“, so Grumbach. Von dort aus geht es direkt weiter. Einwickeln. In Tüten abpacken. Inline-Produktion eben. Alles hintereinanderweg: Gießen. Kühlen. Verpacken. Erledigt. Etliche der mit Nougat, Milch- oder Erdbeercreme gefüllten Mini-Osterhäschen werden schon bald in den Regalen auf der anderen Hälfte der Erdkugel stehen. Australien ist eines von insgesamt 52 Ländern, in die Wergona exportiert.

Eine nicht ganz so weite Reise liegt hinter den Schokoladenhasen, die in der nächsten Halle Stück für Stück auf ein Förderband gepackt werden. Sie wurden im Mutterkonzern in Baden-Württemberg produziert und gehören neben anderen Hohlkörpern in die Osterbeutel. Die dürfen nicht unter 250 Gramm wiegen. Lieber ein bisschen mehr - 255, 256-Komma-irgendwas. Liegt ein Beutel unter der Grenze, fällt er automatisch vom Band. 20 000 schafft eine Schicht.

„Man darf nicht vergessen, was da für eine Logistik hintersteckt“, sagt Grumbach, der auch, wenn er jeden Tag mit Schokolade zu tun hat, immer noch gern mal nascht. Am liebsten die Zartbittere, sagt er, und lässt sich erst Mal eines der Herzchen schmecken, die zwischen Mini-Häschen und Milchcreme-Eiern gerade eingewickelt werden. Der Muttertag steht schließlich vor der Tür. Zumindest aus Schokoladenherstellersicht. (mz)