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Quedlinburg Quedlinburg: Fest als Willkommensgruß

Von petra korn 20.09.2015, 20:03
Beim Klang der Trommeln zeigten die Syrer Tänze aus ihrer Heimat und holten die Quedlinburger dazu.
Beim Klang der Trommeln zeigten die Syrer Tänze aus ihrer Heimat und holten die Quedlinburger dazu. chris wohlfeld Lizenz

quedlinburg - Im Ökogarten an der Quedlinburger Wipertistraße herrscht am Sonnabendnachmittag ein buntes Treiben. Der Runde Tisch Flüchtlingshilfe Quedlinburg hat die Quedlinburger Bürger und die Flüchtlinge, die seit wenigen Tagen in der ehemaligen Gartenbaufachschule untergebracht sind, zu einem gemeinsamen Fest als Ausdruck der Willkommenskultur in der Stadt eingeladen. Der Bitte an die Quedlinburger, Speisen und Getränke mitzubringen, sind diese gefolgt: Auf langen Tischen stehen ungezählte Kuchen, Obst, Salate, Eis, Kaffee, Süßigkeiten... Aber auch Plüschtiere oder Bücher für die Kinder liegen bereit, und es gibt zahlreiche Angebote zum Mitmachen für Kleine und Große. Überall stehen und sitzen Menschen in kleinen Gruppen zusammen, sind Syrer und Deutsche miteinander im Gespräch, meist auf Englisch, mitunter auch in ihren Landessprachen und mit viel Gestik. Oder mit Unterstützung von Festbesuchern wie Amar, der, wie er erzählt, in Syrien beim staatlichen Rundfunk gearbeitet hat, sowie Mohamad und Ahmed, die Ärzte sind. Sie sind vor dem Krieg und der Terrormiliz IS geflohen. „Der IS wollte meinen Kopf, weil ich für den Staat gearbeitet habe. Und ich musste in der syrischen Armee kämpfen, in der es aber auch korrupte Offiziere gibt. Deswegen war ich gezwungen zu gehen. Ich wollte nicht da sterben“, erzählt zum Beispiel Amar. Die drei Syrer, die inzwischen in Erfurt, Halle und Magdeburg leben, sind gemeinsam mit dem Arzt Roland Lucht, der zeitweise in der Zentralen Anlaufstelle für Ayslbewerber (Zast) in Halberstadt arbeitet, auf dem Weg zu einer Geburtstagsfeier. Zuvor machen sie beim Willkommensfest Station. Ein solches Fest ist gut für die Integration, finden die jungen Männer aus Syrien, die seit einem Monat, fünf Monaten bzw. fast einem Jahr in Deutschland sind.

Erst wenige Tage in Deutschland und Quedlinburg sind Shames und Khatega. Die beiden jungen Frauen kommen aus Nordsyrien, ihre Heimatstadt ist unter Kontrolle der Terrormiliz IS. Wie sie weiter erzählen, flohen sie, nachdem eine Rakete das Haus zerstörte, das sie gemeinsam mit Shames’ Bruder und Khategas Neffe bewohnt hatten. Jetzt möchten sie die deutsche Sprache lernen, die deutsche Kultur kennenlernen, sich in die Gesellschaft integrieren.

Mit den Flüchtlingen ins Gespräch zu kommen, dabei hilft auch Klaus Mansfeld. Der Gernröder, der sich beim Runden Tisch engagiert und gemeinsam mit vielen anderen um die Asylsuchenden kümmert, übersetzt vom Deutschen ins Englische und umgekehrt. Daneben verteilt er an alle, die möchten, kleine Schildchen, auf denen die Vornamen der Festbesucher in Deutsch und Arabisch stehen. Unermüdlich unterstützt wird er dabei wie beim Dolmetschen durch Stefan Blasek, der sich fast rund um die Uhr ehrenamtlich für die Betreuung der Flüchtlinge engagiert. „Wir möchten, dass sie Herzlichkeit spüren“, sagt Klaus Mansfeld.

Hans Jaekel vom Runden Tisch freut sich, dass es trotz mancher sprachlicher Barriere viel Kommunikation auf dem Fest gibt, dessen „Anlass ist, guten Tag zu sagen“. Auch wenn vermutlich die wenigsten, die jetzt in der Zast-Außenstelle Aufnahme gefunden haben, letztlich in Quedlinburg bleiben würden - „ich glaube schon, dass es wichtig ist, dass der Erstkontakt mit Deutschland ein positiver ist“.

Jaekel weiß auch von Unsicherheiten, die bei Menschen hierzulande da sind. „Da muss natürlich die eine oder andere Frage beantwortet werden: Wie gelingt uns das, zu integrieren, wie schaffen wir das“, so Jaekel, der ebenso weiß: „Da werden Freundschaften in Frage gestellt: Einer lebt Willkommenskultur, der andere hat Angst vor dem Fremden.“ (mz)

Cornelia Richter, Lehrerin im GutsMuths-Gymnasium, unterhielt sich angeregt mit Dania und Naned.
Cornelia Richter, Lehrerin im GutsMuths-Gymnasium, unterhielt sich angeregt mit Dania und Naned.
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Gundula Mühlberg servierte den Kindern Eiscreme.
Gundula Mühlberg servierte den Kindern Eiscreme.
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