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Quedlinburg Quedlinburg: Blaues Blut in Wallung

Von MARIA BÖHME 15.05.2011, 17:27

QUEDLINBURG/MZ. - "Nur meine beste Freundin wusste es", gibt sie zu. Vor rund zwei Jahren war jemand vom Schlossmuseum an ihre Schule gekommen, um Schüler für die Kostümführungen zu suchen. Zwei Wochen später schon hatte die heute 18-Jährige zum ersten im Museum vor Publikum gestanden. "Ich wurde einfach ins kalte Wasser geschupst", sagt sie und lacht.

Ein Höhepunkt des Museumsjahres

Gestern zum 34. Internationalen Museumstag teilte sie das Parkett mit der 20-jährigen Anna Pogoda, die mittlerweile schon seit vier Jahren Museumsbesuchern die Geschichte des Schlosses näher bringt. Die Führung der beiden, "Zickenkrieg im Damenstift", gehört nicht nur zu ihren persönlichen, sondern auch zu den Höhepunkten des Museumsjahres. Vor einem Jahr entwickelten sie sie gemeinsam mit Hilfe von verschiedenen Quellen.

Seitdem wurde die launige Führung erst zweimal zu besonderen Anlässen präsentiert. Seit Anna Pogoda ihr außergewöhnliches Hobby zum Beruf machen will und in Leipzig Museologie studiert, schafft sie es nur noch sehr sporadisch, Kostümführungen zu geben. Die beiden jungen Frauen, die eine "Freundschaft auf den ersten Blick" verbindet, wie sie sagen, freuten sich daher besonders über den Auftritt am Sonntag, der unter dem Motto "Museen, unser Gedächtnis!" stand.

Isabelle verkörperte Maria Aurora, Gräfin von Königsmarck, Pröpstin von Quedlinburg. Anna die schwedische Prinzessin Sophie Albertine, die die letzte Äbtissin des reichsunmittelbaren und freiweltlichen Stifts Quedlinburg war. Beide Figuren stellen sie auch sonst in ihren Kostümführungen eindrucksvoll dar, aber im Doppelpack lassen sie Geschichte noch lebendiger werden. Auch wenn sich die beiden realen, historischen Figuren nie begegnet sind, simulieren die beiden sehr gekonnt einen Machtkampf, den es so damals durchaus im Damenstift gegeben haben wird. Da eine Pröbstin nur die Stellvertreterin einer Äbtissin ist, litt Maria Aurora, so wird es in der Führung inszeniert, zeitlebens unter ihrem niederen Rang.

Während die Gräfin von Königsmarck dafür aber für ihre Schönheit bekannt war, soll die Äbtissin Sophie Albertine nicht mit besonderen Reizen ausgestattet gewesen sein - Stoff, aus dem sich vortrefflich eine Führung zum Thema "Zickenkrieg" gestalten lässt. Isabelle und Anna wickeln mit ihrer Spielfreude und kokettem Augenaufschlag das Publikum um den Finger. Über 30 Besucher sind gekommen, um an der Führung teilzunehmen. Die Studentin Anna freut sich, dass keiner aus ihrer Familie oder ihrem Freundeskreis dabei ist. "Denn dann werde ich richtig nervös", sagt sie, die vor der Führung etwas schüchtern wirkt, aber vor Publikum genau den richtigen Ton trifft. Viele Lacher haben die beiden auf ihrer Seite. Frisch und ungekünstelt wirken die Dialoge. "Alles Improvisation", sagen die Freundinnen. Nur ein paar Stichpunkte und Schlagworte haben sie sich notiert, um den roten Faden nicht zu verlieren. "Wir versuchen Geschichte lebendig rüberzubringen und die Leute zum Lachen zu bringen", umschreibt Isabelle das Ziel ihrer Arbeit. Denn Geschichte sei alles andere als trocken. "Aus der Geschichte kann man lernen", sagt Anna bestimmt.

Sie machen Historie lebendig

Heute ist auch Isabelle ein alter Hase und gibt mindestens einmal im Monat am Wochenende sechs Kostümeinzelführungen. "Ich liebe Geschichte und mache das alles aus Leidenschaft", sagt die Schülerin, die gerade Abitur macht und Geschichte auf Lehramt studieren will, mittlerweile offen. "Heute wissen alle, was ich mache. Manche sind schon vorbei gekommen und haben nicht schlecht gestaunt, was ich auf die Beine stelle."