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Neues Zuhause für Luchse

Von ANDREAS BÜRKNER 08.03.2009, 17:12

Thale/MZ. - Ob die auch als "Pinselohren" bezeichneten Raubkatzen schon ahnten, dass sie demnächst mehr Platz bekommen sollen?

Zusammen mit Sachsen-Anhalts Landwirtschafts- und Umweltministerin Petra Wernicke (CDU) vollzogen Förderer und Tierpaten den symbolischen Spatenstich für den Bau einer neuen Luchsanlage mit über 1 000 Quadratmetern Fläche. Der steinige und gefrorene Untergrund allerdings widersetzte sich noch den silberglänzenden Arbeitsgeräten, forderte geradezu den Ehrgeiz der Vertreter von Wohnungsgenossenschaft und Maschinenfabrik Thale heraus, denen neben der Familie Kasten, Tierpark-Fördervereinschefin Brunhild Wöhlbier und der Ministerin die Ehre des offiziellen Baubeginns zuteil wurde.

Tierparkleiter Uwe Köhler war angetan vom großen Engagement der Menschen für die heimischen Waldbewohner und zugleich stolz, "dass mit der Anwesenheit von Petra Wernicke dieser Einsatz auch von der Landesregierung wahrgenommen wird." Immerhin sei es bereits das vierte Projekt, das der vor elf Jahren gegründete Förderverein anpacke, verwies Brunhild Wöhlbier auf die bisherigen drei - Tierparkschule, Wolfsgehege und Bärenwald. "Erstere besuchen jährlich weit über tausend Schüler", ist sich die Lehrerin einig mit Frau Wernicke, damit auch einen wichtigen Beitrag zur Umweltbildung des Nachwuchses zu leisten.

"Natürlich würdigen wir die ehrenamtlichen Aktivitäten", betonte Petra Wernicke, "auch wenn wir nicht immer mit Geld helfen können." Die Umweltministerin lobte zudem den unermüdlichen Einsatz der Thalenser im seit 1973 bestehenden Tierpark für den Artenschutz. Auch die Luchse mit Backenbart und kurzem Schwanz sind eigentlich heimische Wildtiere, waren aber wegen der starken Verfolgung durch den Menschen über Jahrhunderte praktisch aus der freien Natur verschwunden. Erst seit einer Ansiedlungsaktion leben sie auch im Harz wieder in freier Wildbahn. Deshalb beantwortete die Ministerin ihre mehr rhetorische Frage - "Warum sollen die Luchse dann noch in einem Gehege gezeigt werden?" - gleich selbst: "Bis heute haben die Menschen Angst vor Raubtieren, auch weil sie den Umgang mit ihnen nicht gewohnt sind." So sei es für sie wohl sicherer, diese künftig hinter zweieinhalb Meter hohen Stahlgittern beobachten zu können.

"Trotzdem kommen die Tiere in den Genuss einer modernen, artgerechten Haltung nach Vorgaben der Zoo-Richtlinie", blickte sie sogar zurück bis auf Carl Hagenbeck, der vor über hundert Jahren das Freigehege erfand und im Hamburger Zoo anwandte. "Solche hervorragenden Bedingungen zu schaffen, ist von der Kommune allein nicht zu bewältigen", weiß nicht nur Wernicke, dass dazu Partner notwendig sind. "Die Lotto-Toto-Gesellschaft Sachsen-Anhalt trägt zum wiederholten Mal den Löwenanteil der Kosten", dankte Köhler "auch den Lottospielern". "Doch auch Fördervereinsmitglieder, Tierpaten und einheimische Firmen haben sich gewaltig engagiert", ergänzte Brunhild Wöhlbier. "Diesmal sind es 130 000 Euro, die von den über sechzig Partnern aufgebracht werden mussten."

Obwohl das neue Freigehege für die Luchse eigentlich schon für 2006 vorgesehen war, hätte der Verein nach dem umfangreichen Bärenprojekt doch erst einmal durchatmen müssen.

"Im Herbst soll das neue Gehege fertig sein", träumt Uwe Köhler künftig schon von einem Luchs-Paar, das dem Tierpark auch Nachwuchs bringen könnte. Die aus den Karpaten stammenden Luchse, Mutter und Sohn, wären nicht nur deshalb für die Zucht und eine mögliche Auswilderung ungeeignet. "Mit neunzehn Jahren ist das jetzige Weibchen dafür auch einfach schon zu alt", weiß der Tierparkchef.