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Integration Integration: Von Mexiko nach Quedlinburg

Von Andreas Bürkner 08.10.2013, 21:20
Luis Ordonez kam von Mexiko nach Quedlinburg.
Luis Ordonez kam von Mexiko nach Quedlinburg. Chris Wohlfeld Lizenz

Quedlinburg/MZ - Der 30-jährige Mexikaner Luis Guilermo Ocampo Ordonez, kurz Memo, hat schon einiges in seinem Leben erlebt. In verschiedenen Projekten versucht er inzwischen in Quedlinburg, den Menschen Land, Sprache, Lebensweise und Kultur seiner Heimat näher zu bringen. „Ich bin im richtigen Land angekommen“, sagt Luis, der seit 2009 in Deutschland lebt. In seiner Heimat hatte er nach der Schule zunächst Jura studiert und als Anwalt gearbeitet, bis er nach dem frühen Tod des Vaters die Leitung des Familienbetriebes - einer Lebensmittelfirma - übernehmen musste.

Allerdings änderten sich mit dem Drogenkrieg im Land nicht nur für den inzwischen jungen Vater die Bedingungen. „Gleich dreimal waren wir von Überfällen betroffen“, sagt er und will sich kaum an die Vorfälle vor dem Verlassen der Heimat erinnern. „Zum Glück sind wir nicht zu Schaden gekommen.“

Deutschland kannte er schon

Auch die Mutter seines Kindes, eine Deutsche, fühlte sich in Mittelamerika nicht mehr sicher und kehrte mit dem gemeinsamen Sohn Jona in ihr Vaterland zurück. Monate später folgte ihr Luis. „Ich gehöre dorthin, wo mein Kind ist“, stellt er den inzwischen Fünfjährigen an die erste Stelle im Leben.

„Auch wenn ich Deutschland von einem Besuch her schon kannte“, erklärt er, „ist die Hektik hier schon gewöhnungsbedürftig.“ Das habe den Start nicht gerade vereinfacht. Um mit Land und Leuten besser klar zu kommen und die Sprache zu lernen, habe er einen Inte-grationskurs der kommunalen Beschäftigungsagentur (Koba) genutzt. „Das hat mir wirklich geholfen“, sagt er in einem bereits guten Deutsch.

In Zusammenarbeit mit dem Dachverein Reichenstraße gibt er den Hiesigen sein Wissen über sein Land weiter und bringt sich mit der Gitarre ein. „Die Musik ist meine zweite Liebe nach meinem Sohn“, sagt der inzwischen alleinerziehende Vater.

Um für seinen Sohn mehr Zeit zu haben und vor allem vernünftig sorgen zu können, brauchte er Arbeit. „Warum denn nicht als Selbstständiger?“ Mit dieser Frage begab er sich zur Koba. „Er wusste ganz genau, was er machen wollte“, erinnert sich Nadine Albrecht an eine „erfrischende Erscheinung“. Die Spezialistin für Existenzgründer und Selbstständige bei der Koba bekennt, selten solche Kunden zu haben, die von allein und mit so klaren Vorstellungen zu ihr kommen würden.

Er passte genau ins Profil

Unterstützt von einer Unternehmensberaterin aus Blankenburg sowie der Quedlinburger Ego-Pilotin Kristina Fischer-Gerloff wagte Luis Ordonez mit einigem Anlauf 2012 den Schritt in die Selbstständigkeit. Die soziale Absicherung übernahm die Koba. „Das Fachliche mit Lebensmitteln kannte ich vom Familienbetrieb“, betont er.

Luis hat sich auf Gastronomie spezialisiert. Erst kürzlich weilte er für einen Catering-Auftrag längere Zeit in Holland. Eher per Zufall kam Luis auch ins Café „Frida K“ in der Quedlinburger Pölkenstraße. Die Inhaberin suchte gerade einen Mitarbeiter und er passte genau ins Profil. Schließlich bietet das Künstlercafé vor allem mexikanische Speisen und Getränke an. Zudem konnte der stolze Lateinamerikaner gut in die Aktionen eingebunden werden.

Längst fühlt sich Ordonez, der sich in Mexiko auch schon journalistisch versucht hat, in Quedlinburg wohl und hat viele Freunde. Trotzdem bleibt das Heimweh, das durch den ständigen Kontakt mit seinen Verwandten in Mexiko anhält. „Ich könnte mir vorstellen, wieder zurückzugehen“, sagt Luis Ordonez vorsichtig. Unter den derzeitigen Bedingungen und der unsicheren Lage sei daran jetzt aber nicht zu denken.

Deshalb genieße er lieber die Sicherheit und das Leben in Deutschland. „Wenn mein Sohn und ich mal zurückkehren sollten, dann wollen wir dort ohne Gefahr leben können.“