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Himmelfahrts-Kommando im Kilt

Von Detlef Anders 04.05.2008, 17:00

Bad Suderode/MZ. - Zuvor haben zwei Männer aus Schielo die 110 Kilogramm schwere Betonkugel nicht nur hochgehoben, sondern auch noch gut acht Meter weit getragen und auf einen 1,5 Meter hohes Podest gelegt. "Ein bisschen mehr Technik, die Statur dazu hat er", meint Thorsten Schmidt nach dem Kraftakt seines Zimmermanns-Kollegen.

Schmidt gehört zu den 20 Harz-Highländern, Männern und Frauen aus Bad Suderode, Quedlinburg und Gernrode, die zu einem schottischen Nachmittag auf den Bad Suderöder Sportplatz am Felsenkeller eingeladen hatten. Vor 15 Jahren war Schmidt mit seinem Freund Mario Steder das erste Mal zum Männertag mit einem Kilt auf Wandertour durch den Harz gegangen.

Seitdem sind sie allerorten eine Attraktion und werden unterwegs ständig fotografiert. Mit den Jahren wurden ihre Kenntnisse über das einst bitterarme Volk und seine Geschichte und Tradition nicht nur vergrößert, sie scharten weitere Schottland-Fans wie Detlef Jörke um sich, der inzwischen die gesamte Ausstattung von der Insel organisiert.

In diesem Jahr konnten die Harz-Highländer jedoch nicht wie gewohnt auf Wanderschaft gehen, da fast alle inzwischen dem Bad Suderöder Harzklub angehören, der traditionell am 1. Mai auf dem Marktplatz per Hand den Maibaum aufstellt. Und so entschlossen sie sich, statt zu wandern, am Ort zu bleiben, Freunde aus Schielo und Hildesheim wurden zu einem schottischen Nachmittag einzuladen und am Felsenkeller über Schottland und seinen Traditionen vom Sport bis zum Whisky zu informieren.

Nach dem Einmarsch mit zünftiger Dudelsackmusik zeigten die Harz-Teutonen einige der Disziplinen, die sie als Teilnehmer der jährlichen Highland-Games beispielsweise in Halle absolvieren müssen. Und dazu gehören das Felsenschleppen, Baumstammwerfen, bei dem sich die Stämme in der Luft mindestens einmal drehen müssen, Heusack-Werfen über eine hohe Latte, Gewichte-Schleudern und Baumstamm-Schleppen über mehrere Runden.

Janet Schmelzer (36) wusste vor zwei Jahren nicht, worauf sie sich einließ, als sie gefragt wurde, ob sie bei den Highland-Games nicht in der Frauen-Mannschaft mitmachen würde. "Ich hatte keine Ahnung, wie man so einen Baumstamm anhebt." Doch der ungewöhnliche Sport machte Spaß und sie konnte weitere Freundinnen aus Schielo zum Mitmachen überreden. Natürlich sind die Ehemänner auch mit von der Partie. "Die Steine sind am schwersten", bekannte Silvia Riesche.

Der Ehrgeiz hat die zierlichen Damen und ihre kräftigen Männer inzwischen gepackt. Ronny Riesche baute sich inzwischen einen ganzen Trainingsparcours auf. Er war es auch, der den Beton-Stein selbst gegossen hat und es schaffte, den Stein auf dem Podest abzulegen. Die anderen neugierigen Gäste wollten es denn auch wissen und versuchten es mit kleineren Felsbrocken zum Gaudi von Freunden und Bekannten.

Schmidt und seine Freunde können viel erzählen und sie fanden aufmerksame Zuhörer. Die Hildesheimer Freunde und zwei Quedlinburger, die auf Mittelalter-Dudelsäcken spielen, sorgten für die richtige Musik. Auch der dienstälteste Schotte, Udo Nikolai (64) aus Quedlinburg spielte etwas auf dem Dudelsack. "Schottland ist meine Heimat. Heimat ist nicht dort, wo man geboren wird, sondern dort, wo man sich wohl fühlt." Er ist im Gegensatz zu vielen seiner Freunde schon oft in den Highlands gewesen und so moderierte seine Frau Uschi auch fachkundig den Nachmittag.

Ob es irgendwann eine Fortsetzung geben wird, ließ Mario Steder offen. "Es ist eine Veranstaltung, wo wir unseren Spaß haben wollen, wenn es den Gästen gefällt, ist es umso besser. Vielleicht finden sich welche, die es weiter machen wollen." Der eine oder andere Bad-Suderöder würde sich eine Wiederholung vielleicht im Rahmen des Behringer Brunnenfestes wünschen. Doch bislang sind die Harzhighländern ein reines "Himmelfahrtskommando", wie auf ihrem selbst entworfenen Wappen in lateinisch zu lesen ist.