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Harzkreis Harzkreis: Dem Lockruf eines Neubaus gefolgt

Von GERD ALPERMANN 13.08.2010, 13:50

THALE/ALTENBRAK/MZ. - Die Schließung des Freibades in Thale war für Horst-Dieter Harms ein Tiefschlag: "Obwohl - es kam nicht überraschend." Die Bausubstanz war nicht mehr die beste und es fehlte eine Wasseraufbereitungsanlage. Deshalb gab es zuletzt nur eine Ausnahmegenehmigung für den Betrieb des Bades an der Blankenburger Straße. 2009 wäre ein Jahr der Feiern geworden. Das Freibad bestand 80 Jahre und Horst-Dieter Harms war seit 35 Jahren Schwimm-Meister in Thale. Zum Saisonende wurde er 65 und hatte damit das Rentenalter erreicht. Doch der Mann am Beckenrand hatte Glück, so sagt er es nicht, doch aus seinen Worten ist abzulesen, dass er froh ist, weiter aktiv zu sein zu können. Die Frage, ob er in Altenbrak, im dortigen Freibad, zunächst noch ein Jahr als Schimm-Meister dranhängen wolle, hat er dankend mit Ja beantwortet: "Ich war Jahrzehnte mit dem Schwimmsport und dem Freibad verbunden. Nun so einfach ganz aufhören, dass wäre schwer gefallen."

Mit Altenbrak hat sich ein Kreis geschlossen, denn Horst-Dieter Harms wurde in dem heutigen Thalenser Ortsteil geboren, zog dann nach Blankenburg und später nach Thale. Schwimmen war und ist seine Welt. "Ich habe früh schwimmen gelernt, mit fünf Jahren", nennt er als einen Grund selbst aktiv Schwimmsport zu betreiben. Ganz große Erfolge bei der BSG Lok Blankenburg blieben aus. "Ich habe mich da verzettelt und bin zum Laufen, also zur Leichtathletik, 1 000-Lauf, gewechselt", bekennt er. Aber nicht für lange, dann siegte doch die Begeisterung für das Schwimmen. Der Beruf war es zunächst aber nicht. Bei der Reichsbahn in Blankenburg lernte er in der Schlosserei. In der Freizeit avancierte er zum Übungsleiter Schwimmen, wurde Schiedsrichter und machte die Schwimm-Meisterprüfung. Viele Talente hat er frühzeitig erkannt und gefördert. 1970 kam er seinem späteren Beruf näher. Er wurde für die Saison von der Reichsbahn in Blankenburg als Schwimm-Meister am Badeteich in Timmenrode freigestellt.

Nach Thale kam der Schwimm-Meister dann aus zwei Gründen: In Timmenrode lernte er seine Frau kennen, eine Thalenserin. Der zweite Grund war ein Lockruf - der Bau eines Hallenbades stand im Raum, wurde ihm gesagt. Dass daraus dann in den kommenden 35 Jahren nichts wurde, änderte nichts an der Tatsache, dass er nun sein Hobby zum Beruf machen konnte und damit in Thale Wurzeln schlug. 1974 wurde Horst-Dieter Harms leitender Schwimm-Meister des Sommerbades. Er baute die Schwimmsportsektion der BSG Stahl Thale (Betriebssportgemeinschaft) auf und führte sie mit den Quedlinburgern zusammen. Es entstand das Kreis-Leistungszentrum Quedlinburg-Thale, wo er als Übungsleiter mitwirkte. Zugleich leitete er in Thale eine Rettungsschwimmergruppe.

Zu seinen Erfolgen als Übungsleiter zählt er sechs Delegierungen zu den Kinder- und Jugend-Sportschulen in Magdeburg und Halle. Zwei von ihnen wurden später Trainer bei SC Magdeburg. Ein Schwimmer gelang eine andere Karriere. Er wurde Tänzer im Berliner Friedrichstadtpalast. Als Schwimm-Meister in Thale hat er sich nicht nur um den Nachwuchs gekümmert, sondern auch um die Verbesserung der Anlagen des Freibades. Mit den Jahren entstanden neue Sanitäranlagen, ein Rettungsturm, eine Rutsche und der Sprungturm. Als gelernter Schlosser konnte Horst-Dieter Harms dabei so manches selbst bewerkstelligen. Der Gesamteindruck des Bades wurde durch das Anlegen einer Rosenrabatte verbessert und die Liegewiese von Disteln und Büschen befreit. Gekämpft hat der Schwimm-Meister um eine Wasserzuleitung, zuvor mussten über 150 Meter mit einem Feuerwehrschlauch überbrückt werden, damit Frischwasser in die Becken gelassen werden konnte.

Mit einem Schwimmer-, einem Nichtschwimmer- und einem Planschbecken sowie recht großer Liegewiese war das Thalenser Freibad zu DDR-Zeiten ein Besuchermagnet. Bei Sommertemperaturen wurden vor 1990 pro Tag über 3 000 Gäste gezählt, blickt der Schwimm-Meister zurück und sagt: "Die Lage des Bades direkt an der Blankenburger Straße war für uns der Werbeträger. Dadurch kamen vielen Besucher der Stadt und des Harzes vorbei." Dass es später weniger wurden, hing unter anderem damit zusammen, dass es nach der Wende keine Ferienlager mehr gab. Für Horst-Dieter Harms war das Ende der DDR auch ein beruflicher Einschnitt. Die bisherigen Qualifikationen galten nicht mehr. So legte er 1991 die Meisterprüfung nach bundesdeutschem Recht ab, um weiter als Schwimm-Meister arbeiten zu können.

Doch auch die Schwimmsektion musste sich umorientieren. "Es galt, eine neue Motivation für die Kinder und Jugendlichen zu schaffen", erklärt der Übungsleiter. Aus der Schwimmsektion wurde 1992 eine Ortsgruppe der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft. Damals gehörten 46 Kinder und Jugendliche dazu, die nun neuen Ansporn erhielten, sich zu Rettungsschwimmer qualifizierten und an Leistungsvergleichen teilnahmen. "Die Wettbewerbe beim Rettungsschwimmen sind sehr vielseitig", weiß Horst-Dieter Harms. "Mir hat dass besser gefallen als der reine Schwimmsport." Und es zeitigte auch Erfolge, so mit zweiten und dritten Plätzen mit der Mannschaft bei Landesmeisterschaften.

Wie lange die Saison in diesem Jahr in Altenbrak dauert, weiß Horst-Dieter Harms nicht: "Mir fehlt da die Erfahrung, wann es mitten im Harz zu kalt wird und keiner mehr kommt." Auf jeden Fall steht fest, dass er zusammen mit seiner Frau Mitte September an die Ostsee zum Urlaub fährt, nach Göhren auf Rügen, wo er bereits seit 20 Jahren ein festes Quartier hat und auch bei zwölf oder 13 Grad noch bis zu einer halben Stunde in der Ostsee schwimmt.

Dort frönt er auch seinem zweiten Hobby, der Fotografie. "Für eine Tierbeobachtung kann ich Stunden auf der Lauer liegen", sagt er, der in Altenbrak, "wenn man mich fragt", gern noch einige Zeit dranhängt, wenn es die Fitness erlaubt und die Jugend ihn akzeptiert. In Altenbrak sei es angenehmer als in Thale, ruhiger, familiärer, ohne Stress. "Es ist eben ein richtiges Familienbad. Da macht es richtig Spaß", bekennt er und erzählt augenzwinkernd noch von einem weiteren Hobby. Das sind seine Enkel. Die Enkeltochter ist 13, der Enkelsohn zwei. "Ich hoffe der kleine Oskar tritt mal in meine Fußstapfen", meint er, nachdem sein ältester Sohn eigentlich das Freibad in Thale als Schwimm-Meister in der Familientradition übernehmen sollte.