1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Quedlinburg
  6. >
  7. Harzer Bergtheater: Harzer Bergtheater: Zeit für die leichte Muse

Harzer Bergtheater Harzer Bergtheater: Zeit für die leichte Muse

Von Uwe kraus 01.06.2015, 20:10
Saffi (Runette Botha) und Bárinkay (Tobias Amadeus Schöner) können jubeln.
Saffi (Runette Botha) und Bárinkay (Tobias Amadeus Schöner) können jubeln. Nordharzer Städtebundtheater/Jürgen Meusel Lizenz

Thale - Das Miniaturdorf auf der Bergtheater-Bühne wirkt wie zugeweht und konserviert, irgendwo im Banat, als die k.u.k-Welt noch in Ordnung schien. Nur gelegentlich erhebt sich jemand und steigt auf eines der Dächer. Weitblick bringt das kaum. Regisseurin Birgit Kronshage lässt ihren Zigeunerbaron in einem „Ort von wilder Poesie versunken im Sand der Zeit“ spielen. Ihre Ausstatterin Andrea Kaempf nimmt diese Idee auf.

Die Operetten-erfahrene Birgit Kronshage inszenierte am Nordharzer Städtebundtheater zuletzt „Ball im Savoy“ und „Traumschiff Operette“ und entführt nun in eine ziemlich heile Welt, deren Kleister die Grenzstreitigkeiten, die täglichen kleinen Kabbeleien sind: Pack schlägt sich - Pack verträgt sich, mal weht die eine, mal die andere Fahne nach dem Puszta-Wind.

Die Regisseurin bietet die bunte Operette mit Zigeunerflair, von dem sich vor Jahren Wolfgang Dosch in seiner Fassung abhob, die sich ständig auf dem schmalen Grat zwischen komischem Operetten-Theater und der Suche nach der Geschichte hinter der Text-Fassade bewegte.

Heiterkeit als gebrochene Zerrissenheit

Runette Botha verzauberte als Zigeunermädchen Saffi mit Gesang wie Spielfreude das Publikum. Als Bárinkay bietet Tobias Amadeus Schöner nicht nur Figur, Leichtigkeit und Stimme, sondern wirkt durchaus entschlossen, nicht nur dem schnöden Mammon zu verfallen. Aus der damaligen Inszenierung trifft das Publikum die köstlich plappernde Gouvernante Mirabella (Marlies Sturm) ebenso wieder wie Klaus-Uwe Rein als mächtigen Schweinezüchter mit sicherer Stimme und Hand fürs Komödiantische, wenn er sich mit Schweinchen-Puschen oder Handpuppe mit blutverschmierter Schlachte-Schürze durch die erste Zuschauerreihe singt. Seine Goldbeute-behängte Heimkehr aus dem Krieg wird fast zur Parodie. Auch unter den anderen patriotisch gestimmten Kämpfern, die Werberwein-trunken ins Feld zogen, regiert eher operettenhafte Heiterkeit als gebrochene Zerrissenheit, die man einst bei Dosch sah.

„Borstenvieh und Schweinespeck“, „Reich mir die Hand, mein Leben“, das stimmungsvolle Duett „Wer uns getraut“ und natürlich „Ja, das Schreiben und das Lesen, ist nie mein Fach gewesen…“ sind Strauß-Klassiker mit hohem Wiedererkennungseffekt, die in der Bergtheaterlandschaft ihren eigenen, gelegentlich etwas halligen Klang entfalten.

Jan Rozenahl studierte die Chöre bestens ein, die mit ihren Massenszenen vollen Klang, aber auch in ihren bunten Kostümen viel Aktion auf dem gut genutzten Bergbühnenrund verbreiten.

Als Zigeunerin Czipra erleben die Zuhörer eine bestens disponierte Bettina Pierags, die stimmlich voll auf der Höhe wirkt. Darstellerisch gibt sie eine altersweise wirkende Respektsperson mit leicht esoterischen Anwandlungen, die gerade mit Ziehtochter Saffi auf der Bühne prima harmoniert.

Warten auf ihren Ottokar

In ihrer letzten Rolle am Nordharzer Städtebundtheater verabschiedet sich Nina Schubert als zickige Arsena mit einer achtbaren Gesangsleistung, die zum Ende hin beim Warten auf ihren Ottokar hintergründig viele Seifenblasen platzen lässt. Ki Soo Yoo bietet in dieser Rolle ebenso eine solide Leistung wie Gijs Nijkamp als Conte Carnero, dessen Kostüm sich symbolträchtig bestens ins Muster des kaiserlichen Schilderhäuschen einpasst. Juha Koskelas Graf Peter Homonay zeigt leichte Blessuren unter der Uniform, ist stimmlich jedoch gut zu vernehmen.

Dazu bietet das Orchester des Nordharzer Städtebundtheaters unter Michael Korth alles, was Strauss in die Partitur geschrieben hat: Charme, Schwermut, Schmissigkeit und Schmelz. Die Intentionen der Regisseurin haben sich verwirklicht: „Schließlich befinden wir uns doch im Land der leichten Muse, in der man auch die größten Herausforderungen auf die leichte Schulter nimmt.“ (mz)

Nächste Vorstellungen: 6. und 21, Juni, 15 Uhr, Bergtheater Thale