Harz Harz: Sterben die Dörfer?
Harzgerode - Im Jahr 2025, sagt eine Prognose, wird die Zahl der Menschen in Sachsen-Anhalt unter die Zwei-Millionen-Grenze gefallen sein: 1 939 342 Bewohner hat das Land dann noch - etwa so viele wie es Hamburger geben wird. Die Landesbevölkerung schrumpft also um etwa 400 000 Personen.
Heftig trifft es dabei den Harz: Gegenüber 2008 wird der Landkreis bis 2025 vermutlich 50 000 Einwohner - das sind 20 Prozent - verlieren und dann nur noch 190 000 Bewohner haben. Dabei treffe es die unterschiedlichen Regionen des Kreises unterschiedlich hart, sagt Landrat Michael Ermrich: "Der Landkreis stellt auch in diesem Punkt eine Vielfalt dar." Die schrumpfende Bevölkerungszahl sei "eine der größten Herausforderungen, vor denen wir stehen", sagt Ermrich. Der Landkreis stellt sich dieser Herausforderung unter anderem, indem er im Juni eine "Expertengruppe Demografie" gebildet hat, die von Wolfgang Holz geleitet wird.
"Die Mittelzentren werden in der Zukunft die Menschen anziehen", sagt Holz. Und: "In Wernigerode haben wir bei weitem nicht solch einen Rückgang wie in Halberstadt." Schwierigkeiten werden jene Orte bekommen, die weder Grund- noch Mittelzentrum sind und keine touristische Bedeutung haben, sagt Holz. "In 20 Jahren werden wir nicht jeden Ort im Harzkreis aufrechterhalten können."
Betroffen davon wird vor allem der Unterharz und hier der Raum Harzgerode sein, sagt Ermrich auf Nachfrage. "Wo es in Richtung Mansfeld-Südharz geht, haben wir mit vielen Problemen zu kämpfen", so der Landrat.
Dass Dörfer wie Königerode, Neudorf oder Dankerode verschwinden könnten - Harzgerodes Bürgermeister Jürgen Bentzius kann sich das nicht vorstellen. "Man darf vor der demografischen Entwicklung nicht die Augen verschließen", sagt er der MZ. "Aber ich sehe das nicht so dramatisch. Natürlich bleiben diese Orte bestehen." Er wisse zwar, dass Harzgerode bis 2025 ein Drittel seiner Bevölkerung verlieren werde, aber die Ortsteile Harzgerodes stünden deshalb nicht zur Disposition, betont Bentzius. Er registriere sogar den Zuzug von "jungen Menschen, die dort bauen". "Wir müssen vor allem an der Infrastruktur arbeiten", sagt Bentzius.
Das hat sich auch die "Expertengruppe Demografie" als einen Schwerpunkt auf die Fahnen geschrieben. Seit 2008 beteiligt sich der Landkreis Harz an der Erschließung des gesamten Kreisgebiets für die Breitband-Versorgung, Personal wurde dafür extra eingestellt. 106 Stadt- und Ortsteile sind erschlossen - damit sind 95,7 Prozent der Orte im Harz grundversorgt. Davon profitieren 227 000 Einwohner.
Als zweiten Schwerpunkt ihrer Arbeit wollen die Demografie-Experten abgewanderte Harzer zurückholen. "Re-Turn" ("Rück-Kehr") heißt ein EU-Programm, an dem sich der Landkreis als Modellregion beteiligt. Eine "Willkommensagentur" soll Rückkehrern und Zuwanderern künftig mit zahlreichen Dienstleistungen den Weg in den Harzkreis ebnen - damit die Dörfer nicht sterben.