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Harz Harz: Innige Briefe an die Familie

Von RITA KUNZE 25.04.2011, 17:38

GERNRODE/MZ. - "Schauen Sie sich mal die Prüfungsaufgaben an. Da kann man doch froh sein, dass man die nicht selbst machen musste", sagt Christiane Heinlein beim Blick auf ein Ausstellungsstück in der Alten Elementarschule Gernrode. In der Tat - was Heinrich Bergmann an Rechenaufgaben zu absolvieren hatte, nötigt späteren Abiturienten noch immer Respekt ab. Heinrich Bergmann hat später selbst Schüler unterrichtet, und die aktuelle Ausstellung des Kulturvereins "Andreas Popperodt" erinnert an den Lehrer und Maler, der am 26. März 1877 in der Gernröder Bergstraße 18 geboren wurde.

Nach seiner Ausbildung und einer Anstellung als Vikar kehrte er nach Gernrode zurück. Von 1903 bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges unterrichtete er in seiner Heimatstadt. "Uns ist es wichtig, nicht nur seinen Beruf zu zeigen, sondern ihn als Menschen in seiner Zeit gleichsam wieder lebendig werden zu lassen", erklärt der Kulturverein zu seiner Ausstellung. Und da ist eine ganze Menge zusammengekommen, das hilft, sich ein Bild von Heinrich Bergmann zu machen: Fotos, Dokumente, Zeichnungen, Unterrichtsmaterialien und persönliche Dinge, darunter ein Ring. Heinrich Bergmann war wohl ein sehr sorgfältiger Mensch, der mit zuweilen schnellen Strichen Bilder aufs Papier brachte, die das festhielten, was er gerade sah. "In bürgerlichen Kreisen war es üblich, stets Skizzenbücher bei sich zu haben", erklärt Christiane Heinlein, die die Ausstellung zusammengestellt hat.

Dorothea Mielke, eine Enkelin, erinnert sich auch daran, dass ihr Großvater im Glauben an Jesus lebte: "Das ist gut zu sehen an den Briefen, die er schrieb. Denen ist immer ein Bibelwort vorangestellt." Postkarten an die Familie gestaltete der Lehrer auch eigenhändig, auch so manche Feldpostkarte im Krieg. Den überlebte Bergmann nicht. Er starb 1916 - da war er gerade 39 Jahre alt. Zu seiner Familie hatte er stets eine sehr enge Bindung, das spiegeln vor allem die Briefe wider. "Es ist so anrührend, was in dieser Zeit mitgeteilt wurde - und mit welcher Innigkeit", sagt Christiane Heinlein. Anrührend ist auch die kleine Anekdote, die Dorothea Mielke über ihren Großvater kennt und die sie beim Anblick einer Porträtzeichnung erzählt: "Seine Mutter hatte sich immer beklagt, kein Foto ihres Mannes zu haben, der schon verstorben war. Da hat sich mein Großvater hingesetzt und ein Porträt seines Vaters aus dem Gedächtnis gezeichnet. Das war übrigens auch seine erste Porträtzeichnung." Später folgten weitere, unter anderem von seinen Kindern.

In der Ausstellung findet sich auch Heinrich Bergmanns Arbeitsvertrag für die Anstellung als Lehrer. Besonders beeindruckend ist dabei für manchen Besucher ein Passus, der die Bestrafung von Schülern regelt: Dem Lehrer war es verboten, die "edlen" Körperteile wie etwa den Kopf zu treffen. Ein Lehrer durfte seine Schüler auch nicht mit den Händen schlagen, sondern hatte eine Gerte zu benutzen. Ob ihr Großvater davon Gebrauch gemacht hat, vermag Dorothea Mielke nicht zu sagen.