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Gleimhaus in Halberstadt Gleimhaus in Halberstadt: Das Bild aus dem Schrank

Von Rita Kunze 15.10.2015, 16:19
Gleimhaus-Mitarbeiter Reimar Lacher (l.), Direktorin Ute Pott und Jürgen Ostwald von der Fielmann AG betrachten das Landschaftsgemälde von Pascha Johann Friedrich Weitsch. Der jüngste Neuerwerb des Literaturmuseums vervollständigt die aktuelle Sonderausstellung.
Gleimhaus-Mitarbeiter Reimar Lacher (l.), Direktorin Ute Pott und Jürgen Ostwald von der Fielmann AG betrachten das Landschaftsgemälde von Pascha Johann Friedrich Weitsch. Der jüngste Neuerwerb des Literaturmuseums vervollständigt die aktuelle Sonderausstellung. Chris Wohlfeld Lizenz

Halberstadt - Viele Eichen, dichte Wolken und am Horizont eine Burg: „Das kann eigentlich nur das Schloss Wernigerode vor dem Umbau sein“, sagt Reimar Lacher bei der Betrachtung des Landschaftsgemäldes, das seit wenigen Tagen die Sammlung des Halberstädter Gleimhauses bereichert. Gemalt wurde es um 1780 von Pascha Johann Friedrich Weitsch (1723-1803), der zu den führenden Landschaftsmalern seiner Zeit gezählt wird.

Gleims Kosmos

„Das ist nicht nur ein schönes Bild, es passt auch dezidiert in unsere Sammlung“, betont der Kunsthistoriker, denn „Gleim war mit dem Maler dick befreundet“. Außerdem sei das Gleimhaus „bemüht, auch etwas anderes als immer nur Köpfe auszustellen. Wir wollen den Kosmos Gleims darstellen, das werden uns die Besucher sicher danken“, findet Lacher - ist doch das Gleimhaus vor allem durch seine große Porträtsammlung im „Freundschaftstempel“ bekannt.

Darüber hinaus sei Weitsch der „künstlerische Entdecker des Harzes“. Sein Name stünde für den Harz und die Eichenwald-Malerei, die er virtuos beherrscht habe.

Die Landschaft ist nicht auf Leinwand, sondern auf Papiermaché gemalt, möglicherweise als Dekoration eines Möbelstücks, erklärt Lacher. Es könnte Teil eines Schranks gewesen sein, denn es wurde irgendwo herausgesägt. Möbelstücke mit Malerei zu verzieren, war damals üblich. „Die Produkte der Manufakturen waren durchaus feinste Malerei, da ist es schlüssig, dass sie auch als eigenständige Gemälde betrachtet wurden.“

Der erste Vorname des Malers sorgt manchmal für Verwirrung: Pascha. Es handele sich dabei um die Kurzform von Paschalis, erklärt Lacher, und dieser Name sei im Dorf Hessen, wo Weitsch geboren wurde, durchaus geläufig gewesen. Heutzutage bekannt ist die Variante „Pascal“.

Kauf mithilfe finanzieller Unterstützung

Möglich wurde der Ankauf des Gemäldes durch die finanzielle Unterstützung der Fielmann AG, seit Jahren ein verlässlicher Partner des Literaturmuseums, wenn es um Neuerwerbungen geht, sagen Gleimhaus-Direktorin Ute Pott und der Fielmann-Kunstbeauftragte Jürgen Ostwald gleichermaßen. Das Unternehmen fördere mit einem Jahresetat von einer halben Million Euro deutschlandweit 200 Museen, davon 100 außerhalb Schleswig-Holsteins, der Heimat Fielmanns. „Das ist auch eine PR-Aktion für die Fielmann AG, aber eigentlich haben die Museen mehr davon“, betont Ostwald, denn „die Museen sagen, was sie brauchen“. Ein- bis zweimal im Jahr könne sich so jedes Haus etwas wünschen. In Halberstadt war dies der Weitsch.

Das Bild ist dieser Tage auch jüngstes Exponat der Sonderausstellung mit Neuerwerbungen der vergangenen 20 Jahre, die noch bis zum 10. Januar 2016 gezeigt wird.

Auch „Susanna im Bade“ von einem bislang unbekannten Maler reiht sich darin ein. Das kleinformatige Bild aus dem 18. Jahrhundert, das nach Lachers Auffassung aus Süddeutschland stammt, ist ebenfalls mit Unterstützung der Fielmann AG gekauft worden.

Es sei „sehr flott gemalt, aber mit sehr sicherem Pinselstrich“, so Lacher. Das Bildmotiv entstand nach einer Erzählung in der Bibel. Susanna galt als Muster der Tugendhaftigkeit. Es stehe auch für den Rokoko-Geist, erklärt der Kunsthistoriker: „Der heitere Lebensgenuss hält Eingang in Kunst und Literatur“. Und: „Das malt man nicht im großen Format. Das ist zur Erheiterung gedacht.“ Susanna gilt als Muster der Tugend und wurde darum oft gemalt; im 18. Jahrhundert widmete sich ihr schließlich auch die Lyrik.

Die Sonderausstellung „Gelegenheiten, Trouvaillen, Desiderate - Gleimhaus-Erwerbungen der vergangenen zwei Jahrzehnte“ wird bis zum 10. Januar 2016 gezeigt. (mz)

„Susanna im Bade“, ein Neuerwerb des Gleimhauses, ist bislang keinem Maler namentlich zugewiesen. Nach Ansicht des Literaturmuseums entstand es Mitte des 18. Jahrhunderts in Süddeutschland.
„Susanna im Bade“, ein Neuerwerb des Gleimhauses, ist bislang keinem Maler namentlich zugewiesen. Nach Ansicht des Literaturmuseums entstand es Mitte des 18. Jahrhunderts in Süddeutschland.
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