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Asylbewerber mit Tuberkulose  Asylbewerber mit Tuberkulose : Behandlung in Ballenstedt: Bevölkerung ist kaum gefährdet

Von ingo kugenbuch 08.12.2015, 19:53
Mit einer Röntgenuntersuchung können Tuberkulose-Erkrankungen nachgewiesen werden.
Mit einer Röntgenuntersuchung können Tuberkulose-Erkrankungen nachgewiesen werden. archiv/dpa Lizenz

Ballenstedt - Tuberkulose - allein das Wort startet das Kino im Kopf. Es klingt nach Blut husten, nach hoher Ansteckungsgefahr und Dahinsiechen. Nicht ohne Grund nannte man die Krankheit, als es noch keine wirksamen Medikamente gegen sie gab, Schwindsucht. Und auch heute noch - da die TBC längst gut behandelt werden kann - führt sie die weltweite Statistik der tödlichen Infektionskrankheiten an. Da ist es kein Wunder, wenn zahlreiche besorgte Menschen in den sozialen Netzwerken ihrer Angst Ausdruck verleihen, dass die Flüchtlinge aus Ländern mit einem schlechten Gesundheitssystem diese in Deutschland fast ausgerottete Krankheit mitbringen - und die Seuche hier verbreiten könnten.

Kein massiver Anstieg an Tuberkulose-Fällen

Doch Barbara Wagener gibt Entwarnung: „Im Vergleich zu den Jahren davor gibt es keine massive Erhöhung der Zahl von Tuberkulose-Fällen.“ Barabara Wagener ist Chefärztin der Lungenklinik in Ballenstedt, und bei ihr landet das Gros der TBC-Fälle von Flüchtlingen, die in der Zentralen Anlaufstelle für Flüchtlinge (Zast) in Halberstadt oder deren Außenstellen registriert werden. 30 TBC-Erkrankungen mussten in diesem Jahr in Ballenstedt behandelt werden, 24 davon bei Asylbewerbern. Vor allem Menschen aus Schwarzafrika seien betroffen. Bei mehr als 3000 Patienten im Jahr mache das aber nur einen geringen Teil aus.

Die Erkrankten werden bei den routinemäßigen medizinischen Untersuchungen herausgefischt, die bei allen ankommenden Flüchtlingen erfolgen. Dazu gehört ab 15 Jahren Röntgenuntersuchungen, die TBC-Erkrankungen ans Licht bringen. „Wenn es dabei einen pathologischen Befund gibt, muss weiter untersucht werden“, sagt Barbara Wagener. Insbesondere der Auswurf - das so genannte Sputum - gebe eine Auskunft darüber, ob der Patient tatsächlich erkrankt ist und wie weit die Tuberkulose bereits fortgeschritten ist.

Therapiezeit bis zu zwei Monaten

Wie Barbara Wagener sagt, dauert die Standard-Therapie mit vier verschiedenen Wirkstoffen sechs bis acht Wochen - früher dauerte das mal ein Vierteljahr. Danach, so die Chefärztin, muss sich jedoch eine weitere ambulante Behandlung anschließen. Solange Erreger im Sputum nachgewiesen werden können, werden die Kranken in Ballenstedt in speziellen Isolierzimmern behandelt. „Es gibt eine gute Chance auf eine komplette Heilung, wenn die Behandlung nach dem Krankenhausaufenthalt weitergeführt wird.“

Wie gefährlich ist die Krankheit für die einheimische Bevölkerung? „Die Menschen haben Angst vor einer Infektion mit Tuberkulose“, räumt Barbara Wagener ein. Aber die Gefahr sei gering. „Durch den aktuellen Flüchtlingszustrom ist die Bevölkerung nur wenig gefährdet“, sagt die Chefärztin. „Von einmal Anhusten bekommt man noch keine Tuberkulose“, so Barbara Wagener. Für eine Ansteckung müsse man mit dem Infizierten - der „massiv positiv“ sein muss - lange Zeit auf engem Raum verbringen, etwa bei einem Langstreckenflug.

Gerüchte in sozialen Netzwerken

In den sozialen Medien kursiert aber nicht nur die Angst vor der Übertragung von Seuchen durch Flüchtlinge. Dort wird auch behauptet, dass die ausländischen Patienten das medizinische Personal in der Ballenstedter Klinik respektlos behandelten. So behauptet der Chef eines Ballenstedter Unternehmens in einem Facebook-Eintrag, dass eine Krankenschwester von einem der TBC-Kranken angespuckt worden sei. Der Geschäftsführer, der seinen Namen nicht genannt haben will, sagt gegenüber der MZ, er habe mit der betroffenen Schwester gesprochen. „Das stimmt definitiv nicht“, sagt dagegen Chefärztin Wagener, nach diesem angeblichen Zwischenfall befragt. Sie habe das Ganze nachgeprüft und könne nicht bestätigen, dass eine Mitarbeiterin von einem Patienten bespuckt wurde.

Bislang habe es keine größeren Probleme mit den ausländischen Patienten in Ballenstedt gegeben, sagt Barbara Wagener. Ein Afrikaner, der längere Zeit behandelt worden sei, habe sich nicht an die Hausordnung gehalten und musste zur Ordnung gerufen werden. Ansonsten spiele auch die „Einbindung der Familien eine andere Rolle als in Deutschland“, sagt die Ärztin. In den Krankenzimmern mit ausländischen Patienten ist stets mehr los, als bei den deutschen Kranken. Aber insgesamt sagt Barbara Wagener: „So, wie wir das organisiert haben, läuft es sehr gut.“ Das kann auch daran liegen, dass das sonst im Vordergrund stehende Problem mit der Verständigung in Ballenstedt entschärft werden konnte. „Wir haben zwei Arabisch sprechende Kollegen“, sagt die Chefärztin. „Und für unsere Mitarbeiter bieten wir Englischkurse an.“ (mz)