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Prophylaxe Prophylaxe: Riesenspaß beim Zähneputzen

Von Jana Kainz 01.10.2015, 07:18

Naumburg/Freyburg - Eine Amtsstube ist kein Ponyhof, da werden keine Streicheleinheiten verteilt, da ist der Ton auch mal etwas rauer. Unser Leser Christian Schrimpf aus Freyburg hat das jüngst erfahren. Als Harz-IV-Empfänger ist das für ihn maßgebliche Amt das Jobcenter Naumburg. Dessen Regeln, so versichert er, sei er stets brav nachgekommen, auch bei der Betriebskostenabrechnung für seine Wohnung.

Miete und Nebenkosten überweist das Jobcenter mit Herrn Schrimpfs Einverständnis direkt an den Vermieter. Da Betriebskosten schwanken, überweist das Jobcenter mitunter zu viel. Bisher hat unser Leser die jährliche Abrechnung beim Amt eingereicht, das ihn daraufhin aufforderte, sich das Guthaben vom Vermieter überweisen zu lassen. Dafür bekam er bei der nächsten Zahlung des Regelsatzes entsprechend weniger überwiesen. Auch diesmal forderte ihn das Jobcenter auf, sich das Guthaben, diesmal 150,05 Euro, überweisen zu lassen. Diesmal allerdings folgte ein weiteres Schreiben, eine Anhörung nach Paragraf 24 des Sozialgesetzbuches. Ihm wird mitgeteilt, er habe „Einkommen oder Vermögen erzielt, das zum Wegfall oder zur Minderung“ seines Anspruchs geführt hat. Und weiter: „Unabhängig davon wussten Sie auch bzw. hätten wissen müssen, dass der Ihnen zuerkannte Anspruch zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.“ Natürlich weiß Herr Schrimpf, dass er das Guthaben nicht einbehalten kann, weshalb er ja regelmäßig seine Betriebskostenabrechnung beim Jobcenter einreicht. Der Ton des Schreibens allerdings irritiert den Freyburger, der sich für einen gesetzestreuen Leistungsempfänger hält. Schließlich ist ihm das Guthaben ja bisher ohne viel Aufhebens einfach vom Regelsatz abgezogen worden. Nun aber werde ihm dieses Guthaben, das sich aus der Verfahrensweise des Jobcenters ergibt, zum Vorwurf gemacht. Zudem wird im Anhörungsbogen auf die Rechtsfolgen hingewiesen. „Weshalb wird jetzt aus einem jahrelang normalen Vorgang eine ’Strafsache’ und werden unbescholtene Bürger kriminalisiert?“, fragt er.

Nadine Wachsmuth, Bereichsleiterin Leistungsgewährung im Jobcenter, stellte auf Nachfrage von Tageblatt/MZ klar: „Ein Sanktionstatbestand liegt im Fall dieses Guthabens nicht vor. “ Mit Sanktionen habe Herr Schrimpf nur zu rechnen, wenn er die Mitwirkung verweigert.

Das Verwaltungsverfahren schreibt laut Nadine Wachsmuth eine Anhörung vor. Möglicherweise, so räumt sie ein, habe man bisher darauf verzichtet, was aber unzulässig sei. Den von Herrn Schrimpf als Drohung empfundenen Ton des Schreibens begründet sie damit, dass man sich an den vorgegebenen Wortlaut halten müsse, tue man das nicht, könne das Rechtsfolgen haben. Wie das bei Betroffenen ankommt, macht Herr Schrimpf deutlich. Er fragt: „Will sich da jemand profilieren, oder ist das nur ein weiterer Ausdruck der in Deutschland vorhandenen sozialen Diskriminierung? Unter dem Motto ’alle Arbeitslosen beschummeln den Staat’.“ Anders als bisher, als man Herrn Schrimpf das Guthaben einfach vom Regelsatz abgezogen hatte, wird ihm nun mitgeteilt, er habe die 150,05 Euro Guthaben ans Jobcenter zu überweisen. Zwar findet sich in den Regularien des Briefes dessen Bankverbindung, doch gibt es keine Vorgangsnummer, mit der man die Überweisung ihm zuordnen könnte. So ging der Freyburger davon aus, dass der Anhörung eine Zahlungsaufforderung mit eindeutigen Angaben zum Zahlungsweg folgen wird. Nun aber dauert es offenbar dem Jobcenter selbst zu lange und es forciert die Gangart. Gestern nämlich hätte Herr Schrimpf - jedenfalls dem üblichen Ablauf gemäß seine Harz-IV-Leistung auf dem Konto haben müssen. Doch es ist nichts eingegangen. Nun also doch eine Sanktion? Das zu klären, wird sich jedenfalls hinziehen. Vielleicht, so könnte man meinen, züchtet man im Jobcenter ja doch Pferde, allerdings keine Ponys - sondern Amtsschimmel.