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Landgericht Halle Junge stirbt in Naumburg an Verletzungen

27-Jähriger wird zu zehn Jahren Haft verurteilt wegen sexuellen Missbrauchs eines Kleinkindes und Körperverletzung mit Todesfolge. Opfer ist Sohn seiner Freundin.

Von Jana Kainz Aktualisiert: 05.09.2021, 11:24
27-Jähriger missbraucht in Naumburg ein Kleinkind und verletzt es so schwer, dass es wenige Tage später stirbt.  Strafkammer verurteilt ihn zu zehn Jahren Haft.
27-Jähriger missbraucht in Naumburg ein Kleinkind und verletzt es so schwer, dass es wenige Tage später stirbt. Strafkammer verurteilt ihn zu zehn Jahren Haft. picture alliance / David Ebener/

Halle/Naumburg - Gewaltsam wurde der kleine Finn im Juni 2016 aus seinem gerade einmal ein Jahr währenden Leben gerissen - durch schwere innere Verletzungen, die ihm der Freund seiner Mutter zugefügt hatte. Gibt es eine angemessene Strafe, um den gewaltsamen Tod eines Menschen zu büßen? Wohl kaum, hieß es gestern im Landgericht Halle in den Plädoyers. „Eine gerechte Strafe gibt es nicht. Es ist passiert. Es ist etwas, das nicht wieder gutzumachen ist“, meinte auch der Vorsitzende Richter Jan Stengel, der den Angeklagten zu zehn Jahren Haft verurteilte.

Nach einer langwierigen Ermittlungsphase, während der man versuchte, Spuren zu präzisieren, und einem mehrtägigen Strafverfahren sahen es die Prozessbeteiligten als erwiesen an, dass sich der 27-Jährige des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes und der Körperverletzung mit Todesfolge strafbar gemacht hat.

Was sich genau Anfang Juni vor fünf Jahren zugetragen hat, konnte nicht genau aufgeklärt werden, da der Angeklagte seine Unschuld beteuerte und von da an schwieg. Fest stand am Ende, dass es dem Jungen einst über mehrere Tage zunehmend schlechter ging. Die Mutter suchte den Arzt auf, der dazu riet, Finn, dessen Nabel sich entzündet und der auch am Rücken ein Hämatom hatte, zu beobachten. Ein weiteres Mal suchte sie den Arzt auf, da sich ihr Sohn nachts erbrach. Wenn sich sein Zustand nicht bessere, müsse er stationär behandelt werden, hieß es damals. Kurz darauf war der Junge tot. Die Mutter fand ihn am Morgen des 11. Juni 2016 leblos in seinem Bett.

Gestorben sei er an einem Hochgeschwindigkeitstrauma, erklärte ein zum Prozess hinzugezogener Rechtsmediziner. Der Einjährige habe Verletzungen aufgewiesen, die typisch für Opfer von Verkehrsunfällen seien, hatte der Gutachter erklärt. Die Gewalteinwirkungen auf den Bauchbereich müssen so enorm gewesen sein, dass innere Organe verletzt wurden. Ebenso entdeckte man ältere Rippenbrüche, die nicht auf die Reanimationsversuche zurückzuführen waren. Zum Tode führte jedoch ein Hirnödem, das sich aus all diesen Verletzungen entwickelt hatte. Folglich hatten schwerste Schmerzen tagelang den Jungen gequält. Mit einer rechtzeitigen Einweisung ins Klinikum hätte er gerettet werden können, meinte der Gutachter.

Diese inneren Verletzungen waren nicht die einzigen. Zudem wurde bei der Obduktion deutlich, dass der Junge sexuell missbraucht worden war, wobei Gewalt im Spiel gewesen sein muss, wie der Nebenklagevertreter betonte. Vor allem Spermaspuren an der Kinderbettwäsche und einem Plüschtier, das in Finns Bett gelegen hatte, erhärteten den Verdacht, dass der Angeklagte den Jungen missbraucht hatte. Zu den Motiven des Angeklagten meinte der Richter, dass es um Frustabbau und sexuelle Befriedigung ging. Der Angeklagte habe Kindern gegenüber Gewalt angewendet, weil er es könne, resümierte der Staatsanwalt, der ihm eine sadistische Ader bescheinigte.

Diese Einschätzung kam nicht von Ungefähr. Finns Mutter hatte berichtet, wie der Angeklagte, als er sich unbeobachtet wähnte, ihrem älteren Sohn einen Stock ins Laufrad geworfen hatte, so dass der Junge stürzte. Keine Zweifel hegten die Prozessbeteiligten daran, dass er dem damals Dreijährigen auch die Hand mit heißem Wasser verbrühte, was zu schweren Verbrennungen und einem Klinikaufenthalt geführt hatte. Ein dazu eingeleitetes Verfahren war aber eingestellt worden. „Er ist nicht der gemütliche Bär, als den er sich hier präsentiert“, betonte die Nebenklage.

Im Frühjahr war am Landgericht ein ähnlicher Fall aus Querfurt verhandelt worden. Er sehe Parallelen, so Stengel. Das Leben sei einmalig und schützenswert, doch hätten manche Kinder „keine Chance, zwei Jahre alt zu werden“. Zum Angeklagten gewandt sagte er: „Sie müssen damit klarkommen, einen Menschen auf dem Gewissen zu haben.“